Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – Südafrika

 


Abkommen

zwischen

der Bundesrepublik Deutschland

und

der Republik Südafrika

zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

 

 

 

Präambel

Die Bundesrepublik Deutschland

und

die Republik Südafrika

 

 

von dem Wunsch geleitet, ihre wirtschaftlichen Beziehungen durch den Abbau steuerlicher Hindernisse zu fördern, sind wie folgt übereingekommen:

 

 

Artikel 1

Unter das Abkommen fallende Personen

Dieses Abkommen gilt für Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaa-ten ansässig sind.

 

Artikel 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

 

(1) Dieses Abkommen gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung, für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für Rechnung eines Vertragsstaats, eines seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden.

(2) Als Steuern vom Einkommen und vom Vermögen gelten alle Steuern, die vom Gesamteinkommen, vom Gesamtvermögen oder von Teilen des Einkommens oder des Vermögens erhoben werden, einschließlich der Steuern vom Gewinn aus der Veräußerung beweglichen oder unbeweglichen Vermögens, der Lohnsummensteuern sowie der Steuern vom Vermögenszuwachs.

(3) Zu den zur Zeit bestehenden Steuern, für die dieses Abkommen gilt, gehören insbesondere:

a) in der Bundesrepublik Deutschland:

i. die Einkommensteuer,

ii. die Körperschaftsteuer,

iii. die Vermögensteuer und

iv. die Gewerbesteuer,

einschließlich der hierauf erhobenen Zuschläge

(im Folgenden als „deutsche Steuer“ bezeichnet);

b) in Südafrika:

i. die Normalsteuer (normal tax),

ii. die Zweitsteuer auf Gewinnausschüttungen von Unternehmen (secondary tax on companies) und

iii. die im Abzugsweg erhobene Steuer von Lizenzgebühren (witholding tax on royalties)

(im Folgenden als „südafrikanische Steuer“ bezeichnet).

(4) Das Abkommen gilt auch für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art, die nach der Unterzeichnung des Abkommens neben den bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten teilen einander, soweit für die Abkommensanwendung erforderlich, die in ihren jeweiligen Steuergesetzen eingetretenen Änderungen mit.

 

Artikel 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

 

(1) Im Sinne dieses Abkommens, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert,

 

a) bezeichnet der Ausdruck „Bundesrepublik Deutschland“ die Bundesrepublik Deutschland sowie das an das Küstenmeer angrenzende Gebiet des Meeresbodens, des Meeresuntergrunds und der darüber befindlichen Wassersäule, soweit die Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften souveräne Rechte und Hoheitsbefug-nisse zum Zwecke der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen ausübt;

 

b) bezeichnet der Ausdruck „Südafrika“ die Republik Südafrika und umfasst, im geographischen Sinne verwendet, deren Küstenmeer sowie alle anderen Gebiete außerhalb des Küstenmeeres, einschließlich des Kontinentalsockels, die nach dem Recht Südafrikas und in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht als Gebiet ausgewiesen sind oder noch ausgewiesen werden können, in dem Südafrika seine souveränen Rechte und Hoheitsbefugnisse ausüben kann;

 

c) bezeichnen die Ausdrücke „ein Vertragsstaat“ und „der andere Vertragsstaat“ je nach dem Zusammenhang die Bundesrepublik Deutschland oder Südafrika;

 

d) umfasst der Ausdruck „Person“ natürliche Personen, Gesellschaften und Personen jeder Art, die für die Besteuerung als Steuersubjekt behandelt werden;

 

e) bezeichnet der Ausdruck „Gesellschaft“ eine juristische Person oder einen Rechtsträger, der für die Besteuerung wie eine juristische Person behandelt wird;

 

f) bezieht sich der Ausdruck „Unternehmen“ auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit;

 

g) bezeichnen die Ausdrücke „Unternehmen eines Vertragsstaats“ und „Unter-nehmen des anderen Vertragsstaats“, je nachdem, ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird, oder ein Unter-nehmen, das von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird;

