Immer mehr Arbeitnehmern reicht ihr Arbeitslohn einfach nicht aus, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu bestreiten. Sie sind dann auf sog. aufstockende Leistungen vom Jobcenter angewiesen, d.h. das Jobcenter zahlt dann zusätzlich weitere Leistungen nach dem SGB II.
Ein aktueller Fall des Arbeitsgerichts Cottbus (Urteil vom 09.04.2014, 13 Ca 10477/13 und 13 Ca 10478/13) zeigt die erhebliche Gefahr, welche sich in solchen Konstellationen für den Arbeitgeber ergeben kann. Dort hatte ein Rechtsanwalt zwei Bürohilfskräfte quasi aus „guten Willen“ und als „Wiedereingliederungshilfe“ zu einem Stundenlohn von ca. 1,60 EUR beschäftigt. Die beiden Beschäftigten erhielten dann noch erhebliche zusätzliche Leistungen vom Jobcenter. Das Jobcenter vertrat in dem Verfahren die Auffassung, dass diese Bezahlung sittenwidrig und daher die übliche Vergütung zu zahlen sei. Aus übergeleiteten Ansprüchen machte das Jobcenter dann Ansprüche in Höhe von jeweils mehreren Tausend EUR direkt gegen den Rechtsanwalt geltend. Die Klage des Jobcenters wurde in diesem Einzelfall abgewiesen.
Das Gericht führte insoweit in seiner Pressemitteilung aus:
„Am heutigen 09.04.2014 hat die 13. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus – Kammern Senftenberg – zwei Klagen des Jobcenters OSL gegen Herrn Rechtsanwalt Lange abgewiesen. Nach Ansicht der Kammer lag zwar ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung zweier Mitarbeiter des Beklagten und dem jeweils dafür entrichteten Entgelt vor. Allerdings konnte die Kammer wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen. Nach Auffassung der Kammer mussten aus diesem Grund die Klagen abgewiesen werden.“
Auch wenn es sich dabei sicherlich um einen Extremfall hinsichtlich der Höhe der Bezahlung gehandelt hat und die Klage (zumindest vorerst) abgewiesen wurde, zeigt dies doch die enormen finanziellen Risiken für Arbeitgeber.
In diesem Zusammenhang könnten auch die immer beliebteren Praktikumsverträge, insbesondere wenn sie über einen langen Zeitraum laufen, problematisch werden. Auch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes könnte zu einer Verschärfung der Situation führen, da dadurch arbeitsrechtliche (Nachzahlungs-)Ansprüche auch schon bei der Zahlung eines Gehaltes von 7,00 EUR denkbar wären.
Dies könnte zu einer vermehrten Geltendmachung solcher vermeintlicher Ansprüche durch die Jobcenter führen, da insbesondere die Prozesskostenrisiken einer solchen Geltendmachung in der ersten Instanz überschaubar wären.
Dr. Ronald Hofmann