Jobcenter Regensburg: Vermieterbescheinigungen verstoßen gegen Datenschutz!

Die Praxis der Jobcenter, dem Hilfeempfänger jedes Jahr eine neue Mietbestätigung des Vermieters abzuverlangen, ist ärgerlich. Dies gilt sowohl für den Hilfeempfänger (welcher damit ja seinen „Status“ als Hilfeempfänger unzweifelhaft gegenüber dem Vermieter preisgibt) als auch für den Vermieter selbst (der dadurch jährlich wiederkehrend einen unsinnigen Verwaltungsaufwand hat).

Diese Praxis war vor allem deswegen unsinnig, da ja dem Jobcenter regelmäßig sämtliche Informationen die in diesen Bestätigungen angefordert werden, ohnehin schon vorliegen (Mietvertrag / Kontoauszüge / ect.).

Trotz dieser eigentlich fehlenden Notwendigkeit bestehen / bestanden die Jobcenter oft genug auf der Beibringung dieser Mietbescheinigungen und „drohten“ für den Fall der Nichtvorlage Konsequenzen an.

Dem ist nunmehr die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit entgegen getreten und hat insoweit überzeugend ausgeführt:

„Die Mietbescheinigung wird den Betroffenen ausgehändigt und soll vom Vermieter ausgefüllt werden. Eine Forderung der vom Vermieter ausgefüllten Mietbescheinigung im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach § 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wäre nur dann zulässig, wenn Ihnen die Erfüllung der Vorlagepflicht objektiv möglich wäre.

Es besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung für den Vermieter, die Mietbescheinigung auszufüllen. Damit ist die Erfüllbarkeit der Anforderung der Mietbescheinigung von der Kooperationsbereitschaft des Vermieters  abhängen. Sollte der Vermieter des Ausfüllen der Mietbescheinigung verweigern, wird Ihnen die Vorlage beim Jobcenter unmöglich. Aus diesem Grund kann die Vorlage einer vom Vermieter ausgefüllten Mietbescheinigung nicht zu Ihren Mitwirkungspflichten gezählt werden.

Des Weiteren ist mit einer Verpflichtung zur Vorlage der Mietbescheinigung ebenfalls eine Verpflichtung zur Offenlegung des Sozialleistungsbezuges des Betroffenen gegenüber dem Vermieter verbunden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die mit einer Vermieterbescheinigung erhobenen Daten auch auf andere Weise erhoben werden können. Die Preisgabe des Sozialleistungsbezuges ist daher nicht erforderlich. Die Verpflichtung der Betroffenen, zu einer nicht erforderlichen Preisgabe ihres Sozialleistungsbezuges, stellt eine Überschreitung der Grenzen der Mitwirkungspflichten nach § 65 Absatz 1 Nr. 1 SGB I dar.

Bezüglich der Erhebung von Mietbescheinigungen bei der Wohnungssuche gelten die gleichen gesetzlichen Voraussetzungen wie für ein bestehendes Mietverhältnis. Die Mietbescheinigung kann auch hier nur als freiwilliges Angebot angesehen werden.

Die Mietbescheinigung kann demnach lediglich als zusätzliches Angebot zum Nachweis erforderlicher Informationen angesehen werden.“

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Jobcenter diese Auffassung in der Praxis umsetzen werden.

 

Dr. R. Hofmann, LL.M (UCT) – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht Regensburg: EuGH bestätigt die Vererblichkeit von Urlaubsansprüchen

Wieder einmal zeigt sich, dass Entscheidungen der höchsten deutschen Gerichte keineswegs stets das „Ende“ bedeuten. Der immer stärker werdende Einfluss des Europarechts hat sich nunmehr wieder einmal eindrucksvoll im Bereich des Arbeitsrechts gezeigt.

Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgrund europarechtlicher Vorgaben schon seine gefestigte Rechtsprechung zum generellen Verfall von nicht in Anspruch genommenen Urlaubsansprüchen ändern musste, vertrat das höchste deutsche Arbeitsgericht noch im Jahr 2011 die Auffassung, dass jedenfalls bei Tod eines Arbeitnehmers eventuell noch bestehende Urlaubsansprüche oder Abgeltungsansprüche  nicht auf die Erben des Verstorbenen übergehen können.

Dem ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) nunmehr in seiner Entscheidung vom 12.06.2014 (Az: 118/13 – Bollacke) entgegen getreten. Im konkret entschiedenen Fall ging es dabei um die Abgeltung von 140 (!) offenen Urlaubstagen.

Dieser Fall zeigt einmal mehr, dass es sich auch bei (bisher) klar, eindeutig und „abschließend“ entschiedenen Fällen lohnen kann, internationale Regelungen, insbesondere solche aus dem Europarecht, im Auge zu behalten.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M (UCT)

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Das Jobcenter Regensburg Stadt und die Akteneinsicht

Das Jobcenter Regensburg (Stadt) vertritt hinsichtlich der Ermöglichung der Akteneinsicht so seine eigene Auffassung und steht damit ziemlich alleine da.

Akteneinsicht wird auch für Rechtsanwälte nur in den Amtsräumen des Jobcenters gewährt.  Zwar sehen die Vorschriften des SGB X diese Möglichkeit vor, dies wird aber (so weit hier bekannt ist) von keinem anderen Jobcenter so praktiziert. Es ist einfach praktisch nicht umsetzbar und würde darüber hinaus auch für das Jobcenter Regensburg (Stadt) einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand und damit höhere Kosten bedeuten.  Darüber hinaus kann auch der Sinn eines Widerspruchsverfahrens kaum erfüllt werden. Der Rechtsanwalt wird einen Widerspruch nicht sinnvoll begründen können, wenn ihm der Akteninhalt nicht bekannt ist.

Sinnvolle Begründungen für diese Vorgehensweise wurden durch das Jobcenter Regensburg auch auf explizite Nachfrage nicht geliefert. Insoweit lassen sich aus hiesiger Sicht lediglich zwei Erklärungen finden:

1. Entweder dem Jobcenter Regensburg ist der Grundsatz einer transparenten Verwaltung einfach egal oder

2. man befürchtet, dass durch die Akteneinsicht Missstände zutage treten, die so nicht ohne weiteres erkennbar sind.

Nunmehr hat sich das Jobcenter Regensburg aber selbst übertroffen. Durch unsere Rechtsanwaltskanzlei wurde ein Antrag auf Übersendung der Akte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gestellt. Dieses regelt den Zugang zu behördlichen Informationen und erlaubt es einer Behörde nicht so einfach auf eine Einsichtnahme in den Behördenräumen zu verweisen.

Das Jobcenter Regensburg antwortete daraufhin durch seinen stellvertretenden Geschäftsführer: „Das Informationszugangsgesetzt regelt den Zugang zu amtlichen Informationen. Diese können auf  der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit eingesehen werden.“ 

Wenn man bedenkt, dass der Begriff der amtlichen Informationen als „jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, also beispielsweise Schriftstücke in herkömmlichen Akten, elektronisch gespeicherte Informationen, Zeichnungen, Grafiken, Pläne, Ton- und Videoaufzeichnungen“ definiert wird, weiß man nicht, ob man über diese Antwort lachen oder weinen soll.

Sie zeigt jedenfalls Eines sehr deutlich: Das Jobcenter Regensburg (Stadt) hat von dem für eine transparente Verwaltung fundamentalen Gesetz offenbar noch nie etwas gehört und ist selbst im Falle einer expliziten Nachfrage nicht gewillt, sich wenigstens etwas mit dieser Norm zu beschäftigen.