 

h) schließt der Ausdruck „Geschäftstätigkeit “ auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit ein;

 

i) bezeichnet der Ausdruck „internationaler Verkehr“ jede Beförderung mit einem Seeschiff oder Luftfahrzeug, das von einem Unternehmen eines Vertragsstaats betrieben wird, es sei denn, das Seeschiff oder Luftfahrzeug wird ausschließlich zwischen Orten im anderen Vertragsstaat betrieben;

 

j) bedeutet der Ausdruck „Staatsangehöriger“

 

i. in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland alle Deutschen im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland sowie alle juristischen Personen, Personengesellschaften und anderen Personenvereinigungen, die nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht errichtet worden sind;

ii. in Bezug auf Südafrika alle natürlichen Personen, die die südafrikanische Staatsangehörigkeit besitzen, oder alle juristischen Personen oder Personenvereinigungen, die nach dem in Südafrika geltenden Recht errichtet worden sind;

 

k) bezeichnet der Ausdruck „zuständige Behörde“

i. in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesministerium der Finanzen oder die Behörde, an die es seine Befugnisse delegiert hat;

ii. in Südafrika den Commissioner for the South African Revenue Service oder einen bevollmächtigten Vertreter.

 

(2) Bei der jeweiligen Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm im Anwendungszeitraum nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt, wobei die Bedeutung des Ausdrucks nach dem gelten-den Steuerrecht der ihm nach anderen Rechtsvorschriften des Staates zuerkannten Bedeutung vorgeht.

 

Artikel 4

Ansässige Person

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person“ eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat, seine Länder und ihre Gebiets-körperschaften. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:

a)     Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohn-stätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);

b)     kann der Ansässigkeitsstaat nicht nach Buchstabe a bestimmt werden, so gilt die Person als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;

c)     hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

d)     ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Frage in gegenseitigem Einvernehmen.

(3) Ist nach Absatz 1 eine Person, mit Ausnahme einer natürlichen Person, in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.

 

Artikel 5

Betriebstätte

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.

(2) Der Ausdruck „Betriebstätte“ umfasst insbesondere:

a) einen Ort der Leitung,

b) eine Zweigniederlassung,

c) eine Geschäftsstelle,

d) eine Fabrikationsstätte,

e) eine Werkstätte und

f) ein Bergwerk, ein Öl- oder Gasvorkommen, einen Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung oder Gewinnung natürlicher Ressourcen.

(3) Der Ausdruck „Betriebstätte“ umfasst überdies:

a) eine Bauausführung oder Montage oder eine überwachende Tätigkeit im Zusammenhang mit einer solchen Bauausführung oder Montage, sofern die Dauer der Bauausführung, Montage oder Überwachungstätigkeit zwölf Monate über-schreitet;

b) die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit durch eine natürliche Person, sofern diese Tätigkeit in einem Vertragsstaat die Dauer von insgesamt 183 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, überschreitet.

(4) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht als Betriebstätten:

a) Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden;

b) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung unterhalten werden;

c) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werden, durch ein anderes Unternehmen bearbeitet oder verarbeitet zu werden;

d) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen oder Informationen zu beschaffen;

e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen andere Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen;

f) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, mehrere der unter den Buchstaben a bis e genannten Tätigkeiten auszuüben, vorausgesetzt, dass die sich daraus ergebende Gesamttätigkeit der festen Geschäftseinrichtung vorbereitender Art ist oder eine Hilfstätigkeit darstellt.

(5) Ist eine Person – mit Ausnahme eines unabhängigen Vertreters im Sinne des Absatzes 6 – für ein Unternehmen tätig und besitzt sie in einem Vertragsstaat die Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und übt sie die Vollmacht dort gewöhnlich aus, so wird das Unternehmen ungeachtet der Absätze 1 und 2 so behandelt, als habe es in diesem Staat für alle von der Person für das Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten eine Betriebstätte, es sei denn, diese Tätigkeiten beschränken sich auf die in Absatz 4 genannten Tätigkeiten, die, würden sie durch eine feste Geschäftseinrichtung ausgeübt, diese Einrichtung nach dem genannten Absatz nicht zu einer Betriebstätte machten.

