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Sozialgericht Regensburg zur Höhe des Elterngeldes bei Selbständigkeit

Immer wieder kommt es zu Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit  der Bemessung der Höhe des Elterngeldes bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) enthält für die Ermittlung des relevanten Einkommens Selbständiger eine Vereinfachungsregel. Die Behörde  greift danach auf den im Steuerbescheid des letzten vorgeburtlichen Kalenderjahres ausgewiesenen Gewinn zurück, wenn die Tätigkeit während dieses Kalenderjahres durchgängig ausgeübt wurde, § 2 Abs. 9 BEEG (jetzt § 2 d). Dies kann mitunter zu erheblichen Ungerechtigkeiten führen, wenn etwa in diesem Kalenderjahr die Tätigkeit zwar durchwegs ausgeübt wurde, aber aus bestimmten Gründen in deutlich geringerem Umfang als in den zwölf Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes.

Für solche Fälle hat das Bundessozialgericht in Kassel in zwei Grundsatzentscheidungen den Elterngeldstellen eine Abweichung von dieser Vereinfachungsregel aufgegeben. Voraussetzung dafür ist nach dem BSG, dass eine Abweichung  des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit im letzten abgeschlossenen vorgeburtlichen Kalenderjahr einerseits und in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes andererseits in einer Größenordnung von wenigstens 20 % festzustellen ist.

Im Fall einer jungen Gewerbetreibenden, deren Kind im Sommer 2009 geboren ist, und die im Jahr 2008 ihren bis dahin als Nebengewerbe geführten Betrieb zu ihrer Haupteinnahmequelle gemacht hatte, musste nun das Sozialgericht Regensburg entscheiden. Im Jahr 2008 hatte die junge Mutter einen steuerlichen Verlust gemacht, weshalb ihr nur der Mindestbetrag in Höhe von 300,00 € bewilligt worden war.

Durch erheblichen Dokumentations- und Begründungsaufwand im Hinblick auf betriebene Werbung, abgegebene Angebote sowie im einzelnen getätigte Umsätze ist es im Verfahren nun gelungen, das Gericht vom Vorliegen der entsprechenden zeitlichen Abweichung  (mindestens 20 % mehr in den zwölf Monaten vor der Geburt)  zu überzeugen.

Die zuständige Behörde hat dies bis zuletzt nicht sehen wollen und muss nach der Entscheidung nun eine erhebliche Nachzahlung leisten. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.

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