Dr. Ronald Hofmann

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Arbeitsrecht Regensburg: Gefahren bei der Beschäftigung von Praktikanten

Die landläufige Meinung sieht in Praktikanten oft billige oder gar kostenlose Arbeitskräfte. Dies kann sein, muss es aber nicht. Oftmals bedeuten Praktikanten für den Betriebsablauf eine nicht unerhebliche Mehrbelastung. Der Praktikant will und soll ja etwas lernen und bindet dann hochqualifizierte (und hochbezahlte) Mitarbeiter. Gerade in solchen Fällen ist es natürlich gerechtfertigt, einem Praktikanten keine oder nur eine geringe Entlohnung oder Aufwandsentschädigung zu zahlen.

Das Problem für den Arbeitgeber besteht vor allem darin, die Grenze zwischen dem Erlaubten und dem Unerlaubten zu beachten. Andernfalls kann es wie in einem vom Arbeitsgericht Bochum (Aktenzeichen 2 Ca 1482/13) kürzlich entschiedenen Fall zu erheblichen Lohnnachzahlungen kommen. In dem zu entscheidenden Fall hatte eine Frau ein mehr als achtmonatiges unbezahltes Praktikum in einem Einzelhandelsunternehmen absolviert und dabei mehr und mehr wie ein normaler Mitarbeiter gearbeitet. In diesem (sicherlich) extremen Fall verurteilte das Arbeitsgericht den „Praktikumsbetrieb“ zu einer Lohnzahlung in Höhe von mehr als 17.000,00 EUR.

Diese angesprochene Grenze festzulegen, ist nicht ganz einfach. Insoweit gibt es keine allgemein verbindlichen Regelungen oder Urteile. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an. Je länger ein solches Praktikum dauert und je besser sich der Praktikant eingearbeitet hat, umso eher wird es wohl problematisch. Sicherlich spielt auch die Art des Praktikums eine entscheidende Rolle. Handelt es sich um leicht anzulernende Tätigkeiten wird man wohl eher kritisch sein müssen, als wenn es um das Sammeln komplexer Erfahrungen oder Fertigkeiten geht.

Jedenfalls sollte die konkrete Gestaltung derartiger Praktikumsverhältnisse genau überlegt sein.

Ein weiteres Problem kann auch dadurch entstehen, wenn der Praktikant aufgrund der fehlenden oder geringen Bezahlung auf Leistungen vom Jobcenter angewiesen ist. Selbst wenn der Praktikant auch nachträglich keine Lohnansprüche geltend macht, so kann dies möglicherweise durch das Jobcenter erfolgen. Ein solcher Fall wurde aktuell vom Arbeitsgericht Cottbus entschieden und ist hier kurz dargestellt.

Dr. Ronald Hofmann

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Neue Gefahr für Arbeitgeber durch die Jobcenter?

Immer mehr Arbeitnehmern reicht ihr Arbeitslohn einfach nicht aus, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu bestreiten. Sie sind dann auf sog. aufstockende Leistungen vom Jobcenter angewiesen, d.h. das Jobcenter zahlt dann zusätzlich weitere Leistungen nach dem SGB II.

Ein aktueller Fall des Arbeitsgerichts Cottbus (Urteil vom 09.04.2014, 13 Ca 10477/13 und 13 Ca 10478/13) zeigt die erhebliche Gefahr, welche sich in solchen Konstellationen für den Arbeitgeber ergeben kann. Dort hatte ein Rechtsanwalt zwei Bürohilfskräfte quasi aus „guten Willen“ und als „Wiedereingliederungshilfe“ zu einem Stundenlohn von ca. 1,60 EUR beschäftigt. Die beiden Beschäftigten erhielten dann noch erhebliche zusätzliche Leistungen vom Jobcenter. Das Jobcenter vertrat in dem Verfahren die Auffassung, dass diese Bezahlung sittenwidrig und daher die übliche Vergütung zu zahlen sei. Aus übergeleiteten Ansprüchen machte das Jobcenter dann Ansprüche in Höhe von jeweils mehreren Tausend EUR direkt gegen den Rechtsanwalt geltend. Die Klage des Jobcenters wurde in diesem Einzelfall abgewiesen.

