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Jobcenter Regensburg – Sind Hilfeempfänger „Sozialschmarotzer“?

Immer wieder bekommt man den Eindruck, dass Hilfeempfänger von einigen Mitarbeitern von Jobcentern nicht ernst genommen und nicht mit dem Respekt behandelt werden, den sie eigentlich verdienen. Die verbreitete Behandlung der Hilfeempfänger als Bittsteller ist dann oft noch das kleinste Problem.

Das Jobcenter Regensburg Stadt, oder besser gesagt ein dortiger Mitarbeiter, hat sich jetzt in einer Art und Weise geoutet, die kaum mehr zu übertreffen ist.

In einem Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg geht es um einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Diesem liegt das typische Problem zugrunde, dass regelmäßig eine massive finanzielle Lücke entsteht, wenn der Hilfeempfänger eine Arbeit findet und das erste Gehalt genau am Ende des ersten Arbeitsmonates bekommt. Dann hat er für diesen Monat zum Monatsanfang noch Leistungen vom Jobcenter erhalten, ist aber rechtlich gesehen wegen des Lohnzuflusses (am Ende des ersten Monats) nicht mehr hilfebedürftig und muss die erhaltenen Leistungen zurückzahlen. Praktisch gesehen ist dies natürlich kaum möglich, da diese (erste) Gehalt ja zur Bestreitung der laufenden Kosten bis zur nächsten Gehaltszahlung am Ende des Folgemonats benötigt wird.

In diesem Verfahren haben wir die Auffassung vertreten, dass das Jobcenter Regensburg Stadt, dass von der Arbeitsaufnahme und einer möglichen Gehaltszahlung am Ende des Monats wusste, den Hilfeempfänger dahingehend beraten hätte müssen, dass dieser im Einvernehmen mit seinem neuen Arbeitgeber die (erste) Gehaltszahlung nur um einen Tag hinausschiebt. Dann wäre nämlich eine Rückzahlung nicht zu leisten gewesen. Hinsichtlich der Frage nach dem Bestehen und der Reichweite einer solchen Beratungspflicht kann man natürlich juristisch vortrefflich streiten.

Immerhin führt die einschlägige Literatur aber aus (von Wulffen / Schütze, SGB X (14. Aufl.), § 48 Rn. 21):

Hat der Leistungsträger nach Kenntnisnahme einer mit Nachteilen für den Betroffenen verbundenen Änderung keine Schadensbegrenzung durch Beratung vorgenommen, erfordert die Aufhebung des VA die Ausübung von Ermessen (BSG v 29.11.1989 – BSGE 66, 111 = SozR 4100 § 103 Nr 47). Indes muss die rückwirkende Aufhebung bei Vermeidbarkeit der Überzahlung durch eine Mitteilung des Leistungsträgers nicht mit Ermessenserwägungen begründet werden, wenn ein Leistungsempfänger in Verletzung seiner Mitteilungspflicht nach § 60 SGB I bewusst eine ihm nachteilige Änderung der Verhältnisse verschweigt (BSG v 3.7.1991 – 9b RAr 2/90 – SozR 3-1300 § 48 Nr 10).

Die Antwort des Jobcenters Regensburg Stadt lautete wie folgt und bedarf wohl keines weiteren Kommentars:

„Die Aufforderung des Bevollmächtigten, darüber hinaus den Leistungsberechtigten zu beraten, wie die steuerzahlende Allgemeinheit weiter belastet werden kann, wird nicht als unsere Aufgabe angesehen.“

Dieser Satz sagt sehr viel über die höchst bedenkliche Einstellung des entsprechenden Sachbearbeiters des Jobcenters Regensburg Stadt aus.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg

www.kanzlei-hhs.de

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