Vermutungsregel für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft?

Grundsätzlich unterstellen die Jobcenter nach einem Dauer des Zusammenlebens von mehr als einem Jahr das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft. Diese Vorgehensweise, im Sinne einer automatischen Vermutung, könnte jetzt eine weitere Einschränkung erfahren. Das LSG Niedersachsen – Bremen (Az.: L 13 AS 269/11, Urteil vom 29.05.2013) hat insoweit eine weitere Einschränkung vorgenommen. Danach reicht das bloße „Zusammenwohnen“ nicht für das Eingreifen der Vermutungsregel, vielmehr ist eine „Partnerschaft“ zwingende Voraussetzung und das Jobcenter trägt dafür die volle Beweislast.

Das LSG führt insoweit aus:

„Objektive Tatbestandsvoraussetzung für das tatbestandliche Eingreifen der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II ist zunächst das Bestehen einer „Partnerschaft“. Das Bestehen eines partnerschaftlichen Zusammenlebens in einer Beziehung zeichnet sich dadurch aus, dass es auf Ausschließlichkeit und auf eine gewisse Dauer angelegt ist und daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art und Intensität zulässt (vgl. BSG vom 23. August 2012 — B 4 AS 34/12 R — Rdn. 20, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts — BVerfG — Urteil vom 17. November 1992 — 1 BvL 8/87 — BverfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Januar 2008 — L 28 B 2130/07 AS ER — juris Rdn. 14), sowie dass die rechtlich zulässige Möglichkeit einer Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft besteht (BSG vom 23. August 2012, a. a. 0., Rdn. 20, m. w. Nachw.). Hingegen trifft es nicht zu, dass unter dem Rechtsbegriff „Partner“ zwei Personen bereits dann zu erfassen sind, wenn sie grundsätzlich heiraten könnten oder eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingehen könnten, wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt hat; denn hierbei handelt es sich lediglich um ein Element einer möglichen Partnerschaft, deren Kern indes durch das Zusammenleben im Sinne eines „Zusammenseins“ bzw. „Sich-zueinander-Bekennens“ von gewisser Dauer und Intensität, unter Einschluss der genannten Ausschließlichkeit, geprägt ist. Auf die positive Feststellung dieser für die Annahme einer Partnerschaft unverzichtbaren Elemente kann nicht unter bloßem Hinweis auf die rechtlich bestehende Möglichkeit einer Eheschließung verzichtet werden. Eine Partnerschaft zeichnet sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nämlich dadurch aus, dass sich ihre Mitglieder zueinander in dem Sinne bekennen, der jeweils andere sei „die Partnerin bzw. der Partner“ oder „die Freundin oder der Freund“, man sei „zusammen“ oder lebe in einer Beziehung oder dergleichen mehr. Wesensimmanent ist das all diesen Bezeichnungen zugrunde liegende Bekenntnis zueinander, wobei es freilich nicht entscheidend ist, was die Beteiligten Dritten oder gar Behörden gegenüber auf Nachfrage angeben, sondern wie ihr Verhältnis zueinander, im Sinne eines objektiven Tatbestandsmerkmals, tatsächlich ausgestaltet ist.

Das Risiko der Nichterweislichkeit des Vorliegens dieser tatsächlichen Voraussetzungen des Bestehens einer Partnerschaft geht nach der allgemeinen Grundregel zu Lasten des Beklagten, da dieser aus dem Umstand des Vorliegens einer Partnerschaft für sich günstige Rechtsfolgen herleiten möchte.“

Das vollständige Urteil wurde von Herrn RA Beier zur Verfügung gestellt: http://www.kanzleibeier.de/Urteil_beierbeier_LSG_NBremen_L_13_AS_269_11.php.

Dr. Ronald Hofmann

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Bundesarbeitsgericht: Sozialauswahl bei Leiharbeit

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20.6.2013, 2 AZR 271/12) hat in einer neueren Entscheidung zur durchzuführenden Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen in Leiharbeitsverhältnissen Stellung genommen. Nachdem es bereits vor längerer Zeit entschieden hatte, dass nicht jeder Auftragsverlust der Leihfirma ein dringendes betriebliches Erfordernis darstellen kann, sondern das dies lediglich dann der Fall ist, wenn daurch ein dauerhafter Rückgang des Personalbedarfs eintrete, hat es nunmehr eine weitere Einschränkung vorgenommen. Danach sind bei einer zu treffenden Sozialauswahl grundsätzlich sämtliche vergleichbare Arbeitnehmer einzubeziehen, insbesondere auch solche, die bei anderen Kunden eingesetzt sind. Es kann daher nicht lediglich auf die Arbeitnehmer abgestellt werden, die bei dem Kunden eingesetzt waren, dessen Auftrag komplett weggefallen ist.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2013&nr=16804&pos=0&anz=159.

Dr. Ronald Hofmann

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Keine „vermutete“ Bedarfsgemeinschaft bei noch „anderweitig“ verheiratetem Lebensparter!

Grundsätzlich gehen die Jobcenter bei einem Zusammenleben von länger als einem Jahr regelmäßig pauschal von einer Bedarfsgemeinschaft aus und berufen sich dabei auf die Vermutungsregelung des  § 9Abs. 3a Nr. 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet werde, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.

Das Landessozialgericht Nordrhein- Westphalen hat nun in einem Urteil nochmals eine Entscheidung des Bundesozilagerichts aus dem Jahre 2012 bestätigt, wonach diese Vermutung nur dann eingreifen kann, wenn die Partner überhaupt rechtlich zulässig heiraten oder eine Lebenspartnerschaft eingehen können. Dies ist besipielsweise nicht der Fall, wenn einer der Partner noch „anderweitig“ verheiratet ist und noch keine rechtskräftige Scheidung vorliegt.

Das LSG (Urteil vom 06.06.2013 – L 7 AS 914/12) führt insoweit aus:

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Die Klägerin bildet(e) im streitigen Zeitraum mit dem Zeugen P keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Nach dieser Vorschrift gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Bei den Kriterien Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Ob eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand der Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen (BSG, Urteil vom 23.08.2012, B 4 AS 34/12 R, Rn. 13, 14 in juris).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien steht zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen P im streitigen Zeitraum vom 01.12.2007 bis 06.06.2013 eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht gegeben war. Es fehlt bereits an der Tatbestandsvoraussetzung einer Partnerschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen P. Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Des Weiteren muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (BSG, Urteil vom 23.08.2012, a.a.O., Rn. 20). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten werden vom Senat nicht geteilt. Vielmehr hat das BSG in seinem Urteil vom 23.08.2012 die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen einer Partnerschaft und des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zutreffend ausgelegt.

Dr. Ronald Hofmann

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Jobcenter Regensburg und die Aufrechnung wegen gezahlter Mietkaution

Zahlt das Jobcenter Regensburg einem Hilfeempfänger darlehensweise die Mietkaution, wird im entsprechenden Bescheid eine Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent der Regelleistung festgelegt. Das Sozialgericht Berlin hat nunemhr entschieden, dass dies zumindest beim Vorliegen von bestimmten Umständen (in abshebarer Zeit kein weiteres Einkommen mit entsprechenden Freibeträgen oder Einzug in die neue Wohnung aus einer Notlage heraus) nicht zuässig ist, da dadurch dauerhaft das verfassungsrechtliche Existenzminimum unterschritten werde.

Die Entscheidung (SG Berlin, Urteil vom 22.02.2013, S 37 AS 25006/12) lautet im Einzelnen:

“ Der Bescheid vom 27.6.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.9.2012 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid und die dazugehörigen Vereinbarungen vom 26.3.2012 dahingehend abzuändern, dass die Mietkaution als Zuschuss gegen Abtretung des Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Vermieter und einer Rückzahlungsklausel für den Fall der Aufgabe der Wohnung oder der Beendigung des Leistungsbezuges gewährt wird. Der Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten.

Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Tilgung eines Mietkautionsdarlehens mit laufenden Regel-leistungen.
Die 1981 geb. Klägerin beantragte am 24.2.2012 für sich und ihren 2008 geborenen Sohn Leistungen nach dem SGB II. Sie begründete ihren Antrag damit, dass sie aus der Türkei zurück nach Deutschland flüchten musste, zunächst in einer Notunterkunft für Frauen unter-gekommen war und über die Vermittlung dieser Einrichtung zum 1.3.2012 eine Wohnung im geschützten Segment (Anerkennung einer bis zu 10% über dem Richtwert liegenden Miete als angemessen) beziehen werde. Sie müsse jetzt ihr Leben neu ordnen und eine Therapie machen.
Für die Wohnung mit einer Gesamtmiete von 482 EUR war eine Kaution in Höhe von 1.026 EUR zu zahlen, wobei die erste Rate vor Übergabe der Wohnung hinterlegt werden musste.
Der Beklagte gewährt der Klägerin mangels eigener Leistungsfähigkeit ein Kautionsdarlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II, das direkt an den Vermieter überwiesen wurde.
Sowohl mit Darlehensvertrag als auch Bewilligungsbescheid vom 26.3.2012 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, das Darlehen nach dem Monat der Auszahlung mit 10% des maß-gebenden Regelbedarfs (= 374 EUR) zu tilgen. In § 1 des Darlehensvertrags war außerdem eine Rückzahlungspflicht für den Fall des Auszugs aus der Wohnung sowie bei Beendigung des Leistungsbezugs vereinbart worden. Der Kautionsrückerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Vermieter ist zur Sicherung des Darlehensgebers unwiderruflich an diesen abgetreten worden (§ 2). § 3 regelt eine sofortige Fälligkeit der gesamten Restkaution, wenn die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit nicht nachkommen sollte.
Zunächst wurden ab Mai 2012 37,40 EUR vom Regelbedarf der Klägerin zur Darlehenstilgung abgezogen, dazu kommt eine Rate von 10 EUR, um eine Überzahlung des zuvor zuständigen Jobcenters zu tilgen.
Mit Überprüfungsantrag vom 21.5.2012 wandte sich die Klägerin gegen die laufende Kautions-Darlehenstilgung, die wegen eines erfolgreichen Eilverfahrens einstweilen ausgesetzt wurde.
Nach Zurückweisung des Überprüfungsantrags als unbegründet (Bescheid vom 27.6.2012) erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie geltend machte, eine Kürzung der laufenden Leistung über 27 Monate hinweg sei nicht rechtens.
Der Beklagte verweist im Widerspruchsbescheid vom 3.9.2012 auf die geltende Rechtslage (§ 42a SGB II); ein Abzug von 10% des Regelbedarfs begründe nach der Wertung des Gesetzgebers keine Notlage, zumal die Leistungen für das Kind nicht gekürzt worden seien. Außerdem sei der Klägerin eine Tilgung des Darlehens mit dem Mehrbedarf für Allein-erziehende zumutbar, wodurch sich der Tilgungszeitraum auf acht Monate verkürze.
Hiergegen richtet sich die am 25.9.2012 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage. Die Klägerin beruft sich auf die Entscheidung des BVerfG zum Regelbedarf, wonach eine vorübergehende Kürzung der Regelleistungen zum Zweck der Tilgung von Darlehen für zusätzliche Bedarfe (1 BvL 1/09 Rn. 150) nicht zu beanstanden sei. Daraus könne geschlossen werden, dass eine nicht nur vorübergehende Kürzung der Regelbedarfe nach §§ 20 – 23 SGB II um Bedarfe nach § 22 SGB II gegen den Grundsatz der Gewährleistung des Existenzmini-mums verstoße.
Der zur gütliche Beilegung des Rechtsstreits unterbreitete Vorschlag des Gerichts, die Kautionstilgung nach § 76 SGB IV auszusetzen, bis die Klägerin eine Arbeit findet oder in eine Maßnahme (Arbeitsgelegenheit) vermittelt wird, fand keine Zustimmung.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 27.6.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.9.2012 aufzuheben;
den Bescheid und die dazugehörigen Vereinbarungen vom 26.3.2012 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin für den Zeitraum ihres Leistungsbezuges Grundsicherungsleistungen ohne Einbehaltung von Tilgungsraten für eine Mietkaution bewilligt werden;
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 6 i.V.m. § 42a SGB II, eine Härte oder Existenzgefährdung bestehe als Folge der 10%-Tilgung nicht.
Ergänzend wird zum übrigen Sach- und Streitstand auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogene Leistungsakte verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 124 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Umwandlung des Kautionsdarlehens in eine Zuschuss-Leistung unter Aufrechterhaltung der dementsprechend zu modifizierenden Abtretungserklärung nach § 2 des Darlehensvertrages sowie der Rück-zahlungsklauseln für den Fall der Aufgabe der Wohnung oder der Beendigung des Leistungs-bezuges.
Nach § 22 Abs. 6 SGB II soll eine Mietkaution als Darlehen erbracht werden. Danach besteht im Regelfall die Verpflichtung, die Kaution als Darlehen unter den dann zwingenden Voraus-setzungen des § 42a SGB II (vorrangiger Vermögenseinsatz, Tilgung mit den laufenden Regel-leistungen) zu vergeben.
Für außergewöhnliche Sachverhalte (atypische Fallgestaltungen) räumt die Soll-Formulie-rung den Jobcentern jedoch die Befugnis ein, die vom Vermieter geforderte Mietsicherheit auch auf andere Weise als durch ein Mietkautionsdarlehen an den Leistungsberechtigten zu stellen (so zutreffend die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage vom 29.3.2007 BT-Drs. 16/4887 S. 2 f:
„Der Bundesregierung ist bekannt, dass verschiedene kommunale Träger der Ausreichung einer Kautionsbürgschaft gegenüber der Gewährung eines Kautionsbetrages den Vorzug geben. Die Bundesregierung hat keine Bedenken gegenüber dieser Art der Bedarfsdeckung.“
Die Neuregelungen des SGB II zum 1.4.2011 haben daran nichts geändert. Zwar sollte die bisherige – rechtswidrige (dazu BSG vom 22.3.2012 – B 4 AS 26/10 R) – Praxis der Sofort-tilgung der Mietkaution auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden, der Charakter von § 22 Abs. 6 SGB II als einer Soll-Vorschrift, was Abweichungen bei Erbringung der Kaution zu-lässt, wurde damit aber nicht geändert.
Im Gegenteil hat die mit der Vergabe als Darlehens seit 1.4.2011 zwingend verbundene Sofort-tilgung mit einer nicht disponiblen Rate (§ 42a SGB II) die Anforderungen der Behörde an die Prüfung eines atypischen Falls verschärft, um verfassungswidrige Ergebnisse zu vermeiden.
Eine ausnahmslose Soforttilgung des Kautionsdarlehens bedingte solche Ergebnisse, die ein Erlass nach § 44 SGB II nur unzureichend auffängt. Denn zum einen können über § 44 SGB II nur unbillige Folgen einer an sich rechtmäßigen Leistungskürzung gemildert werden, was den Korrektur-Maßstab der Behörde auf die Abwendung einer akuten Notlage – die hier nicht besteht – verengt; zum anderen steht die Korrekturbefugnis über § 44 SGB II im weiten Ermes-sen der Behörde, das nur sehr begrenzt einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. dazu BSG vom 9.2.1995 – 7 RAr 78/93).
Eine verfassungskonforme Auslegung der Soll-Vorschrift des § 22 Abs. 6 SGB II muss daher auf der Ebene des in Art. 1, Art. 2 GG verankerten Rechts auf Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums ansetzen; die wichtigsten Argumente hierfür sind:
& 61607; keine dauerhafte Unterschreitung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums Das BVerfG vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09 sah es zur Sicherung des Existenzminimums als notwendig an, dass atypische Mehrbedarfe nicht nur im SGB XII (§ 27a Abs. 4 SGB XII), sondern auch im SGB II zusätzlich zum Regelbedarf gewährt werden müssen. Der dazu geschaffene § 21 Abs. 6 SGB II definiert diesen Mehrbedarf als mehrfach wiederkehrenden Bedarf von nicht unerheblichem Gewicht. Ein Mehrbedarf in Höhe von 10% des Regelbedarfs ist erheblich i. S. des BVerfG-Urteils (BSG vom 19.8.2010 – B 14 AS 13/10 R). Wenn es also einerseits als unzumutbar angesehen wird, dass ein SGB II-Bezieher einen nicht nur gelegentlich auftretenden Mehrbedarf aus dem Regelbedarf trägt, auch wenn der Mehrbedarf weniger als 10% beträgt, kann es andererseits ohne Wertungswiderspruch nicht als zumutbar angesehen werden, dass ein Leistungsbezieher – je nach Höhe der Mietkaution – über Monate hinweg 10% des Regelbedarfs weniger hat, ohne dass dies auf Ursachen in seinem Verhalten gründet (Umzug auf eigenen Wunsch, Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II).
& 61607; Aushebelung des Ansparkonzepts Der Regelbedarf ist so bemessen, dass der Leistungsbezieher durch Umschichtungen im Ausgabeverhalten und Ansparungen genug Mittel für gelegentlich erforderliche Ersatzbeschaffungen und Zusatzbedarfe, die zum Regelbedarf nach §§ 20, 23 SGB II gehören, haben soll (neuer Kühlschrank, Reparatur des Fahrrads etc.). Muss der Leistungsbezieher wegen der Kautionstilgung über einen langen Zeitraum hinweg einen Einsatz des 10%-Puffers, der sonst für Umschichtungen und Sparrücklagen benötigt wird, für Kosten der Unterkunft, wozu die Kaution gehört, einsetzen, gerät das Konzept der Bedarfsdeckung mit festen Regelbeträgen aus den Fugen.
& 61607; Verstetigte Bedarfsunterdeckung Bewirkt die Tilgung der Kaution über einen längeren Zeitraum hinweg einen Verzicht auf 10% des Regelbedarfs, ist der Leistungsberechtigte einerseits in verstärktem Maße auf § 24 SGB II-Darlehen angewiesen, weil er keinen Puffer zum Ansparen hat, andererseits muss er bei Inanspruchnahme eines § 24 SGB II-Darlehens eine Verlängerung des Tilgungszeitraums verkraften. Bei Tilgungen über einen längeren Zeitraum hinweg sind vor allem für Familien mit Kindern Bedarfe für Reparatur- und Ersatzbeschaffungen unabweisbar.
Als sachgerechter Ansatzpunkt für eine verlässliche Bestimmung atypischer Fallgestaltungen (s. dazu Weth, info also 2011, S. 276 f) bietet sich die Rechtsprechung zum früheren § 15b BSHG zu der Frage an, wann statt eines Darlehens Anspruch auf eine Hilfegewährung als Zuschussleistung besteht. Auf diese Weise lässt sich auch eine willkürliche Schlechterstellung SGB II-Leistungsberechtigter im Vergleich zur Gruppe der Bezieher von Sozialhilfe oder Grundsicherung nach dem SGB XII vermeiden.
Ausgangspunkt für diese Überlegung ist die Erwerbszentrierung des SGB II, d. h. die typisierende Vermutung, dass der Hilfebedarf wegen des Fördergebots nur kurz besteht oder Alg II aufstockend zu Erwerbseinkommen (mit Reserven über die Freibeträge) bezogen wird.
Für Personen, die zwar erwerbsfähig nach § 8 SGB II sind, nach Lebenslage oder sonstigen Umständen aber keine Chance haben, kurzfristig aus dem Leistungsbezug herauszukommen, oder dazu zu verdienen, gilt diese Vermutung nicht. Sie befinden sich in einer ähnlichen Situation wie SGB XII-Leistungsberechtigte, was den SGB II-Träger bei der Entscheidung über einen Antrag auf Übernahme einer Kaution zu der Prüfung verpflichtet, ob der Hilfe-suchende in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht zur Rückzahlung eines Kautionsdarlehens aus Reserven außerhalb der Regelleistungen (Erwerbstätigkeitsfreibeträge, zweckfreies Schonvermögen) in der Lage sein wird (vgl. dazu OVG Bremen vom 23.9.1985 – 2 B 95/85).
Die Klägerin gehört zu diesem Personenkreis. Ihre Situation – Bezug einer Wohnung aus dem Zustand völliger Mittellosigkeit bei Unterbringung in einem Notquartier – unterscheidet sich signifikant von der eines Leistungsberechtigten mit Wohnung, der aus eigenem Wunsch oder als Reaktion auf eine Kostensenkungsaufforderung einen Wohnungswechsel planen und Vor-kehrungen zur Erlangung einer tragbaren Kaution (Privatdarlehen, Kautionsversicherung etc.) treffen kann.
Dazu kommt, dass die Klägerin als alleinerziehende Mutter und aufgrund ihres Lebens-schicksals erhebliche Vermittlungshemmnisse bei der Wiedereingliederung in das Erwerbs-leben hat.
Müsste sie in dieser Situation über Monate hinweg auf 10% des Regelbedarfs verzichten, wäre sie schlechter gestellt als ein Schuldner im Pfändungs- oder Zwangsvollstreckungsrecht (BGH vom 25.10.2012 – VII ZB 31/12), dem sogar als Täter einer unerlaubten Handlung das sozio-kulturelle Existenzminimum verbleibt (BGH vom 13.10.2011 – VII ZB 7/1: „Der Gesetzgeber, der jedem nach dem Sozialstaatsgebot ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern muss, hat in § 850f Abs. 2 ZPO bestimmt, dass dem Schuldner einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung so viel zu belassen ist, wie er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf. Dem notwendigen Lebensunterhalt gleichzusetzen sind die Regelleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, die nach der Wertung des Gesetzgebers das „soziokulturelle“ Existenzminimum darstellen.“).
Dass der Beklagte die Kaution, die beiden Personen in der Bedarfsgemeinschaft zusteht, „nur“ mit dem Regelbedarf der Klägerin tilgt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn abgesehen davon, dass der Beklagte damit von der auch für die Kaution geltenden Kopfteilmethode (s. dazu OVG Hamburg vom 26.4.2002 – 4 Bf 443/02) abweicht und eine familieninterne Schuldübernahme konstituiert, die dem Einzelanspruchssystem des SGB II fremd ist (zum vergleichbaren Problem bei der Einsatzgemeinschaft nach § 11 BSHG s. bereits info also 1993, S. 110), verlängert sich dadurch der Tilgungszeitraum je nach Anzahl der Kinder in der Bedarfsgemeinschaft erheblich, was die oben aufgezeigten Probleme der Bedarfsdeckung mit einem gekürzten Regelbetrag massiv verstärkt.
Muss eine größere Wohnung bzw. eine höhere Kaution wegen in der Bedarfsgemeinschaft lebender Kinder aufgewandt werden, ist umgekehrt zu prüfen, ob zumindest den Kindern als Beziehern von Sozialgeld und kopfteiligen Wohnungsnutzern eine anteilige Kaution als Zuschuss gewährt wird, um hierüber die Tilgungslast auf die Eltern als erwerbsfähige Alg II-Bezieher zu beschränken.
Dass die Klägerin einen Mehrbedarf für die Alleinerziehung erhält, ist zur Lösung der Problematik unerheblich. Der Mehrbedarf dient nicht der Kautionstilgung. Ein zweckent-fremdender Mitteleinsatz ist der Klägerin nicht zumutbar. Die sozialpolitische Entscheidung des Gesetzgebers, die der Zuerkennung des Mehrbedarfs zugrunde liegt, ist verfassungs-rechtlich anzuerkennen (BSG vom 23.8.2012 – B 4 AS 167/11 R).
Eine Vermögensbildung oder sonstige, über die notwendige Wohnungsbeschaffung hinaus-gehende Begünstigung der Klägerin ist mit der ausgeurteilten Zuschuss-Kautionsleistung in Verbindung mit der Abtretung und den Rückzahlungsklauseln nicht verbunden. Das Risiko, im Fall einer berechtigten Vereinnahmung der Kaution und Fortbestand der Hilfebedürftigkeit einen verlorenen Zuschuss gezahlt zu haben, ist gegenüber dem Sicherstellungsauftrag aus Art. 1, 2 GG hinzunehmen, in Missbrauchsfällen begrenzt § 34 SGB II die Haftung hinreichend effektiv (vgl. dazu VG Augsburg vom 15.10.2002 – Au 3 K 01.1248).
Die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage vom 15.11.2012 (BT-Drs. 17/11484) verwundert, sofern es dort heißt, die Erbringung der Mietkaution in einer vom Darlehen abweichenden Form, z. B. über eine Bürgschaft oder Verpflichtungserklärung,
„würde die Allgemeinheit – ungerechtfertigter Weise – auch dann mit den Kosten der Mietsicherheit belasten, wenn die vormals leistungsberechtigte Person nicht mehr im Leistungsbezug steht. Die Bürgschaft würde zu Zeiten des Leistungsbezuges übernommen werden und bliebe auch beim Ausscheiden aus dem Leistungsbezug bestehen.“
Bürgschaften oder Verpflichtungserklärungen anstelle einer Kautionszahlung waren schon unter Geltung des BSHG Gang und Gäbe und wurden so ausgestaltet, dass die Verpflichtung der Behörde an den Leistungsbezug und den Bestand des Mietverhältnisses geknüpft waren (s. z. B. BVerwG vom 19.5.1994 – 5 C 33/91; VG Augsburg vom 26.2.2002 – Au 3 K 01.1248; vom 4.2.2005 – Au 3 K 04.1621; VG Gelsenkirchen vom 26.6.2003 – 2 K 7262/00).
Neuerdings bieten Kautionsversicherungen mit Gebühren, die von einem SGB II-Leistungs-berechtigten getragen werden können, eine Alternative zur Kautionszahlung. Die Unterstüt-zung der Jobcenter beschränkt sich hier darauf, für die fehlende Solvenz des Mieters einzu-stehen, soweit die Kaution vom Vermieter beansprucht wird und die dann zu erbringende Versicherungsleistung an den Versicherer zurückzuzahlen ist.
Gibt es mithin keine durchgreifenden Argumente, im atypischen Fall, wie hier, in einer vom Regelfall abweichenden Form für die Mietsicherheit aufzukommen, war die Entscheidung des Beklagten, dennoch ein Kautionsdarlehen mit Soforttilgung zu vergeben, wegen Nichtgebrauch des Soll-Ermessens rechtswidrig und zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Bedarfsunter-deckung durch einen Zuschuss mit Rückerstattungsverpflichtung und Abtretungserklärung zu ersetzen.
Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bedarf es im vorliegenden Fall nach alldem nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.“ 