Das Gericht führte insoweit in seiner Pressemitteilung aus:

„Am heutigen 09.04.2014 hat die 13. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus – Kammern Senftenberg – zwei Klagen des Jobcenters OSL gegen Herrn Rechtsanwalt Lange abgewiesen. Nach Ansicht der Kammer lag zwar ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung zweier Mitarbeiter des Beklagten und dem jeweils dafür entrichteten Entgelt vor. Allerdings konnte die Kammer wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen. Nach Auffassung der Kammer mussten aus diesem Grund die Klagen abgewiesen werden.“

Auch wenn es sich dabei sicherlich um einen Extremfall hinsichtlich der Höhe der Bezahlung gehandelt hat und die Klage (zumindest vorerst) abgewiesen wurde, zeigt dies doch die enormen finanziellen Risiken für Arbeitgeber.

In diesem Zusammenhang könnten auch die immer beliebteren Praktikumsverträge, insbesondere wenn sie über einen langen Zeitraum laufen, problematisch werden. Auch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes könnte zu einer Verschärfung der Situation führen, da dadurch arbeitsrechtliche (Nachzahlungs-)Ansprüche auch schon bei der Zahlung eines Gehaltes von 7,00 EUR denkbar wären.

Dies könnte zu einer vermehrten Geltendmachung solcher vermeintlicher Ansprüche durch die Jobcenter führen, da insbesondere die Prozesskostenrisiken einer solchen Geltendmachung in der ersten Instanz überschaubar wären.

 

Dr. Ronald Hofmann

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Führerscheinentzug durch Landratsamt Regensburg

Während allgemein bekannt ist, dass man seine Fahrerlaubnis verlieren kann, wenn man betrunken am Straßenverkehr teilnimmt, ist vielen Menschen nicht bewusst, dass dies auch auf einem anderem Weg passieren kann. Auch das Landratsamt kann bei der Feststellung hoher Alkoholisierungen und ohne dass ein Fahrzeug im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss geführt wurde, Auflagen wie etwa die Beibringung einer MPU anordnen oder gleich  die Fahrerlaubnis einziehen.

Dies mag auf den ersten Blick nicht einleuchten, macht aber insoweit Sinn als Mediziner beim Erreichen gewissen Alkoholkonzentrationen vom Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit ausgehen, bei dem die Fahrgeeignetheit zumindest fraglich oder sogar ausgeschlossen sein kann. Grundsätzlich muss sich also jeder im Klaren darüber sein, dass auch eine hohe Alkoholisierung außerhalb des Straßenverkehrs letztlich zu einem Fahrerlaubnisverlust führen kann.

Das bedeutet nun nicht, dass man aus diesem Grund überhaupt nicht mehr (ausnahmsweise) über „die Strenge schlagen“ dürfte. Letztlich erfährt ja das Landratsamt davon normalerweise nichts. Man sollte aber immer darauf bedacht sein, in solchen Situationen auf keinen Fall mit der Polizei in Kontakt zu kommen. Die weitaus meisten Fälle des Führerscheinentzuges durch das Landratsamt basieren auf Routinemitteilungen der Polizei. Wird man beispielsweise auf der Dult in eine Schlägerei verwickelt oder erleidet im betrunkenen Zustand einen Unfall, kann es schnell passieren, dass eine Ermittlung der Alkoholisierung veranlasst wird und die Polizei dieses Ergebnis dann dem Landratsamt Regensburg mitteilt. Oft folgt dann die Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens (MPU) oder es erfolgt gleich der Fahrerlaubnisentzug. Besonders aufpassen müssen natürlich Personen, die in der Vergangenheit schon einmal Probleme mit Alkohol im Straßenverkehr hatten. Hat beispielsweise ein MPU-Gutachten einmal festgestellt, dass man nach einem Führerscheinentzug wieder „trocken“ ist, wird das Gutachten durch eine hohe Alkoholisierung möglicherweise widerlegt, auch wenn überhaupt kein Zusammenhang zum Straßenverkehr gegeben war.

