Zwischen den Arbeitsvertragsparteien bzw. in einem Beamtenverhältnis zwischen den Dienstherren und dem Beamten kommt es immer wieder zu Streitigkeiten darüber, ob die Umkleidezeit als (vergütungspflichtige) Arbeitszeit zu werten ist oder nicht.
Grundsätzlich stellt sich hier die generelle Frage, ob man die Umkleidezeit der Privatsphäre des Arbeitnehmers zurechnen muss (dann keine vergütungspflichtige Arbeitszeit) oder ob sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgt (dann läge eine vergütungspflichtige Arbeitszeit vor). Die Arbeitsgerichtsbarkeit hat dazu eine Vielzahl von Entscheidungen erlassen, aus denen sich im Wesentlichen ableiten lässt, dass eine vergütungspflichtige Arbeitszeit jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn es dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann, seinen Arbeitsweg auch in der Arbeitskleidung zurückzulegen (z.B. in üblicherweise stark verschmutzte Mechaniker-Kleidung) oder wenn ein Kleidungswechsel erst am Arbeitsplatz erfolgen darf (z.B. Reinraum, Krankenschwester).
Am 03.11.2016 hat nunmehr das Oberverwaltungsgericht NRW entschieden, dass bei Polizeibeamten auch sog. Rüstzeiten (nicht aber Zeiten für das reine Anlegen der Uniform) als Dienstzeit vergütungspflichtig sein können. Vorliegend war die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nicht die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig, da Polizisten in einem Beamten- und nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen.
Das Gericht führte im Rahmen seiner Pressemitteilung aus:
“Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat heute entschieden, dass ein im Wach- und Wechseldienst tätiger Polizeivollzugsbeamter durch das An- und Ablegen der ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände (Pistole mit Holster, Reservemagazin mit Tasche, Handfessel Stahl mit Tragevorrichtung, Reizstoffsprühgerät mit Tragevorrichtung, Tragevorrichtung für den Einsatzmehrzweckstock und Schutzweste) vor Schichtbeginn bzw. nach Schichtende über die geschuldete Arbeitszeit hinaus Dienst geleistet hat. Geklagt hatte u.a. ein Polizeivollzugsbeamter, der als Streifenbeamter beim Polizeipräsidium Bochum eingesetzt ist. Zur Begründung hat der 6. Senat ausgeführt: Es sei festzustellen, dass der Kläger – wie auch die Kläger weiterer Verfahren – die ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände vor Schichtbeginn an- bzw. nach Schichtende abgelegt habe. Er habe somit über die geschuldete Arbeitszeit hinaus Dienst geleistet. Hieraus könne sich möglicherweise ein Ausgleichsanspruch des Klägers ergeben. Ob dies der Fall sei, habe der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.”
Diese Entscheidung zeigt wieder einmal, dass es eine Vielzahl von Tätigkeiten gibt, in denen eine Bewertung der Umkleidezeit als vergütungspflichtige Arbeits- oder Dienstzeit gerechtfertigt wäre. Allerdings wird dies in vielen Arbeitsverhältnisse tatsächlich nicht so gehandhabt. Dabei können hier letztlich erhebliche Beträge im Raum stehen. Legt man beispielsweise eine Umkleidezeit von 10 Minuten, eine zweimalige Umziehnotwendigkeit pro Arbeitstag und 250 Arbeitstage pro Jahr zugrunde, kommt man auf eine zusätzlich zu vergütende Arbeitszeit von mehr als 80 Stunden. Letztlich kann man den Arbeitgeber nur darauf ansprechen, dass die Umkleidezeit im betreffenden Arbeitsverhältnis ebenfalls zu vergüten wäre. Weigert sich der Arbeitgeber, bleibt dann letztlich nur der Weg zum Arbeitsgericht. Ob man diesen Schritt aber in einem bestehenden Arbeitsverhältnis gehen will, muss im konkreten Einzelfall entschieden werden.
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Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Regensburg – Nürnberg – Schmidmühlen
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