 

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LSG München zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft bei fehlendem schlüssigen Konzept oder die Schwierigkeit eine praktikable Lösung zu finden

In einem laufenden Verfahren vertritt das Sozialgericht Landshut die Auffassung, dass bei einem fehlenden schlüssigen Konzept nicht zwingend die Berechnungsmethode des Bundessozialgerichts (Werte der Wohngeldtabelle + 10 Prozent) zu verwenden sei. Die folgende Entscheidung des Landessozialgerichts (Revision beim BSG anhängig) zeigt, dass dies möglich ist aber kaum einen praktikablen Weg darstellt:

„I. Auf die Berufung der Klägerin werden unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26.11.2009
1. die Bescheide des Beklagten vom 13.02.2007, 14.02.2007 und 14.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des weiteren Änderungsbescheides vom 29.04.2009 betreffend die Leistungen für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007 aufgehoben und
2. unter Abänderung der Bescheide des Beklagten vom 23.04.2007, 14.08.2007, 22.10.2007, 14.02.2008, 07.05.2008, 03.07.2008 und 15.12.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.12.2007 und 25.09.2008 und in der Fassung der weiteren Änderungsbescheide vom 29.04.2009 der Beklagte verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 9,88 EUR für Februar 2008 und in Höhe von jeweils 0,12 EUR für die Monate Juli bis November 2008 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Beklagte hat der Klägerin ein Fünftel der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe der vom Beklagten und Berufungsbeklagten im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für einen Ein-Personen-Haushalt in München im Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 30.11.2008 zu übernehmenden angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die 1959 geborene Klägerin und Berufungsklägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum alleine eine Wohnung mit 48 qm Wohnfläche in der M. in München. Nach dem Mietvertrag vom 27.03.2006 hatte sie einen Mietzins von monatlich 690 EUR zuzüglich einer Abschlagszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 55 EUR, insgesamt einen Gesamtbetrag von 745 EUR monatlich, zu bezahlen. Die monatlich an die Stadtwerke München zu leistenden Vorauszahlungen für Gas betrugen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum jeweils 97 EUR, mit Ausnahme des Monats Februar 2008, in dem die Klägerin keine Vorauszahlung, sondern eine Nachzahlung aufgrund der Jahresabrechnung in Höhe von 107 EUR für Gas zu leisten hatte.
Im Zeitraum vom 13.06.2006 bis zum 28.02.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und berücksichtigte dabei die von der Klägerin zu zahlende Miete in voller Höhe.
Mit Schreiben vom 29.08.2006 informierte der Beklagte die Klägerin darüber, dass ihre Kaltmiete mit derzeit 690 EUR um einen Betrag von 292,70 EUR über der für die Haushaltsgröße der Klägerin angemessenen Mietobergrenze von 397,30 EUR liege. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich ab sofort intensiv um die Senkung ihrer Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 01.03.2007 könnten die Unterkunftskosten nur noch im Rahmen der Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete in Höhe von 397,30 EUR berücksichtigt werden. Am 16.12.2006 richtete der Beklagte an die Klägerin ein im Wesentlichen gleich lautendes Schreiben, das jedoch die Absenkung auf die Angemessenheitsgrenze bereits zum 01.01.2007 androhte.
Mit Bescheid vom 19.12.2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.05.2007 in Höhe von 1158 EUR monatlich. Darin waren Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 813 EUR monatlich enthalten.
Mit Bescheid vom 13.02.2007 entschied der Beklagte, die Grundmiete werde ab dem 01.03.2007 auf die angemessene Mietobergrenze der Stadt München abgesenkt. Mit einem weiteren „Änderungsbescheid“ vom 13.02.2007 setzte der Beklagte die Höhe der monatlich bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 31.05.2007 auf monatlich 865,30 EUR herab. Darin waren KdU in Höhe von 520,30 EUR enthalten. Am 17.02.2007 legte die Klägerin gegen beide Bescheide Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 07.02.2007 setzten die Stadtwerke München die Höhe der künftig anfallenden Vorauszahlungen für Erdgas auf monatlich 97 EUR fest.
Mit Bescheid vom 14.02.2007 bewilligte der Beklagte die Übernahme der von der Klägerin ab März 2007 an die Stadtwerke zu zahlenden Abschläge für Erdgas in Höhe von 68 EUR, nicht aber in der vollen Höhe von 97 EUR. Begründet wurde diese Beschränkung damit, ab dem 01.01.2007 betrage der monatliche Pauschalbetrag für Erdgas für einen Haushalt mit einer oder zwei Personen 68 EUR. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 21.02.2007 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 23.04.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.06.2007 bis zum 30.11.2007 in Höhe von 865,30 EUR monatlich. In diesem Betrag waren KdU in Höhe von 520,30 EUR enthalten. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 08.05.2007 Widerspruch ein.
Mit Änderungsbescheid vom 14.08.2007 erhöhte der Beklagte die im Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 31.05.2007 bewilligten Leistungen für KdU auf monatlich 564,45 EUR und dementsprechend den Gesamtbetrag der Leistungen auf monatlich 909,45 EUR. Mit Bescheid vom selben Tag erfolgte eine Leistungserhöhung im gleichen Umfang für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2007 einschließlich einer Anpassung an die auf 347 EUR erhöhte Regelleistung für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 30.11.2007. Hintergrund der Erhöhung der KdU war laut einem Aktenvermerk vom 30.08.2007 ein Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 18.07.2007 (Az. L 7 B 341/07 AS ER). Der Betrag von 564,45 EUR setzte sich zusammen aus 441,45 EUR angemessener Grundmiete + 55 EUR Nebenkostenvorauszahlung + 68 EUR angemessener Heizkostenvorauszahlung. Am 22.08.2007 legte die Klägerin gegen beide Bescheide Widerspruch ein.
Am 22.10.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.05.2008 in Höhe von monatlich 911,45 EUR, worin KdU in Höhe von 564,45 EUR enthalten waren. Dagegen legte die Klägerin am 02.11.2007 Widerspruch ein.
Am 06.02.2008 erhielt die Klägerin die Jahresabrechnung der Stadtwerke München. Darin war eine Restforderung in Höhe von 190,91 EUR ausgewiesen, die am 25.02.2008 fällig wurde. Die für die Zeit ab März 2008 bis Januar 2009 fällig werdenden Abschlagszahlungen für Erdgas wurden auf monatlich 117 EUR festgesetzt. Mit Schreiben vom 11.02.2008 senkten die Stadtwerke München die künftige Abschlagszahlung für Strom und Erdgas auf den bislang geltenden Betrag.
Mit Schreiben vom 11.02.2008 legte die Klägerin die Jahresabrechnung der Stadtwerke München vom 06.02.2008 vor und beantragte die Übernahme des in dem Nachzahlungsbetrag enthaltenen Anteils für Gas in Höhe von 107 EUR. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 14.02.2008 entsprechend diesem Antrag die Übernahme des Nachzahlungsbetrages in Höhe von 107 EUR.
Mit Bescheid vom 07.05.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2008 bis zum 30.11.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Darin waren KdU in Höhe von monatlich 564,45 EUR enthalten. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13.05.2008 Widerspruch ein.
Mit Änderungsbescheid vom 03.07.2008 erhöhte der Beklagte die bewilligten KdU für die Zeit vom 01.07.2008 bis zum 30.11.2008 auf monatlich 572,21 EUR. Als Grund wurde angegeben, dass zum 01.07.2008 die Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete für Ein-Personen-Haushalte auf 449,21 EUR erhöht worden sei. Der Betrag von 572,21 EUR setzte sich also zusammen aus 449,21 EUR angemessener Grundmiete + 55 EUR Nebenkostenvorauszahlung + 68 EUR angemessener Heizkostenvorauszahlung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2007 Gz. W-3197/07 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.02.2007 über die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.08.2007 als unbegründet zurück. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 10.12.2007 Gz. W-1290/07 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.04.2007 über die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2007 in der Fassung der Änderungsbescheides vom 14.08.2007 als unbegründet zurück. Gegen beide Widerspruchsbescheide erhob die Klägerin am 19.12.2007 beim Sozialgericht München (SG) Klage mit dem Antrag, die Grundmiete möge in voller Höhe von 690 EUR berücksichtigt werden (Az. S 55 AS 2699/07).
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008 Gz. W 3242/07 wies der Beklagte den Widerspruch gegen beide Änderungsbescheide vom 14.08.2007 betreffend KdU in den Zeiträumen vom 01.03. bis zum 31.05.2007 und vom 01.06. bis zum 30.11.2007 als unbegründet zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 20.10.2008 beim SG Klage (Az. S 55 AS 2535/08).
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008 Gz. W 2986/07 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.10.2007 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.05.2008 als unbegründet zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 20.10.2008 beim SG Klage (Az. S 55 AS 2534/08).
Mit einem dritten Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008 Gz. 1633/08 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.05.2008 über die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.07.2008 als unbegründet zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 20.10.2008 beim SG Klage (Az. S 55 AS 2536/08).
Mit Änderungsbescheid vom 15.12.2008 erhöhte der Beklagte die KdU für die Zeit vom 01.10. bis zum 30.11.2008 vorläufig auf 594,88 EUR monatlich. Die Erhöhung wurde damit begründet, dass als Pauschale für die angemessenen Gaskosten ein Betrag von 90,67 EUR (berechnet aus 97 EUR abzüglich 6,33 EUR Warmwasserpauschale) vorläufig übernommen werde.
Mit Änderungsbescheid vom 29.04.2009 erhöhte der Beklagte für die Zeit vom 01.03. bis zum 31.05.2007 die KdU auf monatlich 587,12 EUR. Die Erhöhung wurde damit begründet, dass die ab März 2007 monatlich fällige Abschlagszahlung für Gas von 97 EUR (abzüglich Warmwasser-Pauschale) berücksichtigt werde. Mit einem zweiten Änderungsbescheid vom 29.04.2009 erhöhte der Beklagte die KdU für die Zeit vom 01.06.2007 bis zum 30.11.2007 auf monatlich 587,12 EUR, mit einem dritten Änderungsbescheid vom 29.04.2008 erhöhte er die KdU für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.05.2008 auf monatlich 587,12 EUR und mit einem vierten Änderungsbescheid vom 29.04.2008 erhöhte er die KdU für den Monat Juni 2008 auf 587,12 EUR und für die Monate Juli bis September 2008 auf jeweils 594,88 EUR.
Das SG hat die vier o. g. Verfahren mit Beschluss vom 26.11.2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und seitdem unter dem Az. S 55 AS 2536/08 fortgeführt.
Mit Urteil vom 26.11.2009 Az. S 55 AS 2536/08 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. In den Gründen heißt es, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme ihrer Nettokaltmiete in Höhe von 690 EUR. Zur Überzeugung des Gerichts habe die Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete für Ein-Personen-Haushalte in München von März 2007 bis Juni 2008 bei 441,50 EUR und ab Juli 2008 bei 449,21 EUR gelegen. Die angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt liege bei 50 qm. Unter Ausnutzung der in den Mietspiegeln 2007 und 2009 für einfache Wohnverhältnisse möglichen Abschläge ergäben sich Quadratmeterpreise, die bei 50 qm Wohnfläche zu einer Miete unterhalb der von der Beklagten angewandten Angemessenheitsgrenze führten. Das Urteil ist der Klägerin am 29.01.2010 zugestellt worden.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des SG zwischen dem Samstag, dem 20.02.2010, und dem Montag, dem 22.02.2010, beim LSG Berufung eingelegt.
Das LSG hat mit Schreiben vom 23.06.2010 den Beklagten aufgefordert, das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geforderte schlüssige Konzept zur Begründung der Angemessenheitsgrenze für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum darzulegen.
Mit Schreiben vom 07.07.2010 hat der Beklagte hierzu mitgeteilt, aufgrund der Entscheidung des BSG vom 19.02.2009 (Az. B 4 AS 30/08) sei die für Ein-Personen-Haushalte geltende Angemessenheitsgrenze auf der Basis einer Wohnung mit 50 qm Wohnfläche neu berechnet worden. Die Berechnung sei auf der Grundlage des Mietspiegels 2009 erfolgt. Aus der Tabelle 2 des Mietspiegels 2009 ergebe sich für eine Wohnung mit 50 qm Wohnfläche ein durchschnittlicher Preis von 11,45 EUR pro Quadratmeter. Davon seien jedoch, um den Preis einer Wohnung einfacher Ausstattung zu ermitteln, Abschläge in Höhe von insgesamt 2,78 Euro für folgende preismindernde Faktoren vorzunehmen: alter Boden (-0,41 EUR), Hochhaus (-0,92 EUR), einfache Warmwasserversorgung (-0,38 EUR), Wohnung mit dezentral betriebenen Strom- oder Gasheizungen (-0,49 EUR), kein gekacheltes Bad (-0,34 EUR) sowie Verkehrsbelastung in durchschnittlicher Wohnlage (-0,24 EUR). Vermindert um diese Abschläge ergebe sich ein Quadratmeterpreis von 8,67 EUR, was multipliziert mit 50 qm zu einer angemessenen Wohnungsmiete von 433,50 EUR führe. Dieser Wert liege immer noch unterhalb der vom Beklagten angewandten Angemessenheitsgrenze von 449,21 EUR. Mit Schreiben vom 14.07.2010 hat das Gericht den Beklagten um Darlegung gebeten, wie in seinem Konzept sichergestellt sei, dass Wohnungen mit den von ihm bei Anwendung des Mietspiegels vorgenommenen Abschlägen vom Durchschnittspreis überhaupt beziehungsweise in welcher Anzahl existierten. Es bestünden Zweifel, ob Wohnungen mit der vom Beklagten angewandten Kombination von Kriterien auf dem Mietmarkt in ausreichender Anzahl zur Verfügung stünden.
Mit Schreiben vom 27.08.2010 hat der Beklagte dazu vorgetragen, die von ihm vorgenommenen Abschläge von den durchschnittlichen Kosten bildeten eine zumutbare Wohnung des unteren Mietpreisniveaus ab. Diese Wohnung liege in den unteren Etagen eines Hochhauses, wie diese z. B. in den Stadtvierteln Neuperlach, Hasenbergl, Milbertshofen (Olympisches Dorf), Englschalking (Fideliopark, Cosimapark), Hadern mit der Blumenau, Bogenhausen mit Johanneskirchen Nord (insb. Freischützstraße) zu finden seien.
Weiter hat der Beklagte ausgeführt, würde man andere Kriterien wie z. B. einen Wohnblock (-0,55 EUR statt -0,92 EUR) zur Beschreibung einer fiktiven aber abstrakt angemessenen Wohnung zugrunde legen, wären zusätzliche Abschlagskriterien für einen einfachen Bau zwischen 1949 und 1978 (-0,42 EUR) zu berücksichtigen (vgl. Mietspiegel S. 11 und 14). Solche einfache Bauten hätten in der Regel keinen Aufzug (-0,21 EUR) und keine Gegensprechanlage (-0,60 EUR). Damit würde sich ein Quadratmeterpreis einer fiktiven, aber angemessenen Wohnung von 7,82 EUR ergeben, die zu einem abstrakt angemessenen Richtwert von 391 EUR und zuzüglich des Alterszuschlags von 2,2 % zu einem Richtwert von 399,60 EUR, statt jetzt 449,21 EUR, führen würde.
Die Landeshauptstadt München (LHS München), deren Vorbringen sich der Beklagte zu eigen macht, hat ausgeführt, die von ihr vorgenommenen Abschläge entsprächen einem Anteil von weniger als einem Viertel (23,64 %) der Durchschnittsmiete. Die Prüfung des allgemein zugänglichen Mietmarktes (z. B. durch Internetabfrage oder Sichtung von Zeitungsanzeigen) ergebe, dass auch derzeit mehr als 400 Wohnungsangebote zu einer Kaltmiete von 449,21 EUR zur Verfügung stünden.
Im Übrigen ist die LHS München der Auffassung, das BSG habe in seiner Entscheidung vom 19.02.2009 (Az. B 4 AS 30/08 R) die damals für einen Ein-Personen-Haushalt in München angewandte Angemessenheitsgrenze von 429,50 EUR sogar als zu hoch eingeschätzt.
Mit Schreiben vom 23.09.2010 hat das Gericht den Beklagten gefragt, wie hoch nach den Mietspiegeln 2007 und 2009 der prozentuale Anteil der Wohnungen mit einer Wohnfläche von um die 50 qm sei, deren Miete die Mietobergrenze des Beklagten nicht überschreite.
In Antwort auf das richterliche Schreiben vom 23.09.2010 hat die LHS München mit Schreiben vom 03.11.2010 eine Auswertung der Vermietungsangebote der Süddeutschen Zeitung vorgelegt. Die Auswertung bezog sich auf das zweite Quartal 2009 und umfasste 749 Zeitungsanzeigen. Danach habe sich bei den Wohnungen von 45 bis 55 qm der Anteil der Angebote mit einer Nettokaltmiete von bis zu 400 EUR auf 0,3 %, der Anteil der Angebote mit einer Nettokaltmiete von 400 bis 450 EUR auf 1,7 % und der Anteil der Angebote mit einer Nettokaltmiete von 450 bis 500 EUR auf 10 % belaufen. Bei einer Wohnungsgröße von 35 bis 45 qm habe der Anteil der Angebote von bis zu max. 450 EUR Nettokaltmiete bei 32,7 % gelegen.
Mit Schreiben vom 14.01.2011 hat die LHS München eine Auswertung der Vermietungsangebote der Süddeutschen Zeitung aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 vorgelegt. Danach habe der Anteil der Wohnungen von bis zu 450 EUR Nettokaltmiete zwischen 45 und 55 qm im Jahr 2006 bei 3,5 %, im Jahr 2007 bei 4,1 % und im Jahr 2008 bei 6,1 % gelegen. Darüber hinaus habe man am 11.01.2011 eine Auswertung der Angebote bei der Internet-Plattform Immobilienscout24 vorgenommen. Von 156 Angeboten mit Wohnflächen von 0 – 55 qm und einer Nettokaltmiete von max. 449,21 EUR wiesen 6 Angebote Wohnflächen mit 45 bis 53 qm auf. Davon lägen 4 Wohnungen genau bei bzw. über 50 qm. Dies entspreche einem Anteil von 3,85 % bzw. 2,7 %. Da davon ausgegangen werden könne, dass in den letzten Jahren in etwa ein ähnlich umfangreiches Angebot auf Immobilien-scout24 vorhanden gewesen sei, ergebe sich zusätzlich zu den Zahlen aus der Auswertung des Angebots der Süddeutschen Zeitung (4,1 % im Jahr 2007) ein Anteil von ca. 8 % für Wohnungen von 45 qm bis 55 qm. Dabei seien Angebote anderer Medien noch gar nicht erfasst. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Anzahl der SGB II-Empfänger an der Einwohnerzahl von München nur 5,3 % betrage, wobei nur ein geringer Anteil der SGB II-Empfänger gerade eine neue Wohnung suche.
Mit Schreiben vom 22.07.2011 hat das Gericht den Beklagten darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des BSG die Angemessenheitsgrenze nicht für die Netto- sondern für die Bruttokaltmiete (also inkl. kalter Betriebskosten, aber ohne Heizkosten) zu bilden sei und dass die Überlegungen des Beklagten zur Bildung eines schlüssigen Konzeptes insoweit zu ergänzen seien. Der Beklagte hat auf diesen Hinweis nicht reagiert.
Am 09.11.2011 hat der Senat eine erste mündliche Verhandlung abgehalten und dabei erörtert, dass das bis dahin vom Beklagten vorgelegte Zahlenmaterial nicht ausreichend sei, um die von ihm angewandte Mietobergrenze zu belegen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie viele Wohnungen, die die vom Beklagten zur Berechnung der Mietobergrenze angewandten Kriterien erfüllten, tatsächlich zur Verfügung stünden. Dem Beklagten hat das Gericht aufgegeben, statistisch valides Zahlenmaterial vorzulegen. Daraus solle sich insbesondere ergeben, wie viele Wohnungen hinter den einzelnen Tabellenwerten des Mietspiegels für München von 2007 und 2009 bei Wohnungen um 50 qm stünden. Zu beantworten seien die Fragen, wie hoch der Anteil der Wohnungen um 50 qm im Zeitraum März 2007 bis November 2008 sei, die den Kriterien des Beklagten entsprächen, wie die Höhe der Abschläge pro Kriterium zustande komme, wie viele Wohnungen es gebe, die diesen Kriterien einzeln entsprächen und wie viele Wohnungen bei Kombination der Abschlagskriterien zur Verfügung stünden. Daraufhin hat der Senat die Verhandlung vertagt.