Insgesamt kann man daher nur raten, dass man  gerade in Situationen, in welchen man (zu) viel getrunken hat, jegliche Probleme (besonders mit der Polizei) von vornherein zu vermeiden versucht.

Dr. Ronald Hofmann

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Das Jobcenter Regensburg und die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide

Betrachtet man einmal die letzten Jahre überschlägig, so kann man durchaus sagen, dass die meisten Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Jobcenters Regensburg (Stadt), die uns zur Überprüfung gegeben wurden, fehlerhaft waren.

Die Fehler die man dabei als Rechtsanwalt so feststellt, sind sehr verschieden und lösen teilweise einfach nur Kopfschütteln aus. Hier nur ein paar Beispiele:

1. Das Jobcenter bekommt es oft immer noch nicht hin, bei der Erstellung der Bescheide das Individualitätsprinzip zu beachten, d.h. dass die Leistungen von jedem einzelnen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zurückzufordern sind. Stattdessen fordert man einen Gesamtbetrag von der Bedarfsgemeinschaft. Der Bescheid ist dann zwingend rechtswidrig und aufzuheben. Es können im Anschluss zwar neue Rückforderungsbescheide erlassen werden. Jedoch dauert dies und teilweise werden solche neuen Bescheide auch „vergessen“.

2. Sehr oft passieren Fehler bei der Anrechnung von einkommen. Gerade bei „Aufstockern“ wird oft das Zuflussprinzip nicht beachtet. Das Jobcenter Regensburg ist hier an der Fehlerhaftigkeit aber oft selbst schuld. So werden bei Hilfeempfängern mit monatlich wechselndem Einkommen oft jeden Monat Änderungs- und auch Rückforderungsbescheide erlassen. Fehler sind dabei natürlich vorprogrammiert.

3. Besonders ärgerlich ist die in letzter Zeit immer häufiger verwendete Konstruktion der Aufrechnung. Grundsätzlich ist eine solche zwar bis zur Höhe von 10 Prozent der Regelleistung zulässig, allerdings bedarf es insoweit einer Ermessensentscheidung, d.h. das Jobcenter muss überprüfen, ob ein solcher Einbehalt von laufenden Leistungen für den Betroffenen im konkreten Fall zumutbar ist. Früher hat man dies offenbar überhaupt nicht beachtet. Jetzt steht unter allen betreffenden Bescheiden ein Autotext, wonach man die konkreten Umstände ausreichend abgewogen habe.

Die Liste der möglichen Fehler ist noch viel länger. Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sollten daher entsprechend kritisch überprüft werden.

Dr. Ronald Hofmann

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Bundessozialgericht zur Notwendigkeit der Antragsstellung beim Jobcenter

Der Verlust des Arbeitsplatzes ist für die meisten Betroffenen erst einmal ein großer Schock. Regelmäßig wendet man sich dann an die Agentur für Arbeit und stellt einen entsprechenden Antrag auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III. Da die Höhe des Arbeitslosengeldes aber nur ca. 2/3 des bisherigen Nettolohnes beträgt, besteht gerade bei einkommensschwachen Arbeitnehmern / Familien die Gefahr, dass das Arbeitslosengeld nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. In diesen Fall werden dann oft „aufstockende“ Leistungen vom Jobcenter gezahlt.

Grundsätzlich werden diese Leistungen des Jobcenters erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gezahlt.  Oft nimmt es eine gewisse Zeit in Anspruch, bis einem das Arbeitsamt die genaue Höhe des Arbeitslosengeldes mitteilt. Erst dann wird vielen Betroffenen letztendlich klar, dass sie mit diesem Geld nicht auskommen werden und dass sie zusätzliche Leistungen beim Jobcenter beantragen müssen.  Die Frage ist dann, ob ein solcher Antrag auch rückwirkend auf den Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosigkeit wirkt.