(6) Ein Unternehmen wird nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebstätte in einem Vertragsstaat, weil es dort seine Tätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln.

(7) Allein dadurch, dass eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft eine Gesellschaft beherrscht oder von einer Gesellschaft beherrscht wird, die im anderen Vertragsstaat ansässig ist oder dort (entweder durch eine Betriebstätte oder auf andere Weise) ihre Tätigkeit ausübt, wird keine der beiden Gesellschaften zur Betriebstätte der anderen.

 

Artikel 6

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen

(1) Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unbeweglichem Vermögen (einschließlich der Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, können im anderen Staat besteuert werden.

(2) Der Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ hat die Bedeutung, die ihm nach dem Recht des Vertragsstaats zukommt, in dem das Vermögen liegt. Der Ausdruck umfasst in jedem Fall das Zubehör zum unbeweglichen Vermögen, das lebende und tote Inventar land- und forst-wirtschaftlicher Betriebe, die Rechte, für die die Vorschriften des Privatrechts über Grundstücke gelten, Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen sowie Rechte auf veränderliche oder feste Vergütungen für die Ausbeutung oder das Recht auf Ausbeutung von Mineralvor-kommen, Quellen und anderen natürlichen Ressourcen. Schiffe und Luftfahrzeuge gelten nicht als unbewegliches Vermögen.

(3) Absatz 1 gilt für die Einkünfte aus der unmittelbaren Nutzung, der Vermietung oder Verpachtung sowie jeder anderen Art der Nutzung unbeweglichen Vermögens.

(4) Die Absätze 1 und 3 gelten auch für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens.

 

Artikel 7

Unternehmensgewinne

(1) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können.

(2) Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaats seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertrags-staat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus, so werden vorbehaltlich des Absatzes 3 in jedem Vertragsstaat dieser Betriebstätte die Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Geschäftstätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre.

(3) Bei der Ermittlung der Gewinne einer Betriebstätte werden die für diese Betriebstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Vertragsstaat, in dem die Betriebstätte liegt, oder anderswo entstanden sind.

(4) Soweit es in einem Vertragsstaat üblich ist, die einer Betriebstätte zuzurechnenden Gewinne durch Aufteilung der Gesamtgewinne des Unternehmens auf seine einzelnen Teile zu ermitteln, schließt Absatz 2 nicht aus, dass dieser Vertragsstaat die zu besteuernden Gewinne nach der üblichen Aufteilung ermittelt. Die gewählte Gewinnaufteilung muss jedoch derart sein, dass das Ergebnis mit den Grundsätzen dieses Artikels übereinstimmt.

(5) Auf Grund des bloßen Einkaufs von Gütern oder Waren für das Unternehmen wird einer Betriebstätte kein Gewinn zugerechnet.

(6) Bei der Anwendung der vorstehenden Absätze sind die der Betriebstätte zuzurechnenden Gewinne jedes Jahr auf dieselbe Art zu ermitteln, es sei denn, dass ausreichende Gründe dafür bestehen, anders zu verfahren.

(7) Gehören zu den Gewinnen Einkünfte, die in anderen Artikeln dieses Abkommens behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt.

 

Artikel 8

Seeschifffahrt und Luftfahrt

(1) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr können nur in diesem Staat besteuert werden.

(2) Für die Zwecke dieses Artikels umfasst der Ausdruck „Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr“ die Gewinne aus

a) der gelegentlichen Vermietung von leeren Seeschiffen oder Luftfahrzeugen und

b) der Nutzung oder Vermietung von Containern (einschließlich Trailern und zu-gehöriger Ausstattung, die dem Transport der Container dienen),

wenn diese Tätigkeiten zum Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr gehören.

(3) Absatz 1 gilt auch für Gewinne aus der Beteiligung an einem Pool, einer Betriebsgemeinschaft oder einer internationalen Betriebsstelle.