Mit Schreiben vom 05.12.2011 hat der Beklagte unter Bezugnahme auf ein Schreiben der LHS München vom 02.12.2011 mitgeteilt, bei dem Münchner Mietspiegel handele es sich nicht um einen Tabellenmietspiegel, sondern um einen so genannten Regressionsmietspiegel. Während bei der Erstellung eines Tabellenmietspiegels mindestens 30 Beobachtungen pro Zelle vorliegen müssten, werde bei einem Regressionsmietspiegel jede Aussage von der Gesamtstichprobe gestützt. Die Frage des Gerichts, wie viele Wohnungen hinter den einzelnen Tabellenwerten des Mietspiegels für München für 50 qm stünden, sei deshalb nicht zu beantworten. Beim Mietspiegel 2009 handele es sich lediglich um eine Fortschreibung des Mietspiegels 2007 anhand des Verbraucherpreisindexes. Die Frage des Gerichts, wie hoch der Anteil der Wohnungen um 50 qm Wohnfläche im Zeitraum März 2007 bis November 2008 gewesen sei, die den Kriterien des Beklagten entsprachen, sei nicht zu beantworten, weil der Mietspiegel hierzu keine Aussage treffe. Der Anteil der Wohnungen, die ein einzelnes Mietpreisabschlagskriterium nach dem Mietspiegel erfüllten, wurde für alle angewandten Kriterien beziffert. Allerdings könne die Frage, wie hoch der Anteil der Wohnungen sei, die alle bei der Mietpreisberechnung vom Beklagten kombinierten Kriterien gleichzeitig erfüllten, nicht beantwortet werden. Dies sei jedoch unerheblich, da es ja viele solcher möglichen Kriterienkombinationen gebe. Der Münchner Mietspiegel 2007 beruhe auf einer Stichprobe von 3.057 Wohnungen. In der Stichprobe befänden sich 199 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 48 bis 52 qm.
Unter Nr. 7 des Schreibens der LHS München vom 02.12.2011 ist ausgeführt, als durchschnittliche „kalte“ Betriebskosten sei ein Betrag von 1,48 EUR pro qm zu berücksichtigen. Dieser Wert berechne sich anhand der auf Seite 7 des Mietspiegels 2007 ausgewiesenen Durchschnittswerte für die Posten Wasser bis Hausbeleuchtung, Hausmeister und Reinigung der Heizung; nicht berücksichtigt seien Aufzug, Waschmaschine und Gartenpflege.
Mit Schreiben vom 24.01.2012 hat die LHS München dem Gericht auf dessen Anforderung hin einen Datenträger mit den anonymisierten Daten übermittelt, die für den Mietspiegel 2007 erhoben worden waren.
Mit Beweisanordnung vom 22.02.2012 hat das Gericht den Inhaber des Lehrstuhls für Statistik und ihre Anwendungen in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der L.-Universität A-Stadt, Prof. Dr. D., zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstellung eines Gutachtens zu folgenden Beweisfragen beauftragt:
„1. Welchen Anteil hatten nach dem Mietspiegel 2007 bzw. dem diesem zugrunde liegenden Datenmaterial a. die Wohnungen mit einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm, die kumulativ folgende Kriterien erfüllten: 1. alter Boden 2. Hochhaus 3. einfache Warmwasserversorgung 4. dezentral betriebene Strom- oder Gasheizung 5. kein gekacheltes Bad 6. Verkehrsbelastung in durchschnittlicher Wohnlage b. die Wohnungen mit einer Wohnfläche von „um die“ 50qm, die kumulativ folgende Kriterien erfüllten: 1. Wohnblock 2. einfacher Bau zwischen 1949 und 1978 3. kein Aufzug 4. keine Gegensprechanlage c. die Wohnungen mit einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm, die entweder kumulativ die unter a genannten Kriterien oder kumulativ die unter b genannten Kriterien erfüllten? Dabei soll explizit angegeben werden, wie die Maßgabe „um die“ 50 qm umgesetzt wurde, also etwa „von 48 bis 52“ oder „von 45 bis 55“ oder „von 40 bis 60“, und wie sich die Ergebnisse bei Erweiterung der Spanne ändern. Dies kann in Form einer tabellarischen Angabe geschehen.
2. Wie groß war nach dem für den Mietspiegel 2007 ermittelten Datenmaterial unter Berücksichtigung geeigneter Preissteigerungskoeffizienten a. im Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 30.06.2008 der Anteil der Wohnungen mit einer Bruttokaltmiete (ohne Heiz- und Warmwasserkosten) von bis zu 496,45 EUR und einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm b. im Zeitraum vom 01.07.2008 bis zum 30.11.2008 der Anteil der Wohnungen mit einer Bruttokaltmiete (ohne Heiz- und Warmwasserkosten) von bis zu 504,21 EUR und einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm
an allen mietspiegelrelevanten Wohnungen mit einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm? Die Berechnung ist vereinfachend für die Stichtage 01.07.2007 (zu Teilfrage a) und 01.07.2008 (zu Teilfrage b) durchzuführen. Auch hier soll die Datenauswertung explizit den Einfluss der Einschränkung „um die“ 50 qm auflisten, wie in Frage 1 gefordert. Basierend auf der Auswertung werden Sie gebeten, einen eigenen Vorschlag zur statistisch sinnvollen Eingrenzung der Wohnungen von „um die“ 50 qm Wohnfläche zu machen und zu begründen. Als geeigneter Preissteigerungskoeffizient ist der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde zu legen.
3. Wo lag unter Zugrundelegung des Datenmaterials für den Mietspiegel 2007 und geeigneter Preissteigerungskoeffizienten im Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 30.11.2008 die geringste Bruttokaltmiete, die von 20 % aller Wohnungen mit einer Wohnfläche von „um die“ 50 qm nicht überschritten wurde? Wie unter Punkt 1 und 2 ist auch hier aufzuzeigen, wie die Ergebnisse sich bei unterschiedlicher Definition der Spanne „um die“ 50 qm ändern. Die Berechnung ist vereinfachend für die Stichtage 01.07.2007 und 01.07.2008 durchzuführen. Hinsichtlich der geeigneten Preissteigerungskoeffizienten siehe Frage 2.
4. Welche statistischen Aussagen sind möglich hinsichtlich der unter Fragen 2 und 3 ermittelten Wohnungen a. hinsichtlich der Verteilung ihrer Qualitätsmerkmale und b. hinsichtlich ihrer geographischen Verteilung auf die Stadtbezirke?
5. Bei allen unter 1 bis 4 ermittelten Ergebnissen ist die Angabe von Vertrauensintervallen mit zugehöriger Angabe des Vertrauensniveaus erforderlich, und Sie werden gebeten, diese anschaulich auch für einen statistischen Laien verständlich zu interpretieren. Auf welchem Signifikanzniveau ist die Hypothese zulässig, dass die vorstehend unter Fragen 1 bis 4 ermittelten Ergebnisse der tatsächlichen Verteilung in der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanten Wohnungen in München entsprachen? Sie werden gebeten, in diesem Zusammenhang auf die Probleme der Repräsentativität der Stichprobe sowie der Stichprobengröße einzugehen.“
In seinem Gutachten vom 15.03.2012 hat der Sachverständige Prof. Dr. D. zunächst dargelegt, wie er aus dem Datenmaterial für den Mietspiegel 2007 die für die Beantwortung der Beweisfragen maßgebliche Datengrundlage ermittelt hat. Er habe zur Festlegung des Bereiches von Wohnungen „um die 50 qm“ auf das sog. Kernregressionsverfahren zurückgegriffen und damit den Bereich der einzubeziehenden Wohnungen auf eine Wohnfläche von 46 bis 54 qm Wohnfläche bestimmt, wobei die Wohnungen in der Auswertung unterschiedliches Gewicht erhalten hätten in Abhängigkeit von ihrem Abstand zur mittleren Wohnfläche von 50 qm. Die Wohnungen mit genau 50 qm würden dabei mit dem Faktor 1 gewichtet, die Wohnungen mit einer Wohnfläche größer oder kleiner als 50 qm mit einem Faktor 1, der mit zunehmendem Abstand von 50 qm abnehme. Die Gewichtungsfaktoren stammten aus dem sog. Epanechnikov-Kern und wiesen daher eine mathematische Optimalität auf. Insgesamt ergäben sich 331 Wohnungen von 46 bis 54 qm, deren Gewichtungsfaktoren sich auf 242,88 summierten, so dass sich die nachfolgenden Analysen auf einen Informationsgehalt von ca. 243 mitspiegelrelevanten Wohnungen bezögen. Da das Datenmaterial des Mietspiegels 2007 Mietpreisangaben zum Stichtag 01.01.2006 enthalte, habe er diese Angaben mit Hilfe des Verbraucherpreisindexes des Deutschen Statistischen Bundesamtes auf die in der Beweisanordnung genannten Stichtage 01.07.2007 (Index 103,48) und 01.07.2008 (Index 106,85) umgerechnet.
Die unter Nrn. 1.a und b der Beweisfragen genannten Kombinationen preismindernder Kriterien würden von keiner einzigen Wohnung aus der Stichprobe erfüllt. Statistisch lasse sich bei einem Konfidenzniveau von 95 % sagen, dass in München der Anteil solcher Wohnungen zwischen 0 und 1,1 % lag.
Bezüglich der folgenden Fragen hat der Sachverständige, wie er später mit Schreiben vom 22.03.2012 klargestellt hat, nicht – wie in der Beweisanordnung gefordert – für die Bruttokaltmieten, sondern für die Nettokaltmieten (ohne kalte Betriebskosten) durchgeführt, weil die ihm übermittelten Daten nur die Nettokaltmieten ausgewiesen hätten und die „kalten“ Betriebskosten den Datensätzen nicht zu entnehmen gewesen seien. Auf dieser Basis hat der Sachverständige zur Beweisfrage 2 geantwortet: – Zum Stichtag 01.07.2007 werde die Nettokaltmiete von 441,45 EUR von 29,3 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten. Es ergebe sich ein Konfidenzintervall von 23,6 % bis 35,5 % auf 95 % Konfidenzniveau. In der Grundgesamtheit liege also der Anteil der Wohnungen bis 441,45 EUR Nettokaltmiete mit einem Vertrauensniveau von 95 % im Bereich zwischen 23,6 % und 35,5 %. – Zum Stichtag 01.07.2008 werde die Nettokaltmiete von 449,21 EUR von 27,5 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten. Es ergebe sich ein Konfidenzintervall von 22,1 % bis 33,8 % auf 95 % Konfidenzniveau.
Die unter Beweisfrage 3 erfragten 20 %-Grenzen hat der Sachverständige unter Zugrundelegung der Nettokaltmieten bestimmt, wobei das Gutachten vom 15.03.2012 zusammen mit der Fehlerkorrektur durch Schreiben des Sachverständigen vom 22.03.2012, erneut korrigiert durch Schreiben vom 03.04.2012, wie folgt zu lesen ist: – Zum Stichtag 01.07.2007 habe die Nettokaltmiete, die von 20 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten worden sei, bei 396,01 EUR gelegen. Zu dieser Größe lasse sich ein 95 %-Konfidenzintervall angeben, das sich realisiere zu [364,8; 427,2]. Es lasse sich also sagen, dass 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen „um die 50 qm“ eine Nettokaltmiete zwischen 364 EUR und 427 EUR nicht überschritten bei einem Konfidenzniveau von 95 %. Die Aussage lasse sich auch als einseitiges Konfidenzintervall formulieren: Bei einem Konfidenzniveau von 97,5 % werde die Nettokaltmiete von 427 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen unterschritten. – Zum Stichtag 01.07.2008 habe die Nettokaltmiete, die von 20 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten worden sei, bei 408,90 EUR gelegen. Als Konfidenzintervall zu 95 % Vertrauensniveau ergebe sich [376,7; 441,2]. Das heiße bei einseitiger Formulierung, dass eine Nettokaltmiete von 441,2 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen nicht überschritten werde bei einem Konfidenzniveau von 97,5 %.
Die räumliche Verteilung der Wohnungen „um 50 qm“ des unteren Marktsegments hat der Sachverständige in den Tabellen 3 und 4 seines Gutachtens dadurch dargestellt, dass er für jeden Stadtbezirk Werte errechnet hat, aus denen ersichtlich ist, ob und in welchem Ausmaß die Wohnungen „um die 50 qm“ bis zu bestimmten Mietobergrenzen (nämlich bis 350 EUR, bis 450 EUR, bis 550 EUR und bis 650 EUR) im Verhältnis zu den übrigen Stadtbezirken über- oder unterrepräsentiert sind. In der Abbildung 4 seines Gutachtens hat der Sachverständige diese Tabellenwerte in einer Karte visualisiert, indem er die einzelnen Stadtbezirke mit abgestuften Grün- und Rottönen versehen hat.
In der Tabelle 5 seines Gutachtens hat der Sachverständige die Verteilung der Wohnungen „um die 50 qm“ nach Preisklassen und Wohnlagen (einfache, durchschnittliche, gute und beste Lage) dargestellt, in der Tabelle 6 die Verteilung nach Preisklassen und Qualitätsmerkmalen der Wohnung („Hochhaus oder Wohnblock“, „einfacher Altbau“, „einfacher Nachkriegsbau“ und „gehobener Neubau“).
Schließlich hat der Sachverständige unter Nr. 7 seines Gutachtens ausgeführt, dass die für den Mietspiegel 2007 durchgeführte Stichprobe nach dem aktuellen Stand der Forschung gezogen worden sei und deshalb an der Repräsentativität aus statistischer Sicht keine Kritik geäußert werden könne. Die mit der Datenerhebung beauftragte Firma B. GmbH habe moderne und dem aktuellen Wissensstand entsprechende Stichprobenverfahren durchgeführt, die nicht verbesserungsbedürftig seien. Die Stichprobengröße sei von Bedeutung für das Konfidenzintervall: Je größer die Stichprobe, desto kleiner werde für ein gefordertes Konfidenzniveau das Konfidenzintervall; ebenso werde das Konfidenzintervall umso größer, je größer das geforderte Konfidenzniveau bei gleicher Stichprobengröße sei.
Auf Anregung des Gerichts hat die LHS München – im Einvernehmen mit dem Beklagten – bei der B. GmbH, die seinerzeit die Erhebung für den Mietspiegel 2007 durchgeführt hatte und noch über die Rohdaten verfügte, eine Sonderauswertung durchführen lassen, bei der für jede Wohnung des Datensatzes die Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete zuzüglich „kalter“ Betriebskosten – ohne Warmwasser- und Heizungskosten) ermittelt wurde. Das Ergebnis dieser Sonderauswertung hat die LHS München in Form einer Excel-Datei auf Datenträger mit Schreiben vom 30.04.2012 dem Gericht vorgelegt. Diese Daten hat das Gericht mit Schreiben vom 04.05.2012 dem Sachverständigen übermittelt und ihn gebeten, sein zu Nettokaltmieten berechnetes Gutachten nun nach der gleichen Methodik unter Zugrundelegung der Bruttokaltmieten zu erstellen.
Mit Datum vom 22.05.2012 hat der Sachverständige Prof. Dr. D. sein auf der Basis von Bruttokaltmieten erstelltes Gutachten vorgelegt. Er weist zu Beginn seines Gutachtens darauf hin, dass er nun auf der Grundlage von Bruttokaltmieten arbeite, die neben der Nettokaltmiete die sog. kalten Betriebskosten enthielten, die folgende Betriebskostenarten umfassten (sofern vorhanden): Kaminkehrer, Abwasser, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Grundsteuer, Haftpflicht, Hausstrom, Aufzug, gemeinschaftliche Waschküche, Hausmeister, Gartenpflege, Hausreinigung, Schneeräumen, gemeinschaftliche Antenne, Satellitenantenne, Kabelanschluss.
Die Frage 2 der Beweisanordnung vom 22.02.2012 hat er wie folgt beantwortet: – Zum Stichtag 01.07.2007 werde die Bruttokaltmiete von 496,45 EUR von 26,9 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten. Es ergebe sich ein Konfidenzintervall von 21,4 % bis 32,9 % auf 95 % Konfidenzniveau. In der Grundgesamtheit liege also der Anteil der Wohnungen bis 496,45 EUR Bruttokaltmiete mit einem Vertrauensniveau von 95 % im Bereich zwischen 21,4 % und 32,9 %. – Zum Stichtag 01.07.2008 werde die Bruttokaltmiete von 504,21 EUR von 24,8 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten. Es ergebe sich ein Konfidenzintervall von 19,5 % bis 30,7 % auf 95 % Konfidenzniveau.
Die unter Beweisfrage 3 erfragten 20 %-Grenzen hat der Sachverständige unter Zugrundelegung der Bruttokaltmieten wie folgt bestimmt: – Zum Stichtag 01.07.2007 habe die Bruttokaltmiete, die von 20 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten worden sei, bei 460,15 EUR gelegen. Zu dieser Größe lasse sich ein 95 %-Konfidenzintervall angeben, das sich realisiere zu [435,3; 485,0]. Es lasse sich also sagen, dass 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen „um die 50 qm“ eine Bruttokaltmiete zwischen ca. 435 EUR und 485 EUR nicht überschritten bei einem Konfidenzniveau von 95 %. Die Aussage lasse sich auch als einseitiges Konfidenzintervall formulieren: Bei einem Konfidenzniveau von 97,5 % werde die Bruttokaltmiete von 485 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen unterschritten. – Zum Stichtag 01.07.2008 habe die Bruttokaltmiete, die von 20 % der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe nicht überschritten worden sei, bei 475,17 EUR gelegen. Als Konfidenzintervall zu 95 % Vertrauensniveau ergebe sich [449,2; 500,8]. Das heiße bei einseitiger Formulierung, dass eine Bruttokaltmiete von ca. 500 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen nicht überschritten werde bei einem Konfidenzniveau von 97,5 %.
Unter Punkt 4 des Gutachtens vom 22.05.2012 hat der Sachverständige die räumliche Verteilung sowie die Verteilung nach Lage und Qualitätsmerkmalen der Wohnungen „um die 50 qm“ in Abhängigkeit von der Bruttokaltmiete dargestellt. Die Darstellung erfolgte nach der bereits für das Gutachten vom 15.03.2012 geschilderten Methode und umfasste auch eine Visualisierung der Tabellenwerte anhand von Grafiken mit abgestuften Grün- und Rottönen.
Die Klägerin macht geltend, der Mietspiegel gehe an der Wirklichkeit des Münchner Wohnungsmarktes vorbei. Die Erhebung sei nicht repräsentativ, da über 100.000 zufällig ausgewählte Telefonnummern, die angerufen wurden, nur zu einer Stichprobe von 3.000 Wohnungen geführt habe. Der Mietspiegel der Stadt München sei im Interesse der Mieter daran ausgerichtet, die Mieten niedriger erscheinen zu lassen, um die Mieter vor weiteren Mieterhöhungen zu bewahren. Weiter erfasse der Mietspiegel Bestandswohnungen, die viel billiger seien als die jeweils neu zur Vermietung angebotenen Wohnungen, auf die sich die Klägerin hätte verweisen lassen müssen. Die Mieten in München seien in den letzten Jahren so rasant gestiegen, dass diese Entwicklung in den Mietspiegeln nicht abgebildet worden sei. Aus den Wohnungsanzeigen der Süddeutschen Zeitung ergebe sich für das von ihr bewohnte Viertel der M. eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 14,20 EUR pro Quadratmeter. In günstigeren Vierteln wie Sendling liege der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei mindestens 12 EUR, was bei einer ihr zustehenden Wohnungsgröße von 50 qm immer noch einen Betrag von 600 EUR ergäbe. Sie selbst wohne im Übrigen nicht in einer „schicken“ Altbauwohnung, sondern in einem „Arbeiterwohnungsaltbau“ aus den siebziger Jahren ohne Parkett, Stuck oder Ähnlichem.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 1. das Urteil des SG vom 26.11.2009 aufzuheben und 2. zu erkennen, dass die angemessene monatliche Grundmiete für ihre Wohnung in vollem Umfang zu übernehmen sei.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung gegen das die Klage vollständig abweisende Urteil ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Anträge der Klägerin sind gemäß § 123 SGG so auszulegen, dass sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des SG vom 26.11.2009 1. die Bescheide des Beklagten vom 13.02.2007, 14.02.2007 und 14.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des weiteren Änderungsbescheides vom 29.04.2009 betreffend die Leistungen für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007 aufzuheben und 2. unter Abänderung der Bescheide des Beklagten vom 23.04.2007, 14.08.2007, 22.10.2007, 14.02.2008, 07.05.2008, 03.07.2008 und 15.12.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.12.2007 und 25.09.2008 und in der Fassung der weiteren Änderungsbescheide vom 29.04.2009 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2007 bis um 30.11.2008 Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu bezahlen.
Soweit die Klägerin die Übernahme ihrer Kosten für Unterkunft und Heizung in voller Höhe für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007 begehrt, ist die Klage nach dem Klageziel (§ 123 SGG) als reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG auszulegen. Denn für diesen Zeitraum waren der Klägerin bereits mit Bescheid vom 19.12.2006 KdU in Höhe von 813 EUR – unter Berücksichtigung der tatsächlichen Grundmiete von 690 EUR – bewilligt worden. Die angefochtenen Änderungsbescheide vom 13.02.2007 hoben diese Bewilligung teilweise auf. Die Klägerin erreicht ihr Klageziel deshalb bereits allein durch Aufhebung dieser Änderungsbescheide.
Die von der Klägerin vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Kosten für Unterkunft und Heizung ist rechtlich möglich, zumindest für laufende Verfahren über Bewilligungsabschnitte, die vor Inkrafttreten der Neufassung des § 19 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 abgeschlossen waren (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2011 Az. B 4 AS 19/11 R Rdnr. 11).
Zu Nr. 1: Leistungszeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007
Die Berufung ist begründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der Bescheide des Beklagten vom 13.02.2007, 14.02.2007 und 14.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des weiteren Änderungsbescheides vom 29.04.2009 betreffend die Leistungen für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 31.05.2007 beantragt. Insoweit hat das SG die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Die Anfechtungsklage richtet sich gegen den Absenkungs- und den Änderungsbescheid vom 13.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007. Die Änderungsbescheide vom 14.02. und 14.08.2007 wurden gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, der Änderungsbescheid vom 29.04.2009 wurde gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage.
Die Anfechtungsklage ist begründet. Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 19.12.2006 und die Reduzierung der bewilligten KdU kommt lediglich § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Auf § 48 SGB X lässt sich die Aufhebung nicht stützen, weil eine wesentliche Änderung in den für die Bewilligung maßgeblichen Umständen seit Erlass des Bescheides vom 19.12.2006 nicht eingetreten war. Die Kostensenkungsaufforderungen waren bereits am 29.08. und am 16.10.2006 erfolgt. Geändert hatten sich auch nicht die Umstände, die im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 19.12.2006 für die Prognose betreffend den Bewilligungszeitraum maßgeblich waren: – Der Ablauf der in den Kostensenkungsaufforderungen gesetzten Frist stand bei Erlass des Bescheides vom 19.12.2006 bereits fest. Der Ablauf einer im Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsentscheidung bereits gesetzten Frist zur Kostensenkung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II stellt keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Umstände im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. – Auch die im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 19.12.2006 anzustellende Prognose für den künftigen Verlauf der für die Bewilligung maßgeblichen Umstände wurde durch die nachträgliche Entwicklung bestätigt: Voraussetzung für die Kostensenkungsaufforderung war die Annahme, dass die Klägerin in der Lage sein würde, innerhalb von sechs Monaten ihre Kosten auf das angemessene Maß zu senken. Diese Prognose hat sich bestätigt, die Klägerin wäre zur Kostensenkung in der Lage gewesen, wenn sie ernsthaft nach einer günstigeren Wohnung gesucht hätte. – Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, er sei bei Erlass des Bewilligungsbescheides davon ausgegangen, dass die Klägerin ausreichende Bemühungen zur Kostensenkung entfalten würde, und dass diese Erwartung sich nicht bestätigt habe, was eine Änderung der für den Erlass wesentlichen Umstände darstellen würde. Denn wenn der Beklagte unterstellt hätte, dass die Klägerin ausreichende Bemühungen zur Kostensenkung entfalten würde, hätte er am 19.12.2006 bereits vorausschauend für die Zeit ab dem 01.03.2006 KdU unter Beschränkung auf die angemessenen Kosten bewilligen müssen, weil er davon ausgehen musste, dass diese Bemühungen erfolgreich verlaufen würden. Soweit er ab dem 01.03.2008 die KdU in tatsächlicher Höhe bewilligt hatte, war diese Bewilligung also von Anfang an rechtswidrig.
Als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung kommt deshalb nur § 45 SGB X in Betracht. Da aber die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht erfüllt sind, insbesondere der Bewilligungsbescheid vom 19.12.2006 weder auf vorsätzlichen noch grob fahrlässigen Angaben der Klägerin beruhte noch die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides, die darin lag, dass in dem Bescheid auch über den 01.03.2010 hinaus KdU in tatsächlicher Höhe ohne Beschränkung auf die angemessenen Kosten bewilligt wurden, für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, hatte der Beklagte bei der Rücknahme gemäß § 45 Abs. 1 SGB X sein Ermessen auszuüben. Eine solche Ermessenausübung ist weder in dem Änderungsbescheid vom 13.02.2007 noch in dem die Miete absenkenden Bescheid vom 13.02.2007 noch im Widerspruchsbescheid vom 10.12.2007 Gz. W-3197/07 enthalten. Der Widerspruchsbescheid geht vielmehr fälschlich davon aus, dass es sich bei der Entscheidung vom 13.02.2007 um eine Neubewilligung von Leistungen handelte.
Die angefochtenen Aufhebungsbescheide waren auch formell rechtswidrig, weil ihnen keine Anhörung nach § 24 SGB X vorausgegangen war. Dieser Formfehler ist nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden. Insbesondere ist keine Heilung durch das Widerspruchsverfahren eingetreten, weil in den Gründen keines der beiden angefochtenen Bescheide vom 13.02.2007 auf die Voraussetzungen der §§ 45 und 48 SGB X Bezug genommen wurde, ebenso wenig wie übrigens im Widerspruchsbescheid selbst. Auch während des Gerichtsverfahrens ist die Anhörung nicht im Wege eines förmlichen Verwaltungsverfahrens nachgeholt worden (siehe dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 Az. B 4 AS 37/09 R, Rdnr. 15).
Zu Nr. 2: Leistungszeitraum vom 01.06.2007 bis zum 30.11.2008
Insoweit ist die Berufung der Klägerin im Wesentlichen unbegründet und nur in dem geringen, aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das SG hat die Klage im Wesentlichen zu Recht als unbegründet abgewiesen. Mit Ausnahme der aus dem Tenor ersichtlichen marginalen Korrekturen betreffend Rundungsfehler hat die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung in diesem Teil des streitgegenständlichen Zeitraums.
Streitgegenständlich ist insoweit – für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2007 der Bewilligungsbescheid vom 23.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007; der Änderungsbescheid vom 14.08.2007 wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens; der bezüglich des Änderungsbescheides vom 14.08.2007 ergangene Widerspruchsbescheid vom 25.09.2008 und der Änderungsbescheid vom 29.04.2009 betreffend den Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2007 wurden gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage. – für den Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 31.05.2008 der Bewilligungsbescheid vom 22.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008. Der Änderungsbescheid vom 14.02.2008 betreffend die Übernahme der Nachzahlung für Heizkosten aufgrund der Jahresabrechnung im Februar 2008 wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, der Änderungsbescheid vom 29.04.2009 betreffend den Zeitraum vom 01.12.2007 bis zum 31.05.2008 wurde gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage. – für den Zeitraum vom 01.06. bis zum 30.11.2008 der Bewilligungsbescheid vom 07.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008. Der Änderungsbescheid vom 03.07.2008 wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, die Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und vom 29.04.2008 betreffend den Zeitraum vom 01.10. bis zum 30.11.2008 bzw. vom 01.06. bis zum 30.09.2008 wurden gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage.
Die Klägerin konnte die Übernahme ihrer KdU gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur in dem Umfang verlangen, in dem sie angemessen waren. Sie konnte nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die KdU in tatsächlicher Höhe über den angemessenen Umfang hinaus verlangen. Nach dieser Vorschrift sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Frist beginnt nach der Rechtsprechung erst dann zu laufen, wenn der Hilfebedürftige über die als angemessen anzuerkennenden Kosten informiert worden ist, sofern er eine derartige Kenntnis nicht bereits hat. Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 29.08.2006 aufgefordert, die Kosten auf die Angemessenheitsgrenze zu senken. Später hat er mit Schreiben vom 16.10.2006 diese Aufforderung mit kürzerer Fristsetzung wiederholt. Unschädlich ist, dass der Beklagte in der Kostensenkungsaufforderung die Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete mit 397,30 EUR angegeben hat, was nach den folgenden Ausführungen zu wenig ist. Denn jedenfalls ist weder vorgebracht noch in sonstiger Weise ersichtlich, dass die Angabe einer zu geringen Angemessenheitsgrenze die Klägerin in irgendeiner Weise bei ihren Bemühungen zur Senkung ihrer Unterkunftskosten beeinträchtigt hätte. Allein die objektiv fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSGE 102, 263 Ls. 2 und Rdnr. 40 bei juris). Die Klägerin hat sich ersichtlich überhaupt nicht bemüht, ihre deutlich unangemessenen Kosten in Höhe von 690 EUR Nettokaltmiete abzusenken. Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass die Klägerin Wohnungsangebote, die oberhalb der vom Beklagten angegebenen Grenze von 397,30 EUR lagen, jedoch tatsächlich noch angemessen waren, aufgrund der unzutreffenden Angabe der übernahmefähigen Kosten abgelehnt hätte.
Die Klägerin konnte deshalb ihre Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nur in dem Umfang beanspruchen, in dem sie angemessen waren.
Die vom Beklagten für den Ein-Personen-Haushalt der Klägerin in der Stadt München im konkreten Fall übernommenen Bruttokaltmieten in Höhe von – 441,45 EUR Nettokaltmiete + 55 EUR kalte Betriebskosten = 496,45 EUR für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2008 und – 449,21 EUR Nettokaltmiete + 55 EUR kalte Betriebskosten = 504,21 EUR für den Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.11.2008 waren angemessen.
Zur Ermittlung des Umfangs, in dem Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind, hat sich das Bundessozialgericht seit Beginn seiner Rechtsprechung zum SGB II der Produkttheorie angeschlossen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, BSGE 97,254, Rdnr. 20) und damit an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 12 Bundessozialhilfegesetz i. V. m. § 3 Regelsatzverordnung angeknüpft (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 Az. 5 C 15/04). Danach sind die angemessenen Kosten der Unterkunft als Produkt aus der nach der Personenzahl angemessenen Wohnungsgröße und dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis zu bilden, der für solche Wohnungen zu ermitteln ist, die einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen und die deshalb im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Das Bundessozialgericht hat damit der sog. Kombinationstheorie eine Absage erteilt, nach der alle berücksichtigungsfähigen Faktoren im Bereich der Angemessenheit liegen müssen. Nach der Produkttheorie kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren der konkreten Wohnung des Hilfebedürftigen – wie Wohnungsgröße, Quadratmeterpreis, Ausstattung, Lage etc. – für sich genommen unangemessen sind, solange sich die tatsächlichen Kosten im Rahmen des Produkts bewegen. Sind die tatsächlichen KdU höher als die nach der Produkttheorie als angemessen ermittelte „Referenzmiete“, hat der Hilfebedürftige zumindest Anspruch auf Aufwendungen in Höhe dieser Referenzmiete, d. h. es ist in jedem Fall der Teil der Unterkunftskosten zu zahlen, der nach der Produkttheorie im Rahmen der Angemessenheit liegt (BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263 Rdnr. 28).
Ausgehend von der Produkttheorie gliedert sich die Ermittlung der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft in eine abstrakte und eine konkret-individuelle Prüfung (zu dieser Gliederung BSG, Urteil vom 26.05.2011 Az. B 14 AS 132/10 R):
1. Zunächst sind die angemessenen Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren abstrakt zu ermitteln.
2. Dann ist unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Leistungsberechtigten zu prüfen, ob eine solche abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es nämlich dem Leistungsberechtigten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich und zumutbar, seine Aufwendungen für die Unterkunft auf das angemessene Maß abzusenken.
Hinsichtlich der Bestimmung der abstrakt angemessenen Kosten und des hierbei anzuwendenden mehrstufigen Verfahrens hatte das BSG noch in seinem Urteil vom 07.11.2006 als ersten Schritt angegeben, dass es zunächst der Feststellung bedürfe, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft gemietete Wohnung aufweise, das heißt zu ermitteln sei die Quadratmeterzahl der im Streitfall konkret betroffenen Wohnung (BSGE 97, 254 Rn. 19). Es ist nicht nachvollziehbar, warum das BSG diesen ersten Prüfungsschritt gefordert hatte, weil es nach der Produkttheorie auf die Größe der konkret bewohnten Unterkunft gerade nicht ankommt. In der neueren Rechtsprechung wird dieser Prüfungsschritt nicht mehr aufgegriffen. Stattdessen hat der 14. Senat des BSG das mehrstufige Verfahren bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen Kosten wie folgt beschrieben (BSG, Urteil vom 20.08.2009 Az. B 14 AS 65/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 26, Rdnr. 13): Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Ange- messenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wieviel für eine abstrakt ange- messene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der Ange- messenheitsgrenze aufgrund eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers).
Hinsichtlich der in einem ersten Schritt zu bestimmenden angemessenen Wohnungs- größe hat der 4. Senat des BSG im Fall eines Ein-Personen-Haushalts in München entschieden, dass Wohnungen von bis zu 50 qm Wohnfläche noch als abstrakt angemessen anzusehen sind (BSG, Urteil vom 19.02.2009, BSGE 102, 263 Rdnr. 17). Er hat sich damit der Rechtsprechung des 14. Senats angeschlossen, wonach zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückzugreifen ist, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben. Die Wohnraumförderungsbestimmungen 2003 des Bayerischen Staatsminsteriums des Innern vom 11.11.2002 (AllMBl Nr. 14/2002 S. 971) sahen unter Nr. 81 für Ein-Personen-Haushalte als höchstens angemessene Wohnfläche einen Wert von 40 qm für Ein-Zimmer-Wohnungen und einen Wert von 50 qm für Zwei-Zimmer-Wohnungen vor. Daraus hat das BSG den Schluss gezogen, dass in München eine bis zu 50 qm große Wohnung noch als abstrakt angemessen anzusehen sei, und hat damit die Argumentation des LSG verworfen, wonach in München wegen des dort besonders angespannten Wohnungsmarktes Ein-Personen-Haushalte auf eine Größe von max. 45 qm Wohnfläche verwiesen werden könnten. Der Senat schließt sich der Auffassung des BSG an. Die seit dem 01.01.2008 geltenden Wohnraumförderungsbestimmungen 2008 der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 04.12.2007 (AllMBl 2007, 760) haben unter Nr. 20.2 keine Veränderung bezüglich der angemessenen Wohnfläche für Ein-Personen-Haushalte ergeben.
Als zweiter Schritt ist der räumliche Vergleichsmaßstab festzulegen, innerhalb dessen das durchschnittliche Mietpreisniveau einfacher Wohnungen im unteren Segment des Wohnungsmarktes zu ermitteln ist. Dabei sind ausreichend große Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung zu wählen, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 19.02.2009 Az. B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263 Rdnr. 21). Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die vom Beklagten vorgenommene Heranziehung des gesamten Stadtgebietes München als Vergleichsraum nicht zu beanstanden ist, da dieses Stadtgebiet insbesondere aufgrund seines hervorragend ausgebauten Personen- nahverkehrsnetzes insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Auch das Bundessozialgericht hat es für München für möglich gehalten, das gesamte Stadtgebiet in die Vergleichsbetrachtungen einzubeziehen (BSG, aaO., Rdnr. 22). Sogar für das wesentliche größere Stadtgebiet des Landes Berlin hat das Bundessozialgericht einen homogenen Wohn- und Lebensbereich bejaht (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R, Rdnr. 24).
In einem dritten Schritt ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab der den maßgeblichen Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der abstrakt angemessenen Wohnungs- größe zu multiplizieren und so die abstrakt angemessenen KdU – die sog. „Referenzmiete“ – zu ermitteln (BSG, Urteil vom 22.09.2009 Az. B 4 AS 18/09 R = BSGE 104, 192 Rdnr. 17). Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 Rdnr. 20 und BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 26 Rdnr. 16). Der Datenermittlung des Grundsicherungsträgers hat ein Konzept zugrunde zu liegen, das schlüssig und hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22.09.2009 Az. B 4 AS 18/09 R = BSGE 104, 192 Rdnr. 18). Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt (BSG, aaO., Rdnr. 19): – Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung). – Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, – Angaben über den Beobachtungszeitraum, – Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), – Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, – Validität der Datenerhebung, – Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und – Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannenoberwert oder Kappungsgrenze).
Ob bei der Datenerhebung die Brutto- oder die Nettokaltmiete (also die Grundmiete mit oder ohne „kalte“ Nebenkosten = Betriebskosten) berücksichtigt wird, hat das BSG zunächst dem Grundsicherungsträger freigestellt, solange seine Datenerhebung nur in sich konsistent sei (BSG, Urteil vom 22.09.2009 Az. B 4 AS 18/09 R = BSGE 104, 192, Rdnr. 23). Zu den Heizkosten hat das BSG von Anfang an entschieden, dass insoweit eine eigenständige Angemessenheitsprüfung getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen habe (BSG, Urteil vom 20.08.2009 Az. B 14 AS 65/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 16, Rdnr. 24). Bezüglich der „kalten“ Betriebskosten (ohne Heizkosten) hat das BSG seine Rechtsprechung inzwischen dahingehend konkretisiert, dass diese abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das zur Berechnung der Referenzmiete zu bildende Produkt einzubeziehen sind (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R, Rdnr. 36).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich feststellen, dass zwar der Beklagte selbst kein schlüssiges, nachvollziehbares Konzept vorgelegt hat (dazu nachfolgend I.), dass aber aufgrund der vom Gericht von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen der Nachweis geführt werden kann, dass die im vorliegenden Fall vom Beklagten übernommene Bruttokaltmiete ausreicht, um die angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II abzudecken (dazu nachfolgend II).
I. Der Beklagte verfügt über kein Konzept, das den Anforderungen der BSG-Rechtsprechung an Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit genügt.
1. Für die Zeit bis zum 30.06.2008 hat der Beklagte zunächst auf Anfrage des Gerichts kein Konzept mitgeteilt. Auf eine entsprechende Mahnung des Gerichts hin hat er sich mit Schreiben vom 27.08.2010 diesbezüglich auf den Standpunkt gestellt, das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 19.02.2009 (Az. B 4 AS 30/08 R) die Auffassung vertreten, die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt ermittelte Angemessenheitsgrenze von 429,50 EUR sei bereits zu hoch. Insoweit versteht der Beklagte die zitierte Entscheidung des BSG falsch. Das BSG hat darin lediglich insoweit eine Besserstellung des Klägers gesehen, als der Beklagte in das Produkt zur Bildung der Referenzmiete den Durchschnittswert aller Quadratmeterpreise ohne Beschränkung auf das untere Marktsegment eingestellt hatte (BSG, aaO. Rdnr. 25). Der Beklagte hatte diesen durchschnittlichen Quadratmeterpreis aber mit einer weit unter 50 qm liegenden Wohnfläche – nämlich 32 qm als Durchschnittswert des Bereichs der damals vom Beklagten als angemessen angesehenen Wohnungsgrößen von 20 bis 45 qm – multipliziert (vgl. SG München, Urteil vom 19.09.2006 Az. S 19 AS 548/06 bei https://sozialgerichtsbarkeit.de). Dass die aufgrund dieser Berechnung gefundene Referenzmiete zu hoch oder ausreichend sei, hat das BSG nicht festgestellt. Auf nochmalige Mahnung hin hat der Beklagte mit Schreiben vom 03.11.2010 mitgeteilt, die durchschnittliche Nettokaltmiete einer Wohnung mit 50 qm Wohnfläche habe sich nach dem Mietspiegel 2005 bei 9,60 EUR/qm auf 480 EUR belaufen. Unter Berücksichtigung eines Abschlags von 10 % ergebe sich ein Wert von 432 EUR. Der Wert von 429,50 EUR sei schlüssig, weil er nur geringfügig unterhalb der um einen Abschlag von 10 % verringerten Durchschnittsmiete liege. Die 2005 anwendbare Wohngeldtabelle enthalte einen Mietpreis von 370 EUR, der bei Erhöhung um 10 bis 15 % immer noch einen Wert unterhalb der festgesetzten Mietobergrenze ergäbe. Der Beklagte hat weiter auf einen Bericht zur Wohnungssituation in München 2004-2005 verwiesen, wonach die durchschnittliche Miete 2005 bei einem Preis von 8,72 EUR gelegen habe, die Mieten für die Wiedervermietung von Bestandswohnungen mit Baujahr nach 1949 mit einfachem Wohnwert hätten bei 7,25 EUR gelegen. Diese Ausführungen kranken schon daran, dass sie allein auf den Mietspiegel 2005 abstellen, während es streitgegenständlich um die Jahre 2007 und 2008 geht. Der Mietspiegel 2007 wies erheblich höhere Durchschnittswerte für Wohnungen mit 50 qm Wohnfläche auf, die zwischen 10,43 EUR und 11,42 EUR/qm lagen, also um ca. 1,50 EUR/qm höher als 2005, weitere Preissteigerungen sind bis zum Mietspiegel 2009 erfolgt. Ferner genügt die Methode, vom Durchschnittspreis aller Wohnungen einen Abschlag von 10 % vorzunehmen, in keiner Weise den Anforderungen an ein nachvollziehbares Konzept zur Ermittlung der Preise einfach ausgestatteter Wohnungen im unteren Marktsegment. Die Argumentation mit dem um 10 bis 15 % erhöhten Wert der Wohngeldtabelle nach dem WoGG a. F. geht schon deshalb fehl, weil diese Werte auch die kalten Betriebskosten umfassten, während die aus dem Mietspiegel abgeleiteten Werte Nettokaltmieten darstellten; außerdem wird die Wohngeldtabelle auch in der höchsten Mietpreisstufe nicht den Besonderheiten des Münchner Mietmarktes gerecht.
2. Zu dem seit dem 01.07.2008 angewandten Referenzwert von 449,21 EUR hat sich der Beklagte zwar von Anfang an detaillierter geäußert, jedoch erfüllen seine Darlegungen nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept. Zunächst hat der Beklagte mit Schreiben vom 07.07.2010 ausgeführt, aus der Tabelle 2 des Mietspiegels 2009 ergebe sich für eine Wohnung mit 50 qm Wohnfläche ein durchschnittlicher Preis von 11,45 EUR pro Quadratmeter. Davon seien jedoch, um den Preis einer Wohnung einfacher Ausstattung zu ermitteln, Abschläge in Höhe von insgesamt 2,78 EUR für folgende preismindernde Faktoren vorzunehmen: alter Boden (-0,41 EUR), Hochhaus (-0,92 EUR), einfache Warmwasserversorgung (-0,38 EUR), Wohnung mit dezentral betriebenen Strom- oder Gasheizungen (-0,49 EUR), kein gekacheltes Bad (-0,34 EUR) sowie Verkehrsbelastung in durchschnittlicher Wohnlage (-0,24 EUR). Vermindert um diese Abschläge ergebe sich ein Quadratmeterpreis von 8,67 EUR, was multipliziert mit 50 qm zu einer angemessenen Wohnungsmiete von 433,50 EUR führe. Unter Berücksichtigung eines Alterszuschlags von 2,2 % (Stand April 2007) belaufe sich die so ermittelte Angemessenheitsgrenze für Ein-Personen-Haushalte auf 443,04 EUR. Dieser Wert liege immer noch unterhalb der vom Beklagten angewandten Angemessenheitsgrenze von 449,21 EUR. Diese Überlegungen allein genügen nicht den Anforderungen der Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept. Dabei kann dahinstehen, ob die Kombination preismindernder Faktoren, wie sie hier vorgenommen worden ist, Wohnraum beschreibt, der nicht nur dem unteren, sondern bereits dem untersten Marktsegment zuzuordnen ist, das nach der oben zitierten Rechtsprechung als Datenbasis nicht berücksichtigt werden darf (BSG, Urteil vom 13.04.2011 Az. B 14 AS 85/09 R Rdnr. 23). Jedenfalls dürfte eine solche Vielzahl preismindernder Faktoren nur dann die Grundlage für die Berechnung des Referenzwertes bilden, wenn statistisch nachvollziehbar belegt würde, dass Wohnraum mit diesen Kriterien in ausreichendem Umfang tatsächlich angeboten wird und sich diese Angebote über den gesamten Vergleichsraum – d. h. das Stadtgebiet München – gleichmäßig verteilen und sich nicht auf einzelne Randlagen beschränken (Vermeidung einer „Ghettoisierung“). Auf die insoweit vom Gericht mit Schreiben vom 14.07.2010 formulierte Bitte um Nachbesserung hin hat der Beklagte mit Schreiben vom 25.08.2010 unter Bezugnahme auf ein Schreiben der LHS München vom 27.08.2010 mitgeteilt, solche Wohnungen, die den unteren Standard abbildeten, lägen in den unteren Etagen eines Hochhauses, wie diese z. B. in den Stadtvierteln Neuperlach, Hasenbergl, Milbertshofen (Olympisches Dorf), Englschalking (Fideliopark, Cosimapark), Hadern mit der Blumenau, Bogenhausen mit Johanneskirchen Nord (insb. Freischützstraße) vorkämen. Diese Häuser seien vor 1978 gebaut worden und verfügten über mindestens sieben Stockwerke. Zum Teil hätten die in den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts errichteten Häuser noch in der Wohnung liegende Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen (also eine Gastherme oder eine Nachtspeicherheizung mit Durchlauferhitzer). Die Stadtviertel seien einer durchschnittlichen Verkehrsbelastung ausgesetzt. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, das Vorhandensein eines ausreichenden, sich gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilenden Angebots derartiger Wohnungen statistisch nachvollziehbar zu machen. Vielmehr bestärken diese Ausführungen Zweifel daran, dass ein derartiges Angebot tatsächlich vorhanden ist. Denn die vom Beklagten aufgeführten Viertel beschreiben in konzentrierter Form die sozialen Randlagen M … Die Behauptung, „zum Teil“ hätten diese Häuser noch in der Wohnung liegende Heizungs- und Warmwasseranlagen, wird in keiner Weise quantifiziert. Eine solche Quantifizierung hat der Beklagte auch auf die ausdrückliche Frage des Gerichts vom 23.09.2011 hin nicht vorgenommen. Auch auf den Einwand der Klägerin hin, die vom Beklagten beschriebenen Wohnungen würden oft seit Jahrzehnten von denselben Mietern bewohnt, so dass es praktisch kein Angebot derartiger Wohnungen für Neuvermietungen gebe, hat der Beklagte nicht reagiert.
Ergänzend hat der Beklagte ausgeführt, hätte er andere Kriterien wie z. B. einen Wohnblock (-0,55 EUR statt -0,92 EUR) zur Beschreibung einer fiktiven aber abstrakt angemessenen Wohnung zugrunde gelegt, wären zusätzliche Abschlagskriterien für einen einfachen Bau zwischen 1949 und 1978 (-0,42 EUR) zu berücksichtigen gewesen. Solche oder einfache Bauten hätten in der Regel keinen Aufzug (-0,21 EUR) und keine Gegensprechanlage (-0,60 EUR). Damit würde sich ein Quadratmeterpreis einer fiktiven, aber angemessenen Wohnung von 7,82 EUR ergeben, die zu einem abstrakt angemessenen Richtwert von 391 EUR, und zuzüglich des Alterszuschlags von 2,2 % zu einem Richtwert von 399,60 EUR, statt jetzt 449,21 EUR, führen würde. Auch an dieser alternativen Überlegung ist zu kritisieren, dass sie außer Acht lässt, in welchem Umfang Wohnungen mit diesen Kriterien in welcher Verteilung über das Stadtgebiet im Wohnungsangebot enthalten sind. Das Gericht hat deshalb den Beklagten mit Schreiben vom 23.09.2010 um ergänzende Angaben gebeten, die dieser nicht geliefert hat.
Endgültig widerlegt wurde das auf die Kombination preismindernder Faktoren bei Anwendung des Mietspiegels 2007 gestützte Konzept des Beklagten durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. vom 15.03.2012. Unter Nr. 2 dieses Gutachtens hat der Sachverständige auf die Frage des Gerichts, wie groß der Anteil der Wohnungen, die die vom Beklagten angewandten Kombinationen preismindernder Faktoren aufwiesen, an den Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe sei, mitgeteilt, dass keine einzige der in der Stichprobe enthaltenen Wohnungen „um die 50 qm“ eine der beiden vom Beklagten angewandten Kombinationen preismindernder Faktoren erfülle. Statistisch sei deshalb auf einem Vertrauensniveau von 95 % die Aussage möglich, dass die tatsächliche Häufigkeit solcher Wohnungen in München zwischen 0 und 1,1 % liege. Dies bedeute, dass solche Wohnungen in München gar nicht oder sehr selten anzutreffen seien.
Die weitere Argumentation des Beklagten, die von ihm vorgenommenen Abschläge entsprächen einem Anteil von weniger als einem Viertel (23,64 %) der Durchschnittsmiete, steht ohne Bezug zur statistischen Verteilung der die Voraussetzungen für die Abschläge erfüllenden Wohnungen. Soweit der Beklagte behauptet, die Prüfung des allgemein zugänglichen Mietmarktes (z. B. durch Internetabfrage oder Sichtung von Zeitungsanzeigen) ergebe, dass auch derzeit mehr als 400 Wohnungsangebote zu einer Kaltmiete von 449,21 EUR zur Verfügung stünden, hat auch dies für die vorliegende Rechtsfrage keinen Aussagewert, weil die Wohnfläche dieses Wohnungsangebots nach unten nicht eingegrenzt ist, so dass dieses Angebot zu einem großen Teil aus Wohnungen mit einer Wohnfläche weit unter 50 qm bestehen kann, auf das sich die Klägerin nicht verweisen zu lassen braucht.
Das Konzept des Beklagten ist auch schon deshalb nicht schlüssig, weil es die kalten Betriebskosten in die Berechnung der Referenzmiete nicht einbezieht und der Beklagte auch auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 22.07.2011 nicht reagiert hat.
II. Trotz Fehlens eines schlüssigen, nachvollziehbaren Konzeptes des Beklagten kann aufgrund der vom Gericht von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen der Nachweis geführt werden, dass die im vorliegenden Fall vom Beklagten übernommene Bruttokaltmiete ausreicht, um die angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II abzudecken.
Erweist sich das Konzept des Grundsicherungsträgers für die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises als unschlüssig, so kann dies im Endergebnis bedeuten, dass das Gericht auch die tatsächliche Miete zugrunde legen darf, beschränkt auf die Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (WoGG a. F.). Zunächst hat das Gericht jedoch erfolglos den Versuch zu unternehmen, die insoweit unzulänglichen Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern, wobei es auch auf private Mietdatenbanken zurückgreifen kann, die die Voraussetzungen der §§ 558c, 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht erfüllen, aber dazu geeignet sind, zumindest annäherungswesie Aufschluss über die Angemessenheit zu geben. Gegebenenfalls kann sich das Gericht auch selbst eines Sachverständigen bedienen (BSG, Urteil vom 20.08.2009 Az. B 14 AS 65/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 26, Rdnr. 21 und BSG, Urteil vom 18.02.2010 Az. B 14 AS 73/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 34, Rdnr. 29).
Dieser Verpflichtung, zu versuchen, die Referenzmiete durch eigene Ermittlungen zu überprüfen, ist das Gericht nachgekommen. Das Gericht hat sich vom Beklagten die für den Mietspiegel 2007 erhobenen Daten übermitteln lassen und auf dieser Basis mit Hilfe des Sachverständigen Prof. Dr. D. die Angemessenheitsgrenzen für die Jahre 2007 und 2008 auf schlüssige, nachvollziehbare Weise berechnet. Der Beklagte hat zu diesen Ermittlungen beigetragen, indem er auf Anregung des Gerichts eine von der LHS München bei der B. GmbH in Auftrag gegebene Sonderauswertung der Mietspiegeldaten beigesteuert hat, die die für die Berechnungen des Sachverständigen erforderlichen Bruttokaltmieten auswies.
Dabei hat sich der Senat von der Grundannahme leiten lassen, dass die von einem Grundsicherungsträger zur Begrenzung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gezogene Mietobergrenze jedenfalls dann ausreichend ist, wenn sich aus dem repräsentativ gewonnenen Datenmaterial eines qualifizierten Mietspiegels nach anerkannten statistischen Methoden – auf einem hinreichend hohen Konfidenzniveau errechnen lässt, dass mindestens ein Fünftel der Wohnungen im Bereich der für die Haushaltsgröße nach der Produkttheorie maßgeblichen Wohnungsgröße die Mietobergrenze nicht überschreitet, und – weitere Daten und Auswertungen sicherstellen, dass sich die von der Mietobergrenze abgedeckten Wohnungen in zumutbarer Weise über den gesamten Vergleichsraum verteilen.
Der Senat ist der Überzeugung, dass jedenfalls unter diesen Voraussetzungen in einer Stadt mit Wohnverhältnissen wie in München, in der der Anteil der Empfänger von Leistungen nach dem SGB II an der Gesamtbevölkerung im streitgegenständlichen Zeitraum 5,3 % betrug (siehe Schreiben der LHS München vom 14.01.2011, S. 2), gesichert ist, dass die Leistungsempfänger in ausreichendem Umfang Mittel erhalten, um eine Wohnung einfachen Standards im unteren Marktsegment mit der ihrer Haushaltsgröße entsprechenden Quadratmeterzahl anzumieten. Offen bleiben kann, ob ein geringerer Anteil auch noch ausreichen würde. Das BSG hat bisher keine näheren Kriterien dafür aufgestellt, welchen Umfang das „untere Marktsegment“ haben muss, das zu den „angemessenen“ Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügbar sein muss. Der Senat sieht dieses „untere Marktsegment“ jedenfalls dann als hinreichend abgedeckt an, wenn dieses das preislich untere Fünftel des Wohnungsmarktes umfasst und der Anteil der Grundsicherungsempfänger an der Bevölkerung deutlich geringer liegt.
Anhand des in einer Sonderauswertung aufbereiteten, für den Mietspiegel München 2007 erhobenen Datenmaterials lässt sich unter Zuhilfenahme eines statistischen Sachverständigen der Nachweis führen, dass die vom Senat definierten Kriterien zur Bestätigung der vom Beklagten im vorliegenden Fall angewandten Mietobergrenzen erfüllt sind:
1. Die für den Mietspiegel München 2007 erhobenen Daten stellen eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar.
a. Der Einwand der Klägerin, das Datenmaterial für den Mietspiegel erfasse nur Bestandsmieten, während für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausschließlich Angebote für Neuvermietungen zu berücksichtigen seien, überzeugt nicht.
Zwar hat der Einwand insoweit eine gewisse Berechtigung, als maßgeblich für die angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur solche Preise sein können, die im streitgegenständlichen Zeitraum im Falle einer Neuanmietung tatsächlich realisiert werden konnten, so dass es zumutbar ist, den Hilfebedürftigen auf die Möglichkeit des Umzugs in eine solche Wohnung zu verweisen. Die Berücksichtigung von Bestandsmieten, die seit langer Zeit nicht angepasst wurden, könnte deshalb das Ergebnis zu Lasten der Hilfebedürftigen verändern. Mietspiegelrelevant waren aber nach Nr. 1.2 der von der LHS München herausgegebenen Dokumentation „Mietspiegel für München 2007 – Statistik, Dokumentationen und Analysen“ nur solche Mietverhältnisse, bei denen die Nettokaltmiete in den letzten 4 Jahren vor dem Stichmonat eine Anpassung erfahren hatte. Damit werden zwar Bestandsmieten erfasst, allerdings mit der Einschränkung, dass eine relativ aktuelle Mietpreisanpassung vorliegen muss. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Datenmaterial des Mietspiegels das jeweils aktuelle Geschehen auf dem Mietwohnungsmarkt hinreichend genau widerspiegelt.
Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, wonach bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen, sondern auch auf vermietete Wohnungen abzustellen ist (BSGE 102, 263 Rdnr. 24 und BSGE 104, 192 Rdnr. 22). In seinem Urteil vom 19.10.2010 (Az. B 14 AS 65/09 R) zum Berliner Mietspiegel hat das BSG klargestellt, dass sowohl qualifizierte als auch einfache Mietspiegel Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs. 1 SGB II sein könnten (aaO., Rdnr. 29) und zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden dürfen, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist.
b. Der Berücksichtigung des Datenmaterials für den Mietspiegel München 2007 steht auch nicht entgegen, dass nach Nr. 1.2 der Dokumentation zum Mietspiegel 2007 darin nicht berücksichtigt wird preisgebundener Wohnraum, insbesondere Sozialwohnungen, Wohnungen, die mit Wohnungsfürsorgemitteln, Aufwendungszuschüssen oder Aufwendungsdarlehen gefördert wurden. Zwar besteht kein Grund, preisgebundenen Wohnraum bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 SGB II nicht zu berücksichtigen, weil es einem Leistungsempfänger zuzumuten ist, auch mietpreisgebundenen Wohnraum in Anspruch zu nehmen. Unzulässig wäre es lediglich, ausschließlich auf den mietpreisgebundenen Wohnraum abzustellen, ohne dessen Anteil am Gesamtmarkt zu klären. Der eventuelle Fehler, der aus der Nichteinbeziehung des mietpreisgebundenen Wohnungsmarktes entstehen könnte, würde sich aber ausschließlich zu Lasten des Beklagten auswirken und kann im vorliegenden Fall schon deshalb vernachlässigt werden, weil die vom Beklagten angewandte Angemessenheitsgrenze im Ergebnis bestätigt wird. Selbst wenn die Angemessenheitsgrenze des Beklagten nicht bestätigt werden könnte, wäre der zu Lasten des Beklagten entstehende Fehler hinzunehmen, weil der Beklagte selbst kein nachvollziehbares Konzept geliefert hat und eine bessere Datengrundlage als die für den Mietspiegel 2007 erhobenen Daten nicht vorhanden ist. Das BSG hat die Berechnung der Referenzmiete aus dem Datenmaterial eines Mietspiegels trotz des darin nicht berücksichtigten Marktsegments der preisgebundenen Wohnungen jedenfalls dann akzeptiert, wenn der Anteil des preisgebundenen Wohnungsbestandes bei nur 12 % des Gesamtwohnungsbestandes liegt (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R Rdnr. 29).
c. Folgender Wohnraum ist nach Nr. 1.2 der Dokumentation nicht mietspiegelrelevant und wäre auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 SGB II nicht zu berücksichtigen, weil derartiger Wohnraum einem Leistungsempfänger nach dem SGB II als Alternative nicht zumutbar ist: – Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch von bis zu 6 Monaten (siehe BSGE 104, 192 Rdnr. 22), – vom Vermieter möblierter Wohnraum, der Teil der von ihm selbst bewohnten Wohnung ist, – Studenten- und Jugendwohnheime, – Wohnraum in Anstalten, Heimen oder Wohnheimen, bei denen die Mietzahlung auch Serviceleistungen abdeckt, – Einzelzimmer, – Wohnungen, deren Küche, Bad und Toilette von zwei oder mehr Hauptmieterparteien gemeinsam genutzt werden. Schließlich wurden aus dem von B. ermittelten Datensatz nachträglich noch folgende Wohnungen entfernt (Nr. 2.3.2 der Dokumentation): – Wohnungen in einfacher Wohnlage, – Wohnungen ohne einen vorgesehenen Raum für eine Küche, – Wohnungen ohne Toilette, – Wohnungen, die nur ein Bad besitzen, das von anderen mitbenutzt wird, – Wohnungen, die nur eine Toilette besitzen, die von anderen mitbenutzt wird, und – Wohnungen nur im Untergeschoss. Durch den Ausschluss dieser Wohnungen wird der BSG-Rechtsprechung Rechnung getragen, wonach Wohnungen mit nicht nur unterem, sondern unterstem Ausstattungsgrad nicht in die Datenbasis einbezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R Rdnr. 31 und BSG, Urteil vom 13.04.2011 Az. B 14 AS 85/09 R Rdnr. 23). Diese Wohnungen waren in dem ersten, dem Sachverständigen übermittelten Datensatz aussortiert, aber im zweiten Datensatz, der auf den Ursprungsdaten aufbaute, wieder enthalten – der Sachverständige hat aber nach seinen Ausführungen auf S. 5 des Gutachtens vom 22.05.2012 diese Wohnungen auch bei seiner Auswertung des zweiten Datensatzes unberücksichtigt gelassen.
d. Die Daten für den Mietspiegel 2007 wurden zum Stichmonat Januar 2006 erhoben (Nr. 1.2 der Dokumentation zum Mietspiegel). Dieser Stichmonat liegt zwar fast zwei Jahre vor dem Ende des streitgegenständlichen Zeitraums (November 2008), damit handelt es sich aber um das in zeitlicher Hinsicht immer noch aussagekräftigste Zahlenmaterial. Denn der Mietspiegel 2009 beruht auf keiner eigenen Erhebung, sondern stellt lediglich eine Fortschreibung des Mietspiegels 2007 anhand des vom Statistischen Bundesamtes ermittelten Verbraucherpreisindexes für Deutschland dar (Nr. 1 der von der LHS München herausgegebenen Dokumentation „Mietspiegel für München 2009 – Statistik, Dokumentationen und Analysen“). Die nächste Erhebung fand erst wieder zum Stichmonat Januar 2010 für den Mietspiegel 2011 statt und war deshalb vom Mittelpunkt des streitgegenständlichen Zeitraums weiter entfernt als die zum Stichmonat Januar 2006 vorgenommene Erhebung für den Mietspiegel 2007. Der Sachverständige hat die Daten des Mietspiegels 2007 anhand des Verbraucherpreisindexes des Deutschen Statistischen Bundesamtes fortgeschrieben und ausgehend vom Stichtag der Erhebung 01.01.2006 (Index 100) entsprechend den Vorgaben des Gerichts auf die Stichtage 01.07.2007 mit dem Index 103,48 und auf den Stichtag 01.08.2008 mit dem Index 106,85 hochgerechnet (Nr. 1 S. 4 des Gutachtens vom 15.03.2012). Die Fortschreibung mit dem allgemeinen Verbraucherpreisindex für Deutschland hält der Senat für vertretbar, weil ein genauerer Preissteigerungskoeffizient, der exakt die Entwicklung des mietspiegelrelevanten Wohnungsbestandes in München wiedergeben würde, nicht zur Verfügung steht. Die Klägerin wurde dadurch jedenfalls nicht zu schlecht gestellt, wie das Ergebnis des Mietspiegels 2011 bestätigt: Demnach lagen die Mieten zwar oberhalb derjenigen des Mietspiegels 2007, aber – überraschend – unterhalb derjenigen des Mietspiegels 2009, was nur so interpretiert werden kann, dass die mietspiegelrelevanten Mieten in München seit Januar 2006 zwar gestiegen waren, aber weniger stark als der Verbraucherpreisindex für ganz Deutschland, so dass die Hochrechnung für den Mietspiegel 2009 zu hoch lag. Umgekehrt bedeutet dies, dass für die Klägerin mit ungünstigeren Ergebnissen zu rechnen wäre, wenn man vom Datenmaterial für den Mietspiegel 2011 ausginge und diesen anhand des allgemeinen Verbraucherpreisindex auf die Stichtage 01.07.2007 und 01.08.2008 herunterrechnen würde. Die Wahl der Stichtage 01.07.2007 und 01.08.2008 durch das Gericht rechtfertigt sich daraus, dass sie in etwa jeweils die Mitte beider streitgegenständlicher Kalenderjahre darstellen und eine monatsweise Berechnung anhand der Unsicherheiten, die mit dem Preissteigerungskoeffizienten ohnehin verbunden sind, eine Genauigkeit vorspiegeln würde, die an der Realität vorbeiginge.
e. Repräsentativität der Stichprobe
Der Senat ist der Überzeugung, dass das für den Mietspiegel 2007 erhobene Datenmaterial auf einer Stichprobe beruht, die repräsentativ ist. Repräsentativ ist eine Stichprobe, wenn die Auswahl aus der Grundgesamtheit allein auf Zufall beruht, ohne dass eine systematische Verzerrung gegenüber der zu repräsentierenden Grundgesamtheit stattfindet. Jede mietspiegelrelevante Wohnung musste die gleiche Chance haben, in die Stichprobe gezogen zu werden (siehe Gutachten vom 15.03.2012 S. 19 oben).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Repräsentativität einer Datenerhebung, die bei der Erarbeitung eines qualifizierten Mietspiegels gemäß § 558d Abs. 1 BGB nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgte und von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt wurde, auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (BSG, Urteil vom 20.12.2011 Az. B 4 AS 19/11 R Rdnr. 24).
Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, systematisch verzerrende Einflüsse seien im Datenmaterial für den Mietspiegel München 2007 deshalb nicht auszuschließen, weil garantiert zufällig nur die Auswahl der 108.189 Telefonnummern war, die nach dem Random Digit Dialing erfolgte (Nr. 1.3.2.1 der Dokumentation zum Mietspiegel München 2007). Nach Ausschluss nicht verwertbarer Telefonnummern, der Nummern, bei denen niemand abnahm oder niemand zum telefonischen Vor-Interview oder zum späteren persönlichen Haupt-Interview bereit war, sowie der nicht mietspiegelrelevanten Wohnungen verblieben am Ende nur 3.057 mietspiegelrelevante Wohnungen, über die verwertbare Daten vorlagen. Diese starke Reduzierung der ursprünglich rein zufällig erzeugten Stichprobe auf etwa 2,8 % ihrer ursprünglichen Größe stellt nach Ansicht der Klägerin die Repräsentativität der Stichprobe in Frage.
Die B. GmbH hat sich unter Nr. 1.3.3 der Dokumentation zum Mietspiegel München 2007 mit diesem Problem auseinander gesetzt. Das Problem liege darin, dass für die Grundgesamtheit der mietspiegelrelevanten Wohnungen keine externen Strukturinformationen vorlägen, anhand derer sich die Repräsentativität der realisierten Stichprobe messen ließe. Dies gelte umso mehr, als diese Grundgesamtheit über verschiedene Zeitpunkte hinweg nicht konstant bleibe, sondern sich – besonders wegen der Beschränkung auf Wohnungen, deren Mieten während der letzten 4 Jahre vor der Erhebung angepasst wurden – bei jeder Mietspiegelerhebung in Abhängigkeit vom Marktgeschehen neu zusammensetze. Da also ein direkter Strukturvergleich nicht möglich sei, verbleibe nur eine indirekte Überprüfung der Repräsentativität der Stichprobe. Dazu hat B. für jeden Stadtbezirk aus der Münchner Statistik den Anteil der Privathaushalte des Stadtbezirks an der Gesamtzahl der Privathaushalte von ganz München ermittelt und dem sich nach den telefonischen Vor-Interviews ergebenden Anteil des Stadtbezirks an den mietspiegelrelevanten Haushalten und schließlich dem Anteil der Haushalte des Stadtbezirks, bei denen das Hauptinterview erfolgreich durchgeführt werden konnte, gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung zeige, dass eine systematische Verzerrung nicht nachweisbar sei.
Der Sachverständige Prof. Dr. D. hat hierzu unter Nr. 7 seines Gutachtens vom 15.03.2012 ausgeführt, dass B. moderne und dem aktuellen Wissensstand entsprechende Stichprobenverfahren angewandt habe, die aus seiner Sicht nicht verbesserungsbedürftig seien. Generell lasse sich festhalten, dass die Stichprobe nach dem aktuellen Stand der Forschung gezogen worden sei und an der Repräsentativität aus statistischer Sicht keine Kritik geäußert werden könne. Zwar seien die Angaben der Befragten natürlich freiwillig, so dass fehlender Antwortwille der Befragten hypothetisch immer zu Verzerrungen führen könne. Aus allen Darstellungen und Analysen ließen sich aber keine Anzeichen in diese Richtung erkennen, so dass Repräsentativität angenommen werden könne.
Der Senat ist aufgrund der überzeugenden Ausführungen in der Dokumentation zum Mietspiegel und im Gutachten des Sachverständigen Dr. D. der Auffassung, das die Stichprobe repräsentativ ist, was die Grundlage aller weiteren statistischen Berechnungen bildet.
2. Das dem Mietspiegel München 2007 zugrunde liegende Datenmaterial wurde zum Zwecke der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wie folgt aufbereitet:
a. Berechnung der Bruttokaltmieten
Nach der neueren Rechtsprechung des BSG sind die „kalten“ Betriebskosten (ohne Heiz- und Warmwasserkosten) abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das zur Berechnung der Referenzmiete zu bildende Produkt einzubeziehen (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R Rdnr. 36). Es ist also eine einheitliche Referenzmiete bezogen auf die Bruttokaltmiete zu bilden, die die Obergrenze für die Summe aus Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten bildet, so dass es dem Leistungsempfänger freisteht, beispielsweise eine zu hohe Nettokaltmiete durch besonders niedrige Betriebskosten zu kompensieren oder zu hohe Betriebskosten durch eine niedrigere Nettokaltmiete. Nicht zulässig wäre es, sowohl die Nettokaltmiete als auch die kalten Betriebskosten jeweils für sich auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen und bei Überschreiten der jeweiligen Obergrenze zu kappen, ohne eine Kompensation durch ein Unterschreiten der Obergrenze des anderen Wertes zuzulassen.
Der Beklagte hatte allerdings im Einklang mit der früheren Rechtsprechung die Referenzmiete nicht für die Brutto-, sondern für die Nettokaltmiete bestimmt. Diese lag bis zum 30.06.2008 aufgrund einer einzelfallbezogenen Entscheidung zugunsten der Klägerin bei 441,45 EUR (die allgemeinen Nettomietobergrenzen für Ein-Personen-Haushalte lagen bis zum 30.06.2008 je nach Baualtersklasse der Wohnung bei 397,30 EUR, 413,40 EUR oder 429,50 EUR) und ab dem 01.07.2008 allgemein bei 449,21 EUR Nettokaltmiete. Auf diese Werte kappte der Beklagte die von ihm übernommene Nettokaltmiete der Klägerin, die bei 690 EUR lag. Dagegen übernahm der Beklagte die relativ geringen kalten Nebenkosten in Höhe von 55 EUR in vollem Umfang. Damit akzeptierte der Beklagte eine Bruttokaltmiete von 441,45 EUR + 55 EUR = 496,45 EUR bis zum 30.06.2008 und von 449,21 EUR + 55 EUR = 504,21 EUR ab dem 01.07.2008. Diese Aussage kann nur für den individuellen Einzelfall der Klägerin getroffen werden. Eine „allgemeine“ Mietobergrenze hat es – bezogen auf die Bruttokaltmiete – beim Beklagten nie gegeben. Für den vorliegenden Fall aber bedeutet es, dass zu untersuchen ist, ob die Werte 496,45 EUR bzw. 504,21 EUR die angemessenen Kosten der Unterkunft, bezogen auf die Bruttokaltmiete, darstellten.
Das von der LHS München am 24.01.2012 übermittelte Datenmaterial wies nur die Nettokaltmieten und die gesamten Nebenkosten aus, aus denen aber die „kalten“ Nebenkosten und damit die Bruttokaltmieten nicht zu ermitteln waren. Der Sachverständige rechnete deshalb sein erstes Gutachten vom 15.03.2012 entgegen den Beweisfragen komplett zu den Nettokaltmieten durch. Im Ergebnis wurden durch das Gutachten die vom Beklagten verwendeten Obergrenzen für die Nettokaltmieten bestätigt, sofern man der Grundannahme des Senats folgt, dass es ausreicht, wenn 20 % aller Wohnungen diese Preisgrenze nicht überschreiten.
Zunächst hat der Senat erwogen, die Ergebnisse des Gutachtens vom 15.03.2012 dadurch zu ergänzen, dass zur Ermittlung der Mietobergrenze für die Bruttokaltmiete die Referenzmieten des Beklagten für die Nettokaltmiete zu einer Angemessenheitsgrenze für die kalten Betriebskosten addiert würden. Zur Bestimmung der angemessenen kalten Betriebskosten wiederum lag es nahe, auf die in Tabelle 1 des Mietspiegels München 2007 (S. 7) ausgewiesenen durchschnittlichen Betriebskosten in Euro pro qm und Monat in München zurückzugreifen, zumal das BSG selbst den Rückgriff auf solche Betriebskostenübersichten als Möglichkeit angedeutet hat (BSG, Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 65/09 R Rdnr. 37). Es kann dahinstehen, ob dieser Weg zu beschreiten gewesen wäre, wenn keine anderen Ermittlungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung gestanden hätten. Jedoch hätten sich auf diese Weise deutlich überhöhte Werte ergeben. Denn die auf Seite 7 des Mietspiegels München 2007 abgedruckte Tabelle für die durchschnittlichen Betriebskosten ist weder dafür vorgesehen noch dazu geeignet, die durchschnittlichen Betriebskosten „einfacher, im unteren Marktsegment liegender“ Wohnungen zu ermitteln. Vielmehr gibt sie die – auf alle Wohnungen gemittelten – durchschnittlichen Betriebskosten pro Betriebskostenart an. So soll für eine konkrete Wohnung die Möglichkeit gegeben werden, zu bestimmen, welche Betriebskosten für die konkret abgerechneten Betriebskostenarten durchschnittlich zu erwarten wären. Nicht jede Wohnung weist jedoch alle Betriebskostenarten auf, beispielsweise hat nicht jede Wohnung einen Aufzug, eine Gemeinschafts-Waschmaschine, einen Hausmeister, professionelle Gartenpflege oder Schneebeseitigung. Einige der Betriebskostenarten sind ohnehin alternativ zu sehen, denn kaum eine Wohnanlage wird gleichzeitig eine Gemeinschaftsantenne, eine Satellitenschüssel und Kabelfernsehen aufweisen. Das Problem besteht nun darin, dass nicht bekannt ist, in welchem Umfang die für die angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II relevanten Wohnungen einfachen Standards im unteren Marktsegment über welche Betriebskostenarten verfügen. Keinesfalls kann unterstellt werden, dass für jede Wohnung alle in der Tabelle 1 des Mietspiegels München 2007 ausgewiesenen Betriebskostenarten (außer Heizung/ Warmwasser) anzusetzen wären. Sonst käme man auf kalte Betriebskosten von 1,90 EUR pro/qm, bei 50 qm also auf 95 EUR zuzüglich der wohnungsbezogenen Nebenkosten für Gemeinschaftsantenne, Satellitenschüssel oder Kabelfernsehen von 4,65 EUR, 5,76 EUR oder 8,50 EUR. Unzulässig erscheint es, ohne jede Begründung die Kosten für Waschmaschine und Gartenpflege nicht zu den angemessenen kalten Betriebskosten zu zählen, wie unter Nr. 7 des Schreibens der LHS München vom 02.12.2011 vorgeschlagen.
Einen Weg zur Ermittlung einer einheitlichen Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete sieht der Senat deshalb darin, dass bei der Berechnung des „unteren Marktsegments“ aus den Mietpreisen der in der zum Mietspiegel 2007 gezogenen Stichprobe enthaltenen Wohnungen „um die 50 qm“ von vornherein nicht deren Netto-, sondern deren Bruttokaltmieten berücksichtigt werden. So ist es möglich, die tatsächliche Verteilung der kalten Betriebskosten der Wohnungen im unteren Marktsegment realistisch zu ermitteln. Gleichzeitig ermöglicht diese Ermittlungsart die erlaubten Kompensationseffekte, d. h. eine Wohnung kann trotz zu hoher Nettokaltmiete wegen ihrer besonders niedrigen Betriebskosten noch zum unteren Marktsegment gehören, und umgekehrt.
Auf Anregung des Gerichts hat deshalb der Beklagte veranlasst, dass die LHS München bei der B. GmbH eine Sonderauswertung des dort noch vorhandenen ursprünglichen Datenmaterials in Auftrag gegeben hat, die für jede Wohnung die jeweilige Bruttokaltmiete inklusive kalter Betriebskosten auswies. Diese Daten, die die LHS München dem Gericht mit Schreiben vom 30.04.2012 übermittelt hat, bilden die Grundlage der nachfolgenden Berechnungen. So wird von vornherein mit Daten gerechnet, die sowohl die Nettokaltmiete als auch die kalten Betriebskosten enthalten, und daraus einheitlich die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete bestimmt. Es wird also nicht zunächst eine Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete und getrennt davon für die kalten Betriebskosten bestimmt, um diese anschließend zu einer Gesamt-Angemessenheitsgrenze zusammenzufügen.
b. Erhöhung der im Datensatz ausgewiesenen „Bruttokaltmieten“ um bestimmte Zuschläge
Aus dem von der LHS München mit Schreiben vom 30.04.2012 übermittelten Datensatz, der die Bruttokaltmieten auswies, ging hervor, dass die unter Frage 6 B des Fragebogens zum Mietspiegel 2007 anzugebenden Zuschläge nicht in die Bruttokaltmiete eingerechnet worden waren. Gemeint sind dabei die im Gesamtmietpreis enthaltenen Zuschläge für Garage, Abstellplatz, Berechtigung zur Untervermietung, Gartenbenutzung bei abgegrenzter Grün- und/oder Nutzfläche und Sonstiges. Diese Zuschläge sind jedenfalls zum Teil für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 SGB II von Belang, da die damit erfassten Kosten nur dann nicht zu den Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 SGB II zählen, wenn sie abtrennbar sind, d. h. wenn die Wohnung auch ohne die Zusatzleistung anmietbar wäre (vgl. für Garage BSG, Urteil vom 07.11.2006 Az. B 7b AS 10/06 R Rdnr. 28). Da die für den Mietspiegel erhobenen Daten keinerlei Informationen darüber enthalten, ob die Wohnungen ohne die Zusatzkosten anmietbar gewesen wären oder nicht, fehlt es für die Abspaltung dieser Kosten an einer tragfähigen Grundlage. Das Gericht hat deshalb den Sachverständigen mit Schreiben vom 04.05.2012 angewiesen, bei seinen Berechnungen den Zuschlag nach Frage 6 B in die Bruttokaltmiete mit einzuberechnen. Mit Schreiben vom 24.05.2012 hat der Sachverständige auf Anfrage des Gerichts auch klargestellt, dass er dies in seinem Gutachten vom 22.05.2012 getan hat.
3. Bestimmung der Datenbasis von Wohnungen „um die 50 qm“ Wohnfläche
Die Frage, welche Wohnungen aus dem gesamten Datenbestand in die Berechnungen einbezogen werden, hat der Sachverständige unter Nr. 1 seines Gutachtens vom 15.03.2012 sowie unter Nr. 1.2 seines Gutachtens vom 22.05.2012 zur Überzeugung des Senats beantwortet. Der Sachverständige hat auf der Grundlage der vorhandenen Daten den Bereich von 46 bis 54 qm Wohnfläche mit mathematischen Methoden als optimal bestimmt, um statistische Berechnungen zu Wohnungen mit 50 qm Wohnfläche durchzuführen, wobei die Wohnungen mit genau 50 qm Wohnfläche mit dem Faktor 1 gewichtet werden, und Wohnungen mit zunehmendem Abstand von der Wohnfläche 50 qm mit einem immer kleiner werdenden Faktor unter 1. Die Anzahl der Wohnungen von 46 bis 54 qm Wohnfläche in der Stichprobe beläuft sich auf 331, die Summe der durch Faktoren „gewichteten“ Wohnungen beläuft sich auf 242,88, so dass sich die nachfolgenden Berechnungen zu Wohnungen „um die 50 qm“ auf eine gewichtete Datenbasis von ca. 243 Wohnungen stützen.
4. Überprüfung der Mietobergrenzen anhand der in der Stichprobe enthaltenen Wohnungen „um die 50 qm“
Anhand der so gefundenen Datenbasis der Bruttokaltmieten aller Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe konnte der Sachverständige zunächst exakt den Anteil der Wohnungen „um die 50 qm“ in der Stichprobe ermitteln, deren Bruttokaltmieten die zu überprüfenden Referenzmieten des Beklagten (nämlich 496,45 EUR zum 01.07.2007 und 504,21 EUR zum 01.07.2008) nicht überstiegen: Dieser Anteil betrug 26,9 % zum 01.07.2007 und 24,8 % zum 01.07.2008 (Nrn. 2.1 und 2.2 des Gutachtens vom 22.05.2012). Wenn man also nur die Stichprobe betrachtet, so war mit der vom Beklagten vertretenen Angemessenheitsgrenze jeweils etwa ein Viertel der mietspiegelrelevanten Wohnungen „um die 50 qm“ zu finanzieren, so dass die vom Senat geforderte 20 %-Marge deutlich überschritten war.
5. Übertragung der aufgrund der in der Stichprobe festgestellten Ergebnisse auf die Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanten Wohnungen in München. Die Frage ist nun, ob und inwieweit die Aussage getroffen werden kann, dass der in der Stichprobe festgestellte Prozentrang auch in der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanten Wohnungen im Gebiet der Stadt München vorlag. Letztlich kann diese Frage immer nur auf der Grundlage einer Irrtumswahrscheinlichkeit bzw. – komplementär ausgedrückt – eines Vertrauensniveaus beantwortet werden, das vorzugeben ist. Auf der Grundlage des vorgegebenen Vertrauensniveaus errechnen Statistiker ein sog. Konfidenzintervall, in dem der Prozentrang in der Grundgesamtheit mit der vom Vertrauensniveau beschriebenen Wahrscheinlichkeit liegt. Je kleiner die Stichprobe, desto unsicherer ist der Schluss von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit und deshalb desto breiter das Konfidenzintervall. Je größer die Stichprobe, desto sicherer ist der Schluss von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit und deshalb desto enger das Konfidenzintervall. In jedem Fall setzen die entsprechenden Berechnungen voraus, dass die Stichprobe repräsentativ ist, d. h. dass sie frei von systematischen verzerrenden Einflüssen gezogen wurde, so dass jedes Element der Grundgesamtheit die gleiche Chance hatte, in die Stichprobe gezogen zu werden, was oben bereits bejaht worden ist.
Der Sachverständige hat unter Nrn. 2.1 und 2.2 seines Gutachtens vom 22.05.2012 die Konfidenzintervalle in Abhängigkeit von der Stichprobengröße unter dem vorgegebenen Vertrauensniveau von 95 % (zweiseitig) bzw. 97,5 % (einseitig) wie folgt bestimmt:
