In der Praxis taucht in letzter Zeit vermehrt das Problem auf, dass Jobcenter den Bezug von ausländischen Renten genauer prüfen. Insoweit ist natürlich klar und auch richtig, dass Leistungen einer ausländischen / russischen Rente in der entsprechenden Höhe auf die Leistungen des Jobcenters angerechnet werden. Dabei spielt es regelmäßig nicht einmal eine Rolle, an wen die Leistungen ausbezahlt werden und ob sie der Person in Deutschland tatsächlich zur Verfügung stehen. Problematisch wird der Fall vor allem dann, wenn die ausländische Rente bereits in einem viel geringeren Alter bezogen wird. Dies ist gerade bei russischen Renten der Fall. Dann fordert das betreffende Jobcenter regelmäßig nicht nur den anzurechnenden Betrag (in Höhe der russischen Rente), sondern sämtliche gezahlten Leistungen zurück. Begründet wird dies, damit, dass der Bezug einer ausländischen Altersrente den Bezug von SGB-II-Leistungen vom Jobcenter komplett ausschließen kann. Insoweit spielt es für die Jobcenter regelmäßig auch keine Rolle, dass der Betroffene in diesem Fall dann zwar keine Leistungen nach dem SGB II, allerdings Leistungen nach dem SGB XII erhalten hätte. Dadurch können enorme Rückforderungssummen auflaufen. Das Landessozialgericht Baden- Württemberg (Beschluss vom 2. Februar 2016 – Az. L 9 AS 2914/15 B) hat diese Praxis aber jetzt für unzulässig erklärt und entschieden:
1. Ein die Leistungsberechtigung nach dem SGB II ausschließender Rentenbezug i.S. von § 7 Abs. 4 SGB II liegt auch dann vor, wenn die (ausländische) Rente mit Wissen und Willen des Berechtigten an einen empfangsberechtigten Dritten ausgezahlt wird.
2. Soweit ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X besteht, gilt nach § 107 Abs. 1 SGB X der Anspruch des hinsichtlich der Sozialleistung Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger – also den Erstattungsverpflichteten – als erfüllt. Soweit die Erfüllungsfiktion reicht, schließt sie eine Aufhebung bzw. Rücknahme der Leistungsbewilligung durch den Leistungsträger, der den Erstattungsanspruch hat, nach den §§ 44 ff. SGB X und einen Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X aus.
Im Ergebnis stellt das Landessozialgericht klar, dass das Jobcenter vom Betroffenen nur insoweit Leistungen nach dem SGB II zurückfordern kann, als die tatsächlich nach dem SGB II erbrachten Leistungen, die fiktiv nach dem SGB XII zugestandenen Leistungen übersteigen. Dies sind regelmäßig viel geringere Beträge. Im Übrigen müssen sich die Jobcenter die Zahlungen direkt vom (eigentlich zuständigen) Träger der Grundsicherungsleisten erstatten lassen.
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