Grundsätzlich kann eine beharrliche Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers einen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellen.
Insoweit gibt es in der Praxis viele Fälle, in denen für Jedermann sofort und eindeutig klar ist, dass die entsprechende Weigerung des Arbeitnehmers einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten darstellt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Fälle, in denen die Beantwortung dieser Frage nicht so einfach gelagert ist. So kann dem Arbeitnehmer beispielsweise in einem konkreten Fall aus verschiedensten Gründen ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB oder ein Zurückbehaltungsrecht nach § 275 Abs. 1 BGB zustehen.
Die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitnehmer eine Arbeitsanweisung zurückweisen kann, ist aber von entscheidender Bedeutung. Ist die Weigerung rechtmäßig, kommt eine auf dieses Verhalten gestützte Kündigung von vornherein nicht in Betracht. Erfolgt die Weigerung dagegen zu Unrecht, kann sie grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Die entscheidende Schwierigkeit besteht in der Praxis dann darin, dass man in der betreffenden aktuellen Situation und regelmäßig innerhalb kürzester Zeit entscheiden muss, ob ein solches Verweigerungsrecht besteht oder eben nicht. Selbst wenn dieser zeitliche Druck in einem konkreten Fall aber einmal nicht bestehen sollte, kann es aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles dennoch sehr schwierig sein, eine zutreffende Einschätzung diesbezüglich vorzunehmen. Selbst bei Inanspruchnahme von professioneller Hilfe durch einen Rechtsanwalt wird es diesbezüglich oft keine 100prozentige Sicherheit geben.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 22.10.2015, 2 AZR 709/14) hat in einer aktuellen Entscheidung nunmehr zu der Frage Stellung genommen, welche Arbeitsvertragspartei das Risiko einer möglichen Fehlbeurteilung trägt und unter welchen Umständen eine solche Fehlbeurteilung des Arbeitnehmers u.U. entschuldbar sein soll. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei die Anforderungen für den Arbeitnehmer sehr hoch gesteckt.
Danach hat der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung hinsichtlich des Bestehens eines Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrechts als falsch erweist. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum soll nur dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer seinen Irrtum auch unter Beachtung der notwendigen Sorgfalt nicht erkennen konnte, wobei insoweit sehr strenge Maßstäbe anzuwenden sind. Insoweit kann u.U. selbst die Einholung von fachkundigen Rat nicht ausreichend sein.
Wie verhält man sich also in einem solchen Fall? Angesichts der verschiedensten denkbaren Konstellationen können insoweit keine allgemeingültigen Empfehlungen gegeben werden. Allerdings dürfte es wenig sinnvoll sein, wenn man eine Arbeitsanweisung sofort und ausdrücklich verweigert. Helfen kann es in solchen Situationen oft, wenn man zumindest erst einmal etwas Zeit gewinnt, um sich diesbezüglich fachlichen Rat einholen zu können. Auch kann es gerade in Fällen, in denen die Erfüllung der Arbeitsanweisung beispielsweise zu einer Gefährdung der Gesundheit des Arbeitnehmers führen könnte (z.B. wenn eine schwere körperliche Arbeit angeordnet ist und der Arbeitnehmer schon immer diesbezügliche gesundheitliche Probleme hatte), sinnvoll sein, einen Arzt aufzusuchen. Eine Arbeitsunfähigkeit, welche zu einer entsprechenden Krankschreibung führen würde, liegt auch schon dann vor, wenn die Ausführung der konkreten Tätigkeit die Gesundheit konkret gefährden könnte. Es muss also nicht erst einmal gearbeitet werden, bis tatsächlich Schmerzen oder ein Gesundheitsschaden auftritt.
Die Rechtsanwälte Dr. Hofmann, Huesmann und Sodan beraten und vertreten Privatpersonen sowie kleine und mittelständische Unternehmen vor allem in den Bereichen Arbeitsrecht, Familienrecht und Strafrecht. Eine besondere Kompetenz der Kanzlei liegt dabei in der Bearbeitung von Fällen mit internationalem Bezug, z.B. mit Berührungspunkten zu Russland oder Südafrika. Die Kommunikation mit den Anwälten kann in Deutsch, Russisch und Englisch erfolgen. Daneben kommen die Rechtsanwälte auch ihrer sozialen Verantwortung nach, insbesondere durch die Übernahme von sozialrechtlichen Mandaten im Grundsicherungsrecht, die Tätigkeit als Verfahrensbeistand in familienrechtlichen Verfahren oder die Vertretung von Personen als Pflichtverteidiger im Strafverfahren.
Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Regensburg – Nürnberg – Schmidmühlen