a. Zum Stichtag 01.07.2007 ergebe sich ein Konfidenzintervall von 21,4 % bis 32,9 % bei 95 % Vertrauensniveau. Dies bedeutet, dass bei einem Vertrauensniveau von 95 % bzw. einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % in der Grundgesamtheit aller mitspiegelrelevanter Wohnungen „um die 50 qm“ der Anteil der Wohnungen, deren Bruttokaltmiete 496,45 EUR nicht überschreitet, zwischen 21,4 % und 32,9 % liegt. Da die Schlüssigkeit des Konzeptes noch eindeutiger wäre, wenn der Anteil sogar höher als 32,9 % läge, genügt insoweit die einseitige Formulierung des Konfidenzintervalls, die dann sogar auf einem Vertrauensniveau von 97,5 % bzw. einer Irrtumswahrscheinlichkeit von nur 2,5 % möglich ist und beinhaltet, dass in der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanter Wohnungen „um die 50 qm“ der Anteil der Wohnungen, deren Bruttokaltmiete 496,45 EUR nicht überschreitet, mindestens 21,4 % oder mehr beträgt. Damit ist bewiesen, dass der vom Senat insoweit geforderte Anteil von mindestens 20 % überschritten ist. Ein Vertrauensniveau von 97,5 % reicht hierfür jedenfalls aus. Wissenschaftliche Untersuchungen begnügen sich in der Regel mit einem Vertrauensniveau von 95 % und bezeichnen diese als signifikant; nur in seltenen Fällen werden „hoch signifikante“ Untersuchungen auf einem Vertrauensniveau von 99 % gefordert. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Berechnungen unter Nr. 3 des Gutachtens vom 22.05.2012: Dort wird festgestellt, dass in der Stichprobe zum Stichtag 01.07.2007 20 % der Wohnungen eine Bruttokaltmiete von 460,15 EUR nicht überschritten. Das Konfidenzintervall auf 95 % Vertrauensniveau reiche von 435,3 EUR bis 485 EUR. Als einseitiges Konfidenzintervall bedeute dies, dass auf einem Vertrauensniveau von 97,5 % die Bruttokaltmiete von 485 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen nicht überschritten werde. Damit liegt die zur 20 %-Marke gefundene Mietobergrenze bei einem Vertrauensniveau von 97,5 % mit 485 EUR unterhalb der von dem Beklagten gewährten Bruttokaltmiete von 496,45 EUR, was bestätigt, dass dieser Wert ausreichend war.
b. Zum Stichtag 01.07.2008 ergibt sich nach dem Gutachten dagegen ein Konfidenzintervall von 19,5 % bis 30,7 % auf 95 % Vertrauensniveau. Dies bedeutet, dass bei einem Vertrauensniveau von 95 % bzw. einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % in der Grundgesamtheit aller mitspiegelrelevanter Wohnungen „um die 50 qm“ der Anteil der Wohnungen, deren Bruttokaltmiete 504,21 EUR nicht überschreitet, zwischen 19,5 % und 30,7 % liegt. Da die Schlüssigkeit des Konzeptes noch eindeutiger wäre, wenn der Anteil sogar höher als 30,7 % läge, genügt auch hier die einseitige Formulierung des Konfidenzintervalls, die dann sogar auf einem Vertrauensniveau von 97,5 % bzw. einer Irrtumswahrscheinlichkeit von nur 2,5 % möglich ist und beinhaltet, dass in der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanter Wohnungen „um die 50 qm“ der Anteil der Wohnungen, deren Bruttokaltmiete 504,21 EUR nicht überschreitet, mindestens 19,5 % oder mehr beträgt. Diesen Wert betrachtet der Senat ausgehend von seiner Prämisse, dass jedenfalls ein Anteil von 20 % genügen würde, um ein schlüssiges Konzept zu begründen, als gerade noch ausreichend, auch vor dem Hintergrund, dass das Vertrauensniveau mit 97,5 % sehr hoch ist und das in wissenschaftlichen Untersuchungen für „signifikante“ Feststellungen übliche Vertrauensniveau von 95 % überschreitet. Hinzu kommt, dass das vom Sachverständigen unter Nr. 3 seines Gutachtens vom 22.05.2012 für die Mietobergrenze zur 20 %-Marke beschriebene Konfidenzintervall auf 97,5 % Vertrauensniveau einen Wert ergibt, der mit 500,80 EUR unterhalb der vom Beklagten anerkannten Grenze von 504,21 EUR Bruttokaltmiete liegt, was die Berechtigung dieser Grenze zusätzlich stützt: Nach den Feststellungen des Sachverständigen überschreiten in der Stichprobe zum Stichtag 01.07.2008 20 % der Wohnungen eine Bruttokaltmiete von 475,17 EUR nicht. Das Konfidenzintervall auf 95 % Vertrauensniveau reiche von 449,20 EUR bis 500,80 EUR. Als einseitiges Konfidenzintervall bedeute dies, dass auf einem Vertrauensniveau von 97,5 % die Bruttokaltmiete von 500,80 EUR von 20 % der mietspiegelrelevanten Wohnungen nicht überschritten werde.
Das Gericht hat beim Sachverständigen telefonisch nachgefragt, ob zwischen den unter Nr. 2.2 und unter Nr. 3 seines Gutachtens vom 22.05.2012 für den Stichtag 01.07.2008 gefundenen Ergebnissen nicht eine Inkonsistenz, also eine logische Unvereinbarkeit, bestehe. Wenn nach Nr. 2.2 des Gutachtens festgestellt werde, dass bei einem Vertrauensniveau von 97,5 % der Anteil der Wohnungen „um die 50 qm“, deren Bruttokaltmiete die Grenze von 504,21 EUR nicht überschritt, bei 19,5 % liege, wäre dann nicht unter Nr. 3 des Gutachtens zu erwarten gewesen, dass die Grenze, die bei einem Vertrauensniveau von 97,5 % von 20 % der Wohnungen „um die 50 qm“ nicht überschritten wird, etwas oberhalb statt mit 500,80 EUR leicht unterhalb des Wertes von 504,21 EUR gefunden würde? Der Sachverständige hat dazu mit Schreiben vom 24.05.2012 mitgeteilt, dass er seine Kalkulation überprüft habe und sie korrekt sei. Die geschilderten Unstimmigkeiten seien darauf zurückzuführen, dass die Konfidenzintervalle in Kapitel 3 des Gutachtens approximativ berechnet seien, die Konfidenzintervalle in Kapitel 2 Abschnitt 2 dagegen exakt. Der Senat hält diese Erklärung für überzeugend.
6. Gleichmäßige Verteilung des bis zur Mietobergrenze finanzierbaren Wohnungsbestands
Schließlich ist der Senat auch zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Wohnungen „um die 50 qm“, deren Bruttokaltmiete die vom Beklagten festgesetzten Höchstgrenzen nicht überschreiten, hinreichend gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet verteilen und sowohl in Bezug auf die Qualität ihrer Wohnlage als auch hinsichtlich der Qualitätsmerkmale der Wohnung in akzeptabler Weise verteilt sind. Maßgebend sind hierfür die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen unter Nr. 4 seines Gutachtens vom 22.05.2012:
a. Der Sachverständige hat die geographische Verteilung des die Referenzmieten nicht überschreitenden Wohnraums „um die 50 qm“ in den Tabellen 4 und 5 seines Gutachtens nachvollziehbar dargestellt.
Am aussagekräftigsten ist dabei die Tabelle 5, weil sich aus ihr für jeden Stadtbezirk Münchens ablesen lässt, ob der Anteil der Wohnungen, deren Bruttokaltmiete verschiedene gestaffelte Schwellenwerte nicht überschreitet, im Verhältnis zu den übrigen Stadtbezirken über- oder unterproportional ist. Maßgeblich sind dabei die Schwellenwerte „bis 450 EUR“ und „bis 550 EUR“, weil die Mietpreisobergrenzen des Beklagten zwischen diesen beiden Schwellenwerten liegen. Dabei zeigt der Wert 1,0 an, dass der Anteil von Wohnungen bis zum jeweiligen Schwellenwert in einem bestimmten Stadtbezirk genau dem Anteil dieser Wohnungen im gesamten Stadtgebiet München entspricht. Ein Wert zwischen 0 und 1,0 bedeutet eine Unterrepräsentation solcher Wohnungen, ein Wert größer als 1,0 eine Überrepräsentation. Aus der Tabelle ergibt sich, dass Wohnungen mit einer Bruttokaltmiete von bis zu 450 EUR in folgenden Stadtbezirken unterrepräsentiert waren: – Altstadt-Lehel (0,0) – Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (0,5) – M. (0,4) – wo im Übrigen die Klägerin wohnt – Schwabing-West (0,7) – Au-Haidhausen (0,7) – Moosach (0,0) – Milbertshofen-Am Hart (0,0) – Schwabing-Freimann (0,9) – Trudering-Riem (0,0) – Ramersdorf-Perlach (0,8) – Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln (0,9) – Hadern (0,0) – Aubing-Lochhausen-Langwied (0,8) – Allach-Untermenzing (0,0) – Laim (0,9) Wohnungen mit einer Bruttokaltmiete von bis zu 550 EUR waren nur noch in folgenden Stadtbezirken unterrepräsentiert: – Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (0,6) – M. (0,4) – Moosach (0,3) – Milbertshofen-Am Hart (0,6) – Ramersdorf-Perlach (0,7) – Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln (0,8) – Hadern (0,0) – Allach-Untermenzing (0,0) – Laim (0,9) Damit waren Wohnungen „um die 50 qm“ bis zum Schwellenwert von 450 EUR in 15 der insgesamt 25 Münchner Stadtbezirke unterrepräsentiert, bis zum Schwellenwert von 550 EUR fand sich eine Unterrepräsentation in 9 der 25 Stadtbezirke. Damit kann davon ausgegangen werden, dass bei Mietobergrenzen, die ungefähr in der Mitte zwischen den Schwellenwerten von 450 EUR und 550 EUR liegen, sich die Stadtbezirke mit Über- und Unterrepräsentation in etwa die Waage hielten. Diese Verteilung ist Ausdruck einer normalen städtischen Struktur und zeigt, dass eine „Ghettoisierung“ oder Verdrängung der Bevölkerungsschichten, die auf Wohnungen im Bereich der Angemessenheitsgrenzen angewiesen sind, in bestimmte eng umgrenzte Stadtviertel von besonders schlechter Struktur nicht zu befürchten ist. Eine außergewöhnliche Überrepräsentation besonders günstiger Wohnungen bis zum Schwellenwert von 450 EUR tritt nur im Stadtbezirk Schwanthalerhöhe (2,4) auf, bei den Wohnungen bis zum Schwellenwert 550 EUR findet sich eine durchgehend gleichmäßige Verteilung. Dies wird auch durch die Visualisierung in der Abbildung 4 des Gutachtens bestätigt, die eine weitgehend gleichmäßige Verteilung von Grün- und Grautönen ohne herausragende Rottöne – die auf Viertel mit einer überdurchschnittlichen Konzentration günstiger Wohnungen hinweisen würden – zeigt.
b. Bezüglich der Verteilung nach der Qualität der Wohnlage hat der Sachverständige unter Nr. 4.2 seines Gutachtens vom 22.05.2012 festgestellt, dass sich von den Wohnungen „um die 50 qm“ mit einer Bruttokaltmiete bis zu 450 EUR in durchschnittlicher Lage 87,9 % und in guter Lage 12,1 % befanden. Von den Wohnungen „um die 50 qm“ mit einer Bruttokaltmiete bis zu 550 EUR befanden sich 78,5 % in durchschnittlicher, 20,8 % in guter und 0,7 % in bester Lage. Keine einzige der Wohnungen befand sich in einfacher Lage (abgelegene Gebiete mit unzureichender Infrastruktur und/ oder durch ihre Nähe zu größeren Gewerbegebieten und Industriegebieten, Entsorgungs- und militärischen Anlagen geprägte Gebiete). Ein Wohnen in durchschnittlicher Wohnlage ist den Leistungsempfängern selbstverständlich zumutbar.
c. Was nun die Verteilung nach weiteren Qualitätsmerkmalen der Wohnung betrifft, hat der Sachverständige unter Nr. 4.3 seines Gutachtens vom 22.05.2012 festgestellt, dass von den Wohnungen „um die 50 qm“ die Wohnungen bis zu folgenden Bruttokaltmieten folgende Anteile aufwiesen: – Hochhaus oder Wohnblock: 30,3 % bis 450 EUR; 32,9 % bis 550 EUR – Einfacher Altbau: 40,9 % bis 450 EUR; 29,5 % bis 550 EUR – Einfacher Nachkriegsbau: 30,3 % bis 450 EUR; 29,5 % bis 550 EUR – Gehobener Neubau: 1,5 % bis 450 EUR; 3,3 % bis 550 EUR Zu dieser Tabelle ist anzumerken, dass die Merkmale „Hochhaus“ und „Wohnblock“ einer anderen Kategorie angehören (nämlich der Kategorie „Gebäudetypen“) als die Merkmale „einfacher Altbau“, „einfacher Nachkriegsbau“ und „gehobener Neubau“ (nämlich der Kategorie „durch Ausstattungsmerkmale charakterisierte Haustypen“). Deshalb besteht kein Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen den Merkmalen „Hochhaus oder Wohnblock“ einerseits und den übrigen Merkmalen andererseits, d. h. eine Wohnung kann beispielsweise sowohl in einem Wohnblock als auch in einem einfachen Altbau, Nachkriegsbau oder gehobenen Neubau liegen. Was nun den „einfachen Nachkriegsbau“ betrifft, ist anzumerken, dass die „Nachkriegszeit“ nach der Definition des Mietspiegels von 1949 bis 1978 (!) ging, während die „Altbauten“ den gesamten Zeitraum bis 1949 umfassten. „Einfach“ wird lediglich dadurch definiert, dass dem Mieter sowohl ein Platz im Speicher als auch im Keller zur Verfügung steht – der Mietspiegel geht davon aus, dass es sich in solchen Fällen in der Regel um nicht renovierte Gebäude handelt, was aber keineswegs immer der Fall sein muss. Daraus wird deutlich, dass die Qualitätsmerkmale der Wohnungen, auf welche die Leistungsempfänger verwiesen werden, nicht unzureichend sind: Gegen die Zumutbarkeit eines Wohnens in einem Hochhaus oder Wohnblock bestehen schon für sich keine Bedenken, und außerdem befinden sich ohnehin nur etwa 30 % der in Frage kommenden Wohnungen in solchen Gebäudetypen. Dass 60 bis 70 % der in Frage kommenden Wohnungen in „einfachen Altbauten“ oder „einfachen Nachkriegsbauten“ liegen, beschreibt ebenso wenig eine unzumutbare Wohnqualität, sondern sagt lediglich aus, dass 60 bis 70 % der Wohnungen in Häusern liegen, die bis 1978 gebaut wurden, und in denen den Mietern sowohl ein Keller- als auch ein Speicherabteil zur Verfügung steht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass zwar der Beklagte kein eigenes schlüssiges nachvollziehbares Konzept zur Berechnung der im vorliegenden Fall von ihm im Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 30.06.2008 gewährten Bruttokaltmiete von 496,45 EUR und der im Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.11.2008 gewährten Bruttokaltmiete von 504,21 EUR monatlich vorgelegt hat, dass aber die von Amts wegen vorgenommenen Ermittlungen des Gerichts diese Mietobergrenzen als angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestätigt haben, weil sich aus dem repräsentativ gewonnenen Datenmaterial eines qualifizierten Mietspiegels nach anerkannten statischen Methoden – auf einem hinreichend hohen Konfidenzniveau errechnen lässt, dass mindestens ein Fünftel der Wohnungen im Bereich der für die Haushaltsgröße nach der Produkttheorie maßgeblichen Wohnungsgröße die Mietobergrenze nicht überschreiten, und – weitere Daten und Auswertungen sicherstellen, dass sich die von der Mietobergrenze abgedeckten Wohnungen in zumutbarer Weise über den gesamten Vergleichsraum und nach der Qualität der Wohnlage sowie weiteren Qualitätsmerkmalen verteilen.
Während die vorstehenden Berechnungen zur Referenzmiete abstrakt erfolgt sind, ist auch unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin zu bejahen, dass eine solche abstrakt angemessene Wohnung tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können, dass also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hätte. Damit war der Klägerin die Absenkung ihrer tatsächlichen Kosten auf die Ange- messenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich und zumutbar. Das BSG hat den insoweit anzusetzenden Prüfungsmaßstab stark eingeschränkt: Da die angemessene Referenzmiete bereits bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten so festzulegen sei, dass es dem Leistungsberechtigten grundsätzlich ermöglicht werde, im gesamten räumlichen Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzu- mieten, und allenfalls in einzelnen Regionen Deutschlands ein Mangel an ausreichendem Wohnraum bestehe, dürfte für den Regelfall davon auszugehen sein, dass es in aus- reichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gebe (BSGE 102, 263 Rdnr. 36 und BSG, Urteil vom 20.12.2011 Az. B 4 AS 19/11 R Rdnr. 15). Diese Vermutung, die sich im vorliegenden Fall aus den umfassenden abstrakten Ermittlungen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze, insbesondere auch zur gleichmäßigen Verteilung der innerhalb der Referenzmieten finanzierbaren Wohnungen, ergibt, wird im vorliegenden Fall nicht entkräftet. Sie wird im Gegenteil bestätigt durch die von der LHS München mit Schreiben vom 14.01.2011 vorgelegten Auswertungen der Vermietungsangebote der Süddeutschen Zeitung in den Jahren 2007 und 2008, wonach der Anteil der Wohnungen von 45 bis 55 qm Wohnfläche mit einer Nettokaltmiete von 450 EUR oder geringer im Jahr 2007 bei 4,1 % und im Jahr 2008 bei 6,1 % des Gesamtangebots von Wohnungen mit gleicher Wohnfläche lag, wobei sich hinter den 4,1 % im Jahr 2007 in absoluten Zahlen 37 Wohnungen und hinter den 6,1 % im Jahr 2008 eine Anzahl von 60 Wohnungen verbargen. Weiter hat die LHS München mit Schreiben vom 02.12.2011 die Anzahl der Wohnungsangebote der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG in den Jahren 2007 und 2008 im Bereich von 48 bis 55 qm auf jeweils 75 beziffert. Schließlich hat die LHS München mit Schreiben vom 02.12.2011 unter Anlage 5 eine Liste von 217 Wohnungen aus dem Fallbestand des Beklagten vorgelegt, die eine Wohnfläche von 48 bis 52 qm aufweisen und deren Nettokaltmiete den Betrag von 449 EUR nicht überschreitet. Die Wohnungen wurden zwischen 2006 und 2011 angemietet, 76 davon in den Jahren 2007 und 2008. Damit steht fest, dass im streitgegenständlichen Zeitraum entsprechende Unterkunftsalternativen tatsächlich zur Verfügung standen. Unerheblich ist, ob die Klägerin eine Wohnung in dem von ihr bewohnten Stadtbezirk M. finden konnte, in dem nach dem Sachverständigengutachten günstige Wohnungen besonders unterrepräsentiert sind; denn eine Aufgabe des sozialen Umfeldes ist mit dem Umzug in einen anderen Stadtbezirk in München nicht verbunden; vielmehr sind zur Aufrechterhaltung des sozialen Umfeldes Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie auch erwerbstätigen Pendlern selbstverständlich zugemutet werden (BSG, Urteil vom 23.08.2011 Az. B 14 AS 91/10 R Rdnr. 29).
Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die zu übernehmende Bruttokaltmiete der Klägerin zu Recht in der Zeit von Juni 2007 bis Juni 2008 auf 496,45 EUR und in der Zeit von Juli bis November 2008 auf 504,21 EUR beschränkt hat.
Darüber hinaus waren der Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum Vorauszahlungen an die Stadtwerke für Gas in Höhe von monatlich 97 EUR entstanden, mit Ausnahme des Monats Februar 2008, in dem sie aufgrund der Jahresabrechnung einen Betrag in Höhe von 107 EUR für Gas aufzuwenden hatte, der in diesem Monat fällig wurde. Das Gas war nicht nur für die Heizung, sondern auch für die Erwärmung von Warmwasser bestimmt, ohne dass die Anteile für Warmwasser durch Zähler oder sonstige geeignete Messeinrichtungen erfasst worden wären. Deshalb sind die Kosten für Warmwasser in Höhe des im Regelsatz enthaltenen Anteils für Warmwasser abzuziehen, das war bis Juni 2007 ein Betrag von 6,22 EUR, ab Juli 2007 ein Betrag von 6,26 EUR und ab Juli 2008 ein Betrag von 6,33 EUR. Daraus errechnen sich insgesamt zu übernehmende Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 587,23 EUR für Juni 2007, 587,19 EUR für Juli 2007 bis Januar 2008 und März 2008 bis Juni 2008 und 594,88 EUR für Juli bis November 2008. Diese Beträge waren gemäß § 41 Abs. 2 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung wie folgt zu runden: für Juni 2007 bis Juni 2008 auf 587 EUR und für Juli bis November 2008 auf 595 EUR. Der Beklagte hat die Leistungen in seinen Bescheiden – mit Ausnahme des Monats Februar 2008 – im Prinzip korrekt berechnet, aber die Rundung vergessen. Die im Februar 2008 fällige Nachforderung aufgrund der Jahresabrechnung war als aktueller Bedarf in diesem Monat zu berücksichtigen (BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 47, Rdnr. 14). Deshalb ist der Beklagte wie aus dem Tenor ersichtlich für die Monate Juli bis November 2008 zu einer Nachzahlung von jeweils 0,12 EUR zu verurteilen; während er in den übrigen Monaten geringfügig zu hohe Leistungen bewilligt hat. Für Februar 2008 wurden im letzten, hier maßgeblichen Änderungsbescheid vom 29.04.2009 um 9,88 EUR zu geringe Leistungen bewilligt, weil übersehen worden war, dass in diesem Monat für Gas ein Betrag von 107 EUR (aufgrund der Jahresabrechnung) und nicht nur 97 EUR (wie in den übrigen Monaten) zu zahlen war: die KdU für Februar 2008 berechnen sich somit zu 597,19 EUR, abzurunden auf 597 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich am Verhältnis des jeweiligen Unterliegens und Obsiegens der Parteien.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).“

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Arbeitsrecht Regensburg: Kündigung wegen Kirchenaustritts kann wirksam sein

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer – etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit – und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat – wie die Vorinstanzen – die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung abgewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.
Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. April 2013 – 2 AZR 579/12 –
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – Urteil vom 9. März 2012 – 12 Sa 55/11 –

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Bundesarbeitsgericht: Fortführung der „neuen“ Rechtsprechung zur Bedeutung von Leiharbeitnehmern

Leiharbeitnehmer zählen im Entleiherbetrieb

Leiharbeitnehmer sind bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebs grundsätzlich zu berücksichtigen.
Nach § 9 Satz 1 BetrVG richtet sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats nach der Anzahl der im Betrieb in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer. Bei 5 bis 100 Arbeitnehmern kommt es darüber hinaus auch auf die Wahlberechtigung an. Ab 101 Arbeitnehmern nennt das Gesetz diese Voraussetzung nicht mehr. In Betrieben mit in der Regel 701 bis 1000 Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus 13 Mitgliedern, in Betrieben mit in der Regel 1001 bis 1500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern. Wie der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat, zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG im Entleiherbetrieb mit. Das ergibt die insbesondere an Sinn und Zweck der Schwellenwerte orientierte Auslegung des Gesetzes. Jedenfalls bei einer Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern kommt es auch nicht auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer an.
Anders als in den Vorinstanzen hatte daher beim Bundesarbeitsgericht die Anfechtung einer Betriebsratswahl durch 14 Arbeitnehmer Erfolg. In ihrem Betrieb waren zum Zeitpunkt der angefochtenen Wahl neben 879 Stammarbeitnehmern regelmäßig 292 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Wahlvorstand hatte die Leiharbeitnehmer bei der Wahl nicht berücksichtigt und einen 13-köpfigen Betriebsrat wählen lassen. Unter Einbeziehung der Leiharbeitnehmer wäre dagegen ein 15-köpfiger Betriebsrat zu wählen gewesen.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. März 2013 – 7 ABR 69/11 –
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 2. August 2011 – 7 TaBV 66/10 –

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Bundesarbeitsgericht: Leiharbeitnehmer können bei der Frage der Anwendbarkeit des KSchG mitzählen!

Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung. Der Kläger war seit Juli 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen, weil das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Es ist nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es steht noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb „in der Regel“ nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt waren.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Januar 2013 – 2 AZR 140/12 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 27. Juli 2011 – 4 Sa 713/10 –

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Jobcenter: Anrechnung von Kindergeld in Falle eines im Heim lebenden schwerbehinderten Kind

Die Revision des beklagten Jobcenters wurde zurückgewiesen.
Das LSG hat eine Berücksichtigung der Kindergeldzahlung als Einkommen der Klägerin zu Recht abgelehnt. Die Klägerin bildet mit ihrem schwerstbehinderten volljährigen Sohn, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe hat, keine Bedarfsgemeinschaft. Auch die Tatsache, dass sich der Sohn an Wochenenden bzw in den Ferien bei der Klägerin aufhält, ist kein Anlass für die Berücksichtigung des Kindergeldes, das nachweislich an den Sohn der Klägerin weitergeleitet wird, als Einkommen der Klägerin.
SG Altenburg – S 31 AS 3837/08 – Thüringer LSG – L 7 AS 391/09 – Bundessozialgericht – B 14 AS 81/12 R –

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Jobcenter Regensburg: Folgende Antwort kam auf meinen offenen Brief

Leider ist der Eintrag nur auf русский und English verfügbar.

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