 

Artikel 9

Verbundene Unternehmen

(1) Wenn

a) ein Unternehmen eines Vertragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt ist oder

b) dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind

und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.

(2) Werden in einem Vertragsstaat den Gewinnen eines Unternehmens dieses Staates Gewinne zugerechnet – und entsprechend besteuert -, mit denen ein Unternehmen des anderen Vertragsstaats in diesem Staat besteuert worden ist, und handelt es sich bei den zugerechneten Gewinnen um solche, die das Unternehmen des erstgenannten Staates erzielt hätte, wenn die zwischen den beiden Unternehmen vereinbarten Bedingungen die gleichen gewesen wären, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so kann der andere Staat eine entsprechende Änderung der dort von diesen Gewinnen erhobenen Steuer vornehmen. Bei dieser Änderung sind die übrigen Bestimmungen dieses Abkommens zu berücksichtigen; erforderlichenfalls werden die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten einander konsultieren.

 

Artikel 10

Dividenden

(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.

(2) Diese Dividenden können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, nicht übersteigen:

a) 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt;

b) 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen.

Dieser Absatz berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 dürfen Einkünfte aus Rechten oder Forderungen mit Gewinnbeteiligung (in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter oder aus partiarischen Darlehen und Gewinnobligationen) nach dem Recht des Staates, aus dem sie stammen, besteuert werden, wenn sie dort bei der Ermittlung des Gewinns des Schuldners abzugsfähig sind.

(4) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Dividenden“ bedeutet Einkünfte aus Aktien, Genussrechten oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder sonstige Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. Der Ausdruck „Dividenden“ umfasst auch Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter, Einkünfte aus partiarischen Darlehen, Gewinnobligationen und ähnliche Vergütungen sowie Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Investmentvermögen.

(5) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

(6) Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft Gewinne oder Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat, so darf dieser andere Staat weder die von der Gesellschaft gezahlten Dividenden besteuern, es sei denn, dass diese Dividenden an eine im anderen Staat ansässige Person gezahlt werden oder dass die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu einer im anderen Staat gelegenen Betriebstätte gehört, noch Gewinne der Gesellschaft einer Steuer für nicht ausgeschüttete Gewinne unterwerfen, selbst wenn die gezahlten Dividenden oder die nicht ausgeschütteten Gewinne ganz oder teilweise aus im anderen Staat erzielten Gewinnen oder Einkünften bestehen.

 

Artikel 11

Zinsen

(1) Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, können, wenn diese Person der Nutzungsberechtigte der Zinsen ist, nur im anderen Staat besteuert werden.

(2) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Zinsen“ bedeutet Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn die Forderungen durch Pfandrechte an Grundstücken gesichert oder mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind, und insbesondere Einkünfte aus öffentlichen Anleihen und aus Obligationen einschließlich der damit verbundenen Auf-gelder und der Gewinne aus Losanleihen. Zuschläge für verspätete Zahlung gelten nicht als

Zinsen im Sinne dieses Artikels. Der Ausdruck „Zinsen“ umfasst nicht die in Artikel 10 behandelten Einkünfte.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, aus dem die Zinsen stammen, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt und die Forderung, für die die Zinsen gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

(4) Zinsen gelten dann als aus einem Vertragsstaat stammend, wenn der Schuldner eine in diesem Staat ansässige Person ist. Hat aber der Schuldner der Zinsen, ohne Rücksicht darauf, ob er in einem Vertragsstaat ansässig ist oder nicht, in einem Vertragsstaat eine Betriebstätte und ist die Schuld, für die die Zinsen gezahlt werden, für Zwecke der Betriebstätte eingegangen worden und trägt die Betriebstätte die Zinsen, so gelten die Zinsen als aus dem Staat stammend, in dem die Betriebstätte liegt.

