Arbeitsrecht Regensburg: Fehlerhaftes Eingliederungsmanagement (BEM) bringt Kündigung zu Fall

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) bereitet in der Praxis nach wie vor immer wieder Probleme. Gerade kleinere oder mittelständische Unternehmen wissen damit oft nur wenig anzufangen.

Grundsätzlich ist ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank ist, § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Ziel eines solchen ist, unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Personalvertretung, zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Entgegen dem ausdrücklichem Wortlaut der Vorschrift ist ein BEM nicht nur bei schwerbehinderten Arbeitnehmern, sondern bei sämtlichen Mitarbeitern durchzuführen. Die Unterlassung eines solchen Verfahrens bzw. dessen nicht ordnungsgemäße Durchführung hat zwar für den Arbeitgeber keine unmittelbaren Konsequenzen zur Folge. Vor allem beim Ausspruch einer (krankheitsbedingten) Kündigung führen Fehler bei der Durchführung des BEM im Ergebnis regelmäßig zu einer Unwirksamkeit der Kündigung. Zwar ist die Durchführung des BEM keine zwingende Voraussetzung einer ausgesprochenen Kündigung. Der Arbeitgeber muss aber dann nachweisen, dass die Kündigung nicht durch andere Maßnahmen vermieden werden hätte können, was sich in der Praxis äußerst schwierig gestaltet.

Ein Hauptproblem für den Arbeitgeber besteht dabei vor allem darin, dass die konkreten Anforderungen und der genaue Umfang der notwendigen Maßnahmen im Gesetz nur sehr vage geregelt sind. In jedem Betrieb oder Unternehmen sind angemessene individuelle Lösungen zu finden. Gesetzlich vorgegeben ist lediglich die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung der Beschäftigten (Betriebs- oder Personalrat) und bei schwerbehinderten Beschäftigten außerdem die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Weiter sollen der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen werden, wenn dies erforderlich ist. Soweit für die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung erneuter Erkrankung Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen, soll der Arbeitgeber außerdem die örtlichen Gemeinsamen Servicestellen der Rehabilitationsträger oder das Integrationsamt beteiligen.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 22.09.2015, 1 Sa 48a /15) hat jetzt eine ordnungsgemäße Durchführung eines BEM und damit letztendlich aus die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung mit einem ehre formalen Argument abgelehnt und insoweit ausgeführt:

„Es ist Sache des Arbeitgebers die Initiative zur Durchführung des BEM zu ergreifen. Kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber eine solche Initiative ergriffen hat, kann davon nur ausgegangen werden, wenn er den Arbeitnehmer zuvor nach § 84 Abs. 2 S. 3 SGB 9 auf die Ziele des BEM sowie Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hingewiesen hat. Der Hinweis erfordert eine Darstellung der Ziele, die inhaltlich über eine bloße Bezugnahme auf die Vorschrift des § 84 Abs. 2 S. 1 SGB 9 hinausgeht. Zu diesen Zielen rechnet die Klärung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann. Dem Arbeitnehmer muss verdeutlicht werden, dass es um die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren durchgeführt werden soll, in das auch er Vorschläge einbringen kann. Daneben ist ein Hinweis zur Datenerhebung und Datenverwendung erforderlich, der klarstellt, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes BEM durchführen zu können. Dem Arbeitnehmer muss mitgeteilt werden, welche Krankheitsdaten als sensible Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG erhoben und gespeichert und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Nur bei entsprechender Unterrichtung kann vom Versuch der ordnungsgemäßen Durchführung eines BEM die Rede sein (BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13 – Juris, Rn 31 u. 32).“

 

Die Rechtsanwälte Dr. Hofmann, Huesmann und Sodan beraten und vertreten Privatpersonen sowie kleine und mittelständische Unternehmen vor allem in den Bereichen Arbeitsrecht, Familienrecht und Strafrecht. Eine besondere Kompetenz der Kanzlei liegt dabei in der Bearbeitung von Fällen mit internationalem Bezug, z.B. mit Berührungspunkten zu Russland oder Südafrika. Die Kommunikation mit den Anwälten kann in Deutsch, Russisch und Englisch erfolgen. Daneben engagieren sich alle Rechtsanwälte auch im karitativen Bereich, insbesondere durch die Übernahme von sozialrechtlichen Mandaten, die Tätigkeit als Verfahrensbeistand in familienrechtlichen Verfahren oder die Vertretung von Personen als Pflichtverteidiger im Strafverfahren.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Arbeitsrecht Regensburg: Schwerbehinderung und die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage

Die kurze 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG, innerhalb der eine Klage gegen eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung eingereicht werden muss, soll insbesondere auch eine schnelle Rechtssicherheit zwischen den Arbeitsvertragsparteien schaffen. Reicht der Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist keine Kündigungsschutzklage ein, kann der Arbeitgeber sich im Grundsatz sicher sein, dass das Arbeitsverhältnis beendete ist und zumindest ab dem Kündigungszeitpunkt keine neuen Rechte und Pflichten mehr entstehen können.

Wie uns ein aktueller Fall in unserer Praxis aber gerade wieder einmal zeigt, gilt das nur im Grundsatz. Der von uns vertretenen Arbeitgeber kündigte einen Arbeitnehmer jedes Jahr „einvernehmlich“ über die Winterzeit und stellte ihn im Frühjahr wieder ein. Dieses Jahr hielt sich der Arbeitgeber aber nicht mehr an seine Zusage und lehnte eine Wiedereinstellung ab. Eigentlich wäre dies kein Problem für den Arbeitgeber. Die dreiwöchige Klagefrist war längst abgelaufen. Eine verbindliche Wiedereinstellungszusage wäre für den Arbeitnehmer nicht nachweisbar gewesen.

Das Problem lag aber darin, dass der Arbeitnehmer schwerbehindert war und der Arbeitgeber dies auch wusste. Die insoweit für die Kündigung grundsätzlich zwingend notwendige Zustimmung des Integrationsamtes hatte der Arbeitgeber, wie auch schon die Jahre zuvor, nicht eingeholt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 13.02.2008 – 2 AZR 864/06) hat in diesem Zusammenhang nämlich Folgendes entschieden:

Kündigt der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer in Kenntnis von dessen Schwerbehinderteneigenschaft, so kann dieser das Fehlen der nach § 85 SGB IX erforderlichen Zustimmung bis zur Grenze der Verwirkung jederzeit geltend machen, wenn ihm eine entsprechende Entscheidung der zuständigen Behörde nicht bekannt gegeben worden ist ( § 4 Satz 1 KSchG).

In einer solchen Konstellation beginnt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nämlich gar nicht zu laufen. Dies sei erst der Fall, wenn eine entsprechende Zustimmung des Integrationsamtes dem Arbeitnehmer bekannt gegeben werde.

Dies zeigt, dass es eine absolute Sicherheit für den Arbeitgeber auch nach ungenutztem Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nicht gibt. Zwar ist diese Gefahr relativ gering, es gibt aber immer wieder Ausnahmekonstellationen in denen

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Sozialrecht Regensburg: Kindergeldnachzahlung ist keine einmalige Einnahme

Das Bundessozialgericht hat in einem aktuellen Urteil (Beschluss vom 17.03.2016 – B 4 AS 694/15 B) nochmals ausdrücklich bestätigt, dass eine Kindegeldnachzahlung keine einmalige Einnahme darstellt, die auf 6 Monate aufzuteilen wäre und in diesem (gesamten) Zeitraum den Anspruch reduzieren würde. Vielmehr ist auch die Nachzahlung nur im Zuflussmonat anzurechnen.

Das Bundessozialgericht führt insoweit aus:

„Die vom Beklagten zitierte Entscheidung des BSG liefert jedoch – anders als der Beklagte meint – bereits die Antwort auf die von ihm als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage. Das BSG hat in dieser Entscheidung folgenden Leitsatz formuliert: „Für die Qualifizierung einer Einnahme als im Zuflussmonat zu berücksichtigende laufende Einnahme reicht es aus, wenn diese nach dem ihr zugrundeliegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre, auch wenn sie tatsächlich erst in einem Gesamtbetrag nach der Beendigung des Rechtsverhältnisses erbracht wird.“ Der Schluss, dass es für die Qualifizierung der Nachzahlung als laufende oder einmalige Einnahme auf die Beendigung des Rechtsverhältnisses, dem sie entstammt ankäme, kann diesem Leitsatz nicht entnommen werden. Die weiteren Ausführungen in den Entscheidungsgründen belegen das. Dort heißt es unter RdNr 18: „Ohne Bedeutung für die Abgrenzung ist es, ob das Rechtsverhältnis, auf dem die Zahlung beruht, zum Zeitpunkt der Zahlung noch bestanden hat oder schon beendet war. Da der Rechtsgrund der Zahlung maßgebliches Anknüpfungskriterium ist, ändert auch dies den Charakter der Zahlung als eine auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhende und an sich regelmäßig zu erbringende Einnahme nicht. Würde man nur auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem das Rechtsverhältnis endet, wäre im Übrigen die Qualifizierung als einmalige oder laufende Einnahme von den Zufälligkeiten der Zahlungsmodalitäten abhängig.“

Auch sind die weiteren Ausführungen des 4. Senats des BSG im Hinblick auf die Beantwortung der vom Beklagten herausgearbeiteten Frage eindeutig. Der Senat hat eine Präzisierung der bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung von einmaligen und laufenden Einnahmen für Fälle vorgenommen, in denen die regelmäßige Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist. In diesen Fällen kommt dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebende Bedeutung zu. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht „laufend“, sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden (BSG vom 24.04.2015 – B 4 AS 32/14 R).

Inwieweit sich im Hinblick auf die Nachzahlung von Kindergeld eine Abweichung hiervon ergeben kann, die zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage führen könnte, ist nicht ersichtlich und ist dem Beklagten auch nicht gelungen darzulegen. Ebenso kommt es für den hier zu entscheidenden Fall darauf an, dass in einem Gesetzentwurf eine anderslautende, die bisherige Rechtslage, auf der die Rechtsprechung des erkennenden Senats beruht, ändernde Regelung für zukünftige Fälle vorgesehen ist.“

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Arbeitsrecht Regensburg: Elternzeit muss schriftlich beantragt werden

Gemäß § 16 Abs. 1 BEEG muss die Elternzeit beim Arbeitgeber spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich verlangt werden. Ein Telefax reicht grundsätzlich nicht aus, um die gesetzlichen Anforderungen an die Schriftform zu erfüllen.

 

Dies hat das Bundesarbeitsgericht jetzt auch für den Fall der Beantragung von Elternzeit bestätigt (Urteil vom 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15) und im Rahmen der dazu erstellten Pressemitteilung ausgeführt:

 

„Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung – zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht. Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB. Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung. Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).

Die Klägerin war als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem beklagten Rechtsanwalt beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013. Im Kündigungsrechtsstreit machte die Klägerin geltend, sie habe dem Beklagten nach der Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10. Juni 2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Der Beklagte habe deshalb das Arbeitsverhältnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundearbeitsgerichts Erfolg. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung des Beklagten vom 15. November 2013 aufgelöst worden. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts genoss die Klägerin nicht den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Die Klägerin hatte mit ihrem Telefax vom 10. Juni 2013 nicht wirksam Elternzeit verlangt. Besonderheiten, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrten, sich auf den Formverstoß zu berufen, lagen nicht vor.“

 

 

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Sozialrecht Regensburg: Eingliederungsverwaltungsakt nur nach vorherigen Verhandlungen

Das Sozialgericht Köln (Beschluss vom 7. Dezember 2015, Az.: S 37 AS 3523/15 ER) hat entschieden, dass eine Pflicht des Jobcenters dahingehend besteht, vor Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) stets den Versuch zu unternehmen, mit dem Hilfeempfänger einvernehmlich eine Eingliederungsvereinbarung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II) abzuschließen. Eine Ausnahme von dieser Verpflichtung kommt nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was aber im Eingliederungsverwaltungsakt eingehend dargelegt werden muss. Darüber hinaus trägt das Jobcenter auch die materielle Darlegungslast (Beweislast) für die Durchführung eines solchen Versuches.

Insbesondere der Nachweis eines tatsächlich unternommenen Verhandlungsversuchs bzw. die Pflicht zur umfassenden Begründung hinsichtlich des Unterlassens eines solchen Versuchs dürften der Rechtmäßigkeit vieler Eingliederungsverwaltungsakte im Zweifel wohl entgegenstehen.

 

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Haftung bei Kreditkartenmissbrauch

Es kommt immer wieder vor, dass es in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abhebung von Bargeld an einem Automaten zu Missbrauchsfällen der Kreditkarte kommt. Selbst wenn man noch so vorsichtig ist, wird es keinen absoluten Schutz in dieser Situation geben. Die Frage die sich dann nach einen solchem Missbrauch stellt ist, wer für den entstandenen Schaden aufkommt.

Ein aktuell durch uns bearbeitete Fall zeigt, dass es Kriminellen immer wieder gelingt, Zugriff auf eine Kreditkarte und die entsprechende Pin zu erlangen und die Banken oder Kreditkartengesellschaften sich im Nachhinein erst einmal von jeder Haftung freisprechen und dem Kunden grobe Fahrlässigkeit unterstellen, selbst wenn es im entsprechenden Fall eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, wonach der Kunde gerade nicht haftet.

Unser Mandant wurde während der Geldabhebung von einer Person angesprochen, als er bereits die Pin eingegeben hatte. Da ihm dies verdächtig vorkam, brach er den Vorgang unmittelbar ab. In diesem Moment traten zwei weitere Personen an den Geldautomaten heran und bedrängten unseren Mandanten ziemlich massiv. Während er so abgelenkt war, hat wohl einer der Täter die Kreditkarte gegriffen, als diese wieder aus dem Automaten herauskam. Da die Täter den Mandanten wohl bei Eingabe der PIN Nummer beobachtet hatten, verfügten sie nunmehr über die Kreditkarte und die entsprechenden Pin und hoben unmittelbar danach (innerhalb von weniger Minuten) ca. 1000 € ab. Die Sperrung der Karte durch unseren Mandanten erfolgte leider einige Minuten zu spät.

Die Reklamation der Verfügung wurde durch die Bank unseres Mandanten aber erst einmal mit einem pauschalen Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung und grobe Fahrlässigkeit des Mandanten zurückgewiesen. Erst nach unserem Tätigwerden erfolgte eine Erstattung an unseren Mandanten. Dies ist vor allem deshalb bedenklich, weil die Bank unseres Mandanten trotz der eindeutigen Rechtslage, die Reklamation ursprünglich einfach zurückgewiesen hat, d.h. man „probiert es einfach einmal“.

Grundsätzlich wird von der Rechtsprechung zwar ein Anscheinsbeweis für grobe Fahrlässigkeit dann gesehen, wenn unberechtigte Personen Zugriff auf die Kreditkarte und die Pin haben. Es wird dann vermutet, dass entweder die Karte und der PIN unberechtigt an Dritte weitergegeben wurde oder aber die Pin grob fahrlässig auf der Karte notiert wurde. Allerdings gilt diese Anscheinsbeweis gerade dann nicht, wenn der Kunde nachweisen kann, dass ihm die Karte in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Geldabhebung abhandengekommen ist. Dann besteht nämlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines anderen Geschehensablaufes, insbesondere dass die PIN Nummer durch unzureichende Sicherheitsvorkehrungen der Banken bei der Geldabhebung durch Täter ausgespäht wurde.

Obwohl dies der Bundesgerichtshof bereits 2004 abschließend entschieden hat (Urteil vom 5. 10. 2004 – XI ZR 210/03) versuchen die Banken offenbar nach wie vor, berechtigte Ansprüche der Kunden erst einmal pauschal zurückzuweisen.

 

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Sozialrecht Regensburg: Keine „Sozialhilfe“ für Deutsche im Ausland

Es ist grundsätzlich allgemein bekannt, dass Sozialleistungen nach dem SGB II oder SGB XII grundsätzlich nur für Personen mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland gezahlt werden.

Das OVG (Beschluss vom 19. Februar 2016, Az. OVG 10 S 7.16, OVG 10 M 6.16) hatte sich mit einem interessanten Fall in diesem Zusammenhang zu beschäftigen. Ein deutscher Staatsangehöriger bzw. dessen Angehörige mit einem Wohnsitz im Ausland beantragten von der Bundesrepublik Deutschland eine monatliche Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Insoweit wurde argumentiert, dass sich ein entsprechender Anspruch aus der Verpflichtung der Bundesrepublik zur Erbringung von konsularischer Hilfe für Deutsche im Ausland ergeben solle.

Das OVG hat dies abgelehnt und ausgeführt:

„Im Übrigen bezweckt die konsularische Hilfe nach § 5 KG jedenfalls keine allgemeine Unterstützung von Deutschen und Familienangehörigen von Deutschen im Ausland in der Art einer „Sozialhilfe“ im Ausland, sondern zielt darauf, eine akute Notsituation zu beheben, und beschränkt sich daher auf das, was im Einzelfall konkret notwendig ist, um die akute Hilfsbedürftigkeit zu beseitigen. Demgegenüber ist eine längerfristige finanzielle Unterstützung, wie sie die Antragstellerin in Form einer Geldleistung in Höhe von 670,- EURO monatlich begehrt, im Wege der konsularischen Hilfe grundsätzlich nicht zu erhalten (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 12. Februar 2016 – OVG 10 S 6.16/OVG 10 M 3.16 – vgl. Beschluss vom 30. Januar 2013 – OVG 10 S 2.13 und OVG 10 M 5.13, juris, Rn. 3 f. m.w.N.).“

 

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Sozialrecht Regensburg: BSG – Zuschlag für Alleinerziehende nur ausnahmsweise bei Aufteilung

Das Bundessozialgericht hat sich kürzlich in einer Entscheidung (BSG, Urteil vom 12.11.2015 – B 14 AS 23/14 R) zum Eingreifen eines anteiligen Zuschlags § 21 Abs. 3 Nr. 1 Alt 1 SGB II geäußert und diesen im konkreten Fall (Aufteilung der Betreuung 40/60) abgelehnt. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass schon nach dem Wortlaut der Vorschrift dieser Zuschlag nur demjenigen Elternteil gewährt werden kann, welcher die Erziehung zumindest überwiegend allein übernimmt. Eine ausnahmsweise hälftige Aufteilung und Bewilligung kommt nur bei Wechselmodellen in Betracht, bei welchen quasi identische Betreuungs- und Erziehungsleistungen erbracht werden. Dies war vorliegend aber nicht der Fall, da die Betreuungsleistungen überwiegend (60 Prozent) von dem anderen Elternteil erbracht wurden.

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Sozialrecht Regensburg: Einkommensanrechnung von „überschießendem“ Kindergeld

In Fällen sog. Einkommensschwacher Familien stellt sich immer wieder das Problem, dass ein Kind seinen Unterhalt aus eigenem Vermögen oder Einkommen (z.B. Unterhalt) bestreiten kann. Es fällt daher aus der Bedarfsgemeinschaft heraus. Das eigentlich für das Kind bestimmte Kindergeld wird dann als Einkommen der Eltern angerechnet. Diese sollen von diesem Geld ihren Lebensunterhalt bestreiten. Bedenkt man, dass in einer „reichen“ Familie das Kindergeld uneingeschränkt der Förderung der Entwicklung des Kindes zugutekommen kann, erscheint es doch mehr als bedenklich, wenn man das Kindergeld in einer „armen“ Familie für den Unterhalt der Eltern verwenden soll. Dennoch bestätigen die Sozialgerichte genau diese Vorgehensweise der Sozialleistungsträger.

Allerdings gibt es seit der Unterhaltsrechtsreform gute Argumente gegen diese Auffassung:

Mit seinem Beschluss 1 BvR 932/10 vom 14.07.2011 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass das Kindergeld seit 01.01.2008 eigenes Einkommen des Kindes ist und damit (nur) zur Deckung des Bedarfs des Kindes zu verwenden ist. Es steht nicht für Zwecke der Eltern zur Verfügung. Nach § 1612b BGB in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung stand das Kindergeld grundsätzlich den Eltern zu, die es zur Deckung ihres eigenen Bedarfs einsetzen durften. Kindergeld wurde als Einkommen der Eltern angesehen, welches ihnen zur Erleichterung der ihren Kindern gegenüber bestehenden Unterhaltslast gewährt wurde (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.07.2011 1 BvR 932/10, 36).Im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz hat der Gesetzgeber im Rahmen der Unterhaltsrechtsreform 2007 den § 1612b BGB neu ausgestaltet und einen Systemwechsel bei der Zuweisung des Kindergeldes vollzogen. In § 1612b BGB n.F. hat er das Kindergeld nicht mehr den Eltern, sondern den Kindern selbst als deren eigenes Einkommen bindend und unabhängig vom Außenverhältnis zwischen dem Bezugsberechtigten und der Familienkasse zugewiesen (vgl. Bundesverfassungsgericht, aaO, Rn. 37) Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich die Zweckbestimmung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes in § 1612b BGB n.F. den sozialrechtlichen Bestimmungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II und des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII angleichen (vgl. BTDrucks 16/1830, S. 29).

Würde man nun den Kindergeldüberhang (durchaus entsprechend der bisherigen einfachgesetzlichen Rechtslage) weiterhin als Einkommen der Eltern anrechnen, wäre dies mit dieser Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers und mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen. Das Kind, dessen Familie in beengten finanziellen Verhältnissen lebt, wäre (obwohl es selbst überhaupt nicht hilfebedürftig ist) zur Bestreitung des Lebensunterhaltes seiner Angehörigen verpflichtet. Dafür müsste das Kind zum einen Mittel einsetzen, die der Gesetzgeber ihm nunmehr ausdrücklich zuweist und die ausschließlich der Förderung seiner Belange und des Kindeswohles dienen sollen. Zum anderen wird damit in Abweichung zum „normalen“ Familienrecht eine viel weitergehende Unterhaltspflicht geschaffen. Aufgrund der im Familienrecht geltenden Freibeträge, würde ein Anspruch auf Elternunterhalt in den vorliegenden Konstellationen von vornherein ausscheiden. Im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes scheint dies unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt. Bei der Familie, die in guten finanziellen Verhältnissen lebt, stünde das Kindergeld allein dem Kind und dessen Entwicklung zu. Bei der Familie die in ärmeren Verhältnissen lebt, stünde das Kindergeld nur bis zur Höhe des fiktiven Bedarfs dem Kind zu, der darüber hinausgehende Betrag müsste aber für den Lebensunterhalt der Angehörigen eingesetzt werden und käme daher insoweit von vorherein gerade nicht mehr der Entwicklung des Kindes zugute.

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Sozialrecht Regensburg: Wieder aktuelle Entscheidung zur Kindergeldanrechnung

Das Landessozialgericht Niedersachsen – Bremen (LSG) hat entschieden, dass Kindergeld dem Elternteil als Einkommen zugerechnet wird, der Grundsicherungsleistungen bezieht. Dies gilt auch dann, wenn das Kind selbst über Vermögen verfügt und daher im Gegensatz zu seinen Eltern keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hat.

Dem liegt der Fall einer im Raum Hildesheim lebenden Familie zugrunde, in der die Eltern Grundsicherungsleistungen erhielten. Eines der Kinder jedoch hatte Vermögen und hatte daher keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Das Jobcenter hatte das Kindergeld des nicht bedürftigen Kindes als Einkommen der bedürftigen Eltern gewertet, so dass diese einen reduzierten Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatten. Die Eltern wehrten sich gegen die Berücksichtigung des Kindergeldes bei ihrer Bedarfsberechnung, weil das vermögende Kind das Kindergeld ihrer Ansicht nach für seinen Unterhalt selbst benötige.

Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, dass das Kindergeld als Einkommen der bedürftigen Eltern zu werten ist. Sowohl das Kindergeld als auch die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende würden der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dienen. Das Kindergeld könne daher bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II der Eltern angerechnet werden. Dies gelte nicht nur dann, wenn das Kind ebenso wie seine Eltern bedürftig ist. Das Kindergeld mindere auch dann den Bedarf seiner Eltern, wenn das Kind vermögend sei und daher selbst keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hat.

Dass im Unterhaltsrecht trotz Vermögen eines Kindes weiterhin Unterhalt von den Eltern an das Kind zu zahlen sei, habe keine Relevanz für die sozialrechtliche Berechnung des zu gewährenden Existenzminimums. Im Sozialrecht verbleibe es bei der Anrechnung des Kindergeldes auf das Einkommen der Eltern.

Das diese Auffassung nach der Unterhaltsrechtsreform durchaus fraglich erscheint, wurde bereits in einem anderen Beitrag ausführlich dargestellt.

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