Sorzialrecht Regensburg: Anrechung von Opferentschädigung bei Betreuung?

In der täglichen Praxis wird man immer wieder mit Rechtsfragen konfrontiert, welche sich auch nach umfangreicher Recherche nicht eindeutig und abschließend klären lassen. Dann kann es sehr oft sinnvoll sein, sich auf die praktischen Auswirkungen bzw. Möglichkeiten eines Falles zu konzentrieren. Einer abschließenden Beantwortung der problematischen Rechtsfrage bedarf es dann u.U. überhaupt nicht mehr. Insoweit möchten wir auf folgendes Beispiel aus unserer Beratungspraxis verweisen, in welchem es um die Frage ging, inwieweit Ansparungen aus einer Opferentschädigungsrente einer betreuten Person (im Wachkoma) für die Heimkosten bzw. die Betreuungskosten herangezogen werden können.

Folgenden Rat haben wir unserem Mandanten erteil:

Insoweit muss ich voranstellen, dass es eine 100oprozentige Prognose zu Ihren Fragen nicht gibt bzw. geben kann. Letztlich müssen zum einen die bereits von Ihnen angesprochenen Themenkomplexe unterscheiden (Betreuungsrecht – Verwaltungs-/Sozialrecht) unterschieden werden. Zum anderen kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalles an.

  1. Ich kann Ihnen aber wohl relativ sicher sagen, dass der Betreute diese Ansparungen nicht für die Heimkosten wird einsetzen müssen. In diesem Zusammenhang gab es zwischenzeitlich auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: Der Einsatz angesparter Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz als Vermögen kann im Rahmen der Gewährung von Eingliederungshilfe für die Heimerziehung (§ 27d Abs. 1 Nr. 6 BVG a. F./§ 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG) nicht verlangt werden, weil dies für den Hilfeempfänger eine Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG bedeuten würde. BVerwG, Urteil vom 27. 5. 2010 – 5 C 7.09; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen. Letztlich kommt es zwar auch hier auf die Umstände des Einzelfalles an, ich denke aber, dass es in der Praxis keine Probleme geben sollte. Die Entscheidung biete sehr gute und ausführliche Argumente für die verschiedensten denkbaren Situationen. Obwohl man natürlich bei einem Wachkomapatienten auch fragen könnte, welche zusätzlichen und anerkennenswerten Opferfolgen durch die Anrechnungsfreiheit ausgeglichen werden sollen und vor allem ausgeglichen werden können.
  2. Noch problematischer ist dann die Einstufung als „vermögend“ im Rahmen der Abrechnung der Betreuervergütung. Hier gibt es eine – wenn auch schon etwas ältere Entscheidung – des BayObLG vorhanden, welche zu dem Schluss kommt, der Betreute müsste auch solche angesparten Beträge, für die Betreuervergütung einsetzen und dass dies gerade keine unbillige Härte darstellen würde. BayObLG, Beschl. 05.02.2002, 3Z BR 325/01, Ls. zu . 2, FamRZ 2002, 1289: „Werden laufende […]Bezüge […] nicht verbraucht, sondern dem Vermögen zugeführt, ist es dem Betreuten grds. zuzumuten, dieses für die Kosten der Betreuung zu verwenden.“ Es gibt einige Stimmen, die diese Entscheidung (gerade auch aufgrund der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts) als überholt ansehen. Aber: Wir haben hier ein Bayerisches Gericht, welches diese abweichende Meinung vertritt. Es ist ein anderer Gerichtszweig (Zivilgerichtsbarkeit). Daher hätte ich eher hier Bedenken, dass ein bayerisches Betreuungsgericht das entsprechende Vermögen anrechnet bzw. berücksichtigt.
  3. Letztlich kann man keine definitive Aussage treffen. Sinnvoller scheint es, eher von der praktischen Seite an die Angelegenheit heranzugehen: Kann man dem Betreuten trotz der gesundheitlichen Einschränkungen mit diesem Geld etwas „zusätzlich Gutes“ tun? Macht eine Ansparung dieser Beträge aufgrund der konkreten gesundheitlichen Situation überhaupt unter irgendeinem Gesichtspunkt Sinn, d.h. wie groß ist überhaupt die Chance, dass der Patient jemals aus dem Wachkoma erwacht? Wären u.U. Erben vorhanden, welche von diesen Ansparungen profitieren könnten?

 

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