(5) Bestehen zwischen dem Schuldner und dem Nutzungsberechtigten oder zwischen jedem von ihnen und einem Dritten besondere Beziehungen und übersteigen deshalb die Zinsen, gemessen an der zugrunde liegenden Forderung, den Betrag, den Schuldner und Nutzungsberechtigter ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so wird dieser Artikel nur auf den letzteren Betrag angewendet. In diesem Fall kann der übersteigende Betrag nach dem Recht eines jeden Vertragsstaats und unter Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens besteuert werden.

 

Artikel 12

Lizenzgebühren

(1) Lizenzgebühren, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertrags-staat ansässige Person gezahlt werden, können, wenn diese Person der Nutzungsberechtigte der Lizenzgebühren ist, nur im anderen Staat besteuert werden.

(2) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Lizenzgebühren“ bedeutet Vergütungen je-der Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, einschließlich kinematographischer Filme und Filme oder Bänder oder Disketten für Rundfunk und Fernsehen, von Patenten, Warenzeichen, Mustern oder Modellen, Plänen, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Nutzungsberechtigte im anderen Vertragsstaat, aus dem die Lizenzgebühren stammen, eine Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für die die Lizenzgebühren gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehören. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

(4) Lizenzgebühren gelten dann als aus einem Vertragsstaat stammend, wenn der Schuldner eine in diesem Staat ansässige Person ist. Hat aber der Schuldner der Lizenzgebühren, ohne Rücksicht darauf, ob er in einem Vertragsstaat ansässig ist oder nicht, in einem Vertragsstaat eine Betriebstätte und ist die Verpflichtung zur Zahlung der Lizenzgebühren für Zwecke der Betriebstätte eingegangen worden und trägt die Betriebstätte die Lizenzgebühren, so gelten die Lizenzgebühren als aus dem Staat stammend, in dem die Betriebstätte liegt.

(5) Bestehen zwischen dem Schuldner und dem Nutzungsberechtigten oder zwischen jedem von ihnen und einem Dritten besondere Beziehungen und übersteigen deshalb die Lizenzgebühren, gemessen an der zugrunde liegenden Leistung, den Betrag, den Schuldner und Nutzungsberechtigter ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so wird dieser Artikel nur auf den letzteren Betrag angewendet. In diesem Fall kann der übersteigende Betrag nach dem Recht eines jeden Vertragsstaats und unter Berücksichtigung der anderen Bestimmungen dieses Abkommens besteuert werden.

Artikel 13

Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen

(1) Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, können im anderen Staat besteuert werden.

(2) Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und sonstigen Anteilen an einer Gesellschaft, deren Aktivvermögen – unmittelbar oder mittelbar – überwiegend aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat besteht, können in diesem Staat besteuert werden.

(3) Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte ist, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat hat, ein-schließlich derartiger Gewinne, die bei der Veräußerung einer solchen Betriebstätte (allein oder mit dem übrigen Unternehmen) erzielt werden, können im anderen Staat besteuert wer-den.

(4) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats aus der Veräußerung von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, oder von beweglichem Vermögen, das dem Betrieb dieser Schiffe oder Luftfahrzeuge dient, können nur in diesem Staat besteuert werden.

(5) Gewinne aus der Veräußerung des in den vorstehenden Absätzen nicht genannten Vermögens können nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist.

(6) Bei einer natürlichen Person, die in einem Vertragsstaat während mindestens fünf Jahren ansässig war und die im anderen Vertragsstaat ansässig geworden ist, berührt Absatz 5 nicht das Recht des erstgenannten Staates, den aus Anteilen an einer im erstgenannten Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft erzielten Vermögenszuwachs dieser Person für den Zeitraum der Ansässigkeit im erstgenannten Vertragsstaat nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu besteuern. In diesem Fall wird der im erstgenannten Staat besteuerte Vermögenszuwachs bei der Ermittlung des späteren Vermögenszuwachses durch den anderen Staat nicht einbezogen.

 

Artikel 14

Einkünfte aus unselbständiger Arbeit

(1) Vorbehaltlich der Artikel 15, 17, 18 und 19 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im an-deren Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält und

    b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

(3) Die Bestimmungen des Absatzes 2 finden keine Anwendung auf Vergütungen für Arbeit im Rahmen gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung.