Das Bundessozialgericht (Urteil vom 02. April 2014, B 4 AS 29/13 R) hat dies nunmehr entschieden. Insoweit sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:

1. Wird aus irgendwelchen Gründen überhaupt kein Arbeitslosengeld gezahlt, kann eine  spätere Antragstellung beim Jobcenter gemäß § 28 SGB X rückwirkende Wirkung entfalten, d.h. aufstockende SGB-II-Leistungen können ab Beginn der Arbeitslosigkeit zu zahlen sein.

2. Reichen die Leistungen des Arbeitslosengeldes dagegen einfach nicht aus, gilt diese Vorschrift nicht. Auch andere Rechtskonstruktionen können hier zu keiner „Vorverlagerung“ des verspäteten Antrags führen.

Das Bundessozialgericht führt insoweit aus:

„Die Revisionen der Kläger waren erfolglos. Sie haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor dem 9.2.2009. Es mangelt insoweit an einem Antrag auf Alg II/Sozialgeld. Weder haben sie einen derartigen Antrag vor diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten gestellt, noch umfasste der bei der Arbeitsagentur am 22.12.2008 gestellte Antrag des Klägers zu 1 auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III zugleich einen solchen der Bedarfsgemeinschaft auf Leistungen nach dem SGB II. Nach der für den Senat binden­den Auslegung dieses Antrags durch das LSG war er im konkreten Fall aus­schließlich auf das Arbeitslosengeld nach dem SGB III gerichtet. Auch vermochte sich der erkennende Senat nicht der Rechtsauffassung der Kläger anzuschließen, dass unter genereller Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes ein Arbeitslosengeldantrag nach dem SGB III immer auch einen solchen auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasse. Arbeitslosengeld und Alg II/Sozialgeld unterscheiden sich im Hinblick auf Anspruchsvoraussetzungen, Leistungssystem und -verantwortung grundlegend.

Ebenso wenig bewirkt der am 9.2.2009 bei dem Beklagten gestellte Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ‑ als nachgeholter Antrag iS des § 28 SGB X ‑ eine Rückwirkung des Antragszeitpunkts auf den 1.1.2009. Die hier vorliegende Fall­konstellation, in der die andere Sozialleistung ‑ das Arbeitslosengeld nach dem SGB III ‑ nicht versagt wor­den ist, sondern bewilligt wurde und „nur“ nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft sicherzustellen, unterfällt dieser Regelung nicht.

Nach den Feststellungen des LSG können die Kläger ihr Begehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Die Arbeitsagentur hat nicht gegen die ihr obliegende Beratungspflicht iS der §§ 14, 15 SGB I verstoßen.“

Aus diesem Grund kann sich gerade bei Familien mit geringen Einkommen im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnis die sofortige (parallele und vorsorgliche) Antragstellung beim Jobcenter lohnen.

Dr. Ronald Hofmann

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Urlaubsanspruch bei Minijob

Eigentlich sollte es sich mittlerweile unter allen Arbeitgebern herumgesprochen haben, dass das Bundesurlaubsgesetz auch bei den sog. Minijobs gilt, d.h. dass auch diese Mitarbeiter einen Urlaubsanspruch haben. Kürzlich hatten wir einen Fall, der zeigte, dass selbst größere kirchliche Arbeitgeber (konkret betraf dies die Pflegebranche) dies oft oder teilweise nicht beachten. Das Bistum Regensburg forderte von einem Mandanten angeblich überzahlten Lohn zurück. Während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses hatte er keinerlei Urlaub erhalten. Wir unterbreiteten daher den Gegenvorschlag, den Urlaubsabgeltungsanspruch mit der Überzahlung zu verrechnen. Das lehnte man zuerst ab. Die Personalabteilung verzichtete vielmehr aus „höheren“ Glaubensgründen auf die Rückforderung. Kurze Zeit später kam dann ein Schreiben der „Rechtsabteilung“ des Bistums, worin man dann doch unseren Vergleichsvorschlag annahm. Ab jetzt sollte also beim Bistum ein Problembewusstsein für diesen Fall existieren.

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Jobdenter: Vorsicht bei Unterstützung durch Freunde / Verwandte

Immer wieder kommt es zu Problemen, wenn Hilfeempfänger in Notlagen von Freunden oder Verwandten Unterstützt werden. Erfolgen derartige Unterstützungen in Geld, neigt das Jobcenter schnell dazu, diese als Einkommen anzurechnen. Der eigentlich gewollte Zweck, die Beseitigung einer bestimmten Notlage, spielt dabei keine Rolle.

In einen kürzlich entschiedenen Fall wendete die Mutter ihrem Sohn einen Betrag von 5.000,00 EUR zu, damit dieser für sein verunfalltes Fahrzeug ein anderes Auto erwerben konnte, was er dann auch tat. Obwohl er das Fahrzeug sogar benötigte, rechnete das Jobcenter die 5.000,00 EUR als Einkommen an, verteilte dies auf 6 Monate und hob für diesen Zeitraum die Leistungen auf.

Vorpommern (Beschluss vom 12.12.2013, L 8 AS 9/13 B ER) hat diese Sichtweise jetzt bestätigt und zu Begründung unter anderem ausgeführt:

„Ferner liegt kein Fall des § 11a Abs. 5 Nr. 2 SGB II vor. Denn die Lage des Leistungsberechtigten wird durch eine private Zuwendung nur dann nicht so günstig beeinflussten, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, wenn sie üblich und auch gesellschaftlich akzeptiert ist – die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele geringfügige monatliche Taschengelder der Großeltern, BT Ds 1734/04 S. 95 – und die Lage des Leistungsberechtigten nur unmaßgeblich beeinflusst. Der Zufluss eines Geldbetrages in Höhe von 5.000,00 €, mithin eines Vielfachen des monatlichen Regelsatzes, hat indes so maßgeblichen Einfluss auf die Lage des Antragstellers, dass Leistungen der Grundsicherung daneben nicht gerechtfertigt wären. Der Senat hat also im vorliegenden Fall nicht den Sachverhalt zu entscheiden, dass ein eher geringwertiges KfZ durch die Zuwendung eines Dritten durch ein Auto von ebenfalls nur geringem Wert ersetzt werden kann. Denn der Vermögensverlust durch den Totalschaden beschränkte sich auf den Restverkehrswert des Fahrzeuges vor dem Unfall. Dieser betrug, bereits nach überschlägiger Recherche im Internet, für einen 12 bis 13 Jahre alten Pkw Citroen Saxo aber allenfalls 500 bis 900 €. Durch den Erwerb eines Fahrzeuges von 5.000 € ist der Antragsteller deutlich besser gestellt worden. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Nichtberücksichtigung von Einkommen fehlen somit vorliegend.“

Was kann man also tun:

1. Das Beste dürfte es sein, wenn Freunde / Verwandte die Rechnung direkt begleichen. Kommt es zu keinem Geldfluss in bar oder per Überweisung, ist dem Hilfebedürftigen kein Einkommen zugeflossen.

2. Das LSG hält aber eine Anrechnung wohl auch dann für ausgeschlossen, wenn mit dem (zugeflossenen) Geld nur ein gleichwertiger Ersatzgegenstand beschafft wird. Wäre in diesem Fall ein Auto für nur 500-900,00 erworben wurden, hätte es wohl keine Probleme gegeben.

Dennoch dürfte Variante 1 der sichere Weg sein.

Dr. Ronald Hofmann

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