(4) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen können Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffs oder Luftfahrzeugs, das von einem Unternehmen eines Vertragsstaats im internationalen Verkehr betrieben wird, ausgeübt wird, in dem Staat besteuert werden, in dem das Unternehmen ansässig ist.

 

Artikel 15

Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen

Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats einer Gesellschaft bezieht, die im anderen Vertragsstaat ansässig ist, können im an-deren Staat besteuert werden.

 

Artikel 16

Künstler und Sportler

(1) Ungeachtet der Artikel 7 und 14 können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker, oder als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Artikels 12 gehören zu den Einkünften, die die im Absatz 1 genannten Personen aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit beziehen, auch Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Personen gezahlt werden, sowie Entgelte für Aufzeichnungen und Übertragungen der unter Absatz 1 genannten Tätigkeiten durch Rundfunk und Fernsehen.

(3) Fließen Einkünfte im Sinne der Absätze 1 und 2 nicht dem Künstler oder Sportler, sondern einer anderen Person zu, so können diese Einkünfte ungeachtet der Artikel 7 und 14 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Künstler oder Sportler seine Tätigkeit ausübt.

(4) Die Absätze 1 und 3 gelten nicht für die Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person aus einer im anderen Vertragsstaat ausgeübten Tätigkeit, wenn der Aufenthalt in diesem Staat ganz oder überwiegend aus öffentlichen Kassen des erstgenannten Staates, einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften finanziert wird oder wenn sie im Rahmen eines Kulturabkommens oder einer ähnlichen Vereinbarung zwischen den Regierungen der Vertragsstaaten ausgeübt wird. In diesem Fall können die Einkünfte nur in dem Vertrags-staat besteuert werden, in dem der Künstler oder Sportler ansässig ist.

 

Artikel 17

Ruhegehälter, Renten und ähnliche Vergütungen

(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so können diese Bezüge in diesem Staat besteuert werden.

(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, können abweichend von Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

(3) Wiederkehrende und einmalige Vergütungen, die ein Vertragsstaat oder eine seiner Gebietskörperschaften an eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person für einen Schaden zahlt, der als Folge von Kriegshandlungen oder politischer Verfolgung, oder des Wehr- oder Zivildiensts entstanden ist (einschließlich Wiedergutmachungsleistungen), können abweichend von Absatz 1 nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

(4) Der Begriff „Rente“ bezeichnet einen Betrag, der regelmäßig zu festgesetzten Zeitpunkten lebenslänglich oder während eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitabschnitts aufgrund einer Verpflichtung zahlbar ist, die diese Zahlungen als Gegenleistung für eine in Geld oder Geldeswert bewirkte angemessene Leistung vorsieht.

 

Artikel 18

Öffentlicher Dienst

(1) Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften an eine natürliche Person für die diesem Staat, einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaft geleis-teten Dienste gezahlt werden, können nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Gehälter, Löhne und ähnlichen Vergütungen können jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die Dienste in diesem Staat geleistet werden und die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und

a) ein Staatsangehöriger dieses Staates ist oder

b) nicht ausschließlich deshalb in diesem Staat ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten.

(2) Ungeachtet des Artikels 17 können Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften oder aus einem von diesem Staat oder einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat, einem seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften geleisteten Dienste gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter können jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist.

(3) Auf Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen und Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit eines Vertragsstaates, eines seiner

Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften erbracht werden, sind die Artikel 14, 15, 16 und 17 anzuwenden.

(4) Absatz 1 gilt entsprechend für Vergütungen, die im Rahmen eines Programms der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eines Vertragsstaats oder eines seiner Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften aus Mitteln, die ausschließlich von diesem Staat, dem Land oder der Gebietskörperschaft bereitgestellt werden, an Fachkräfte oder freiwillige Helfer gezahlt wer-den, die in den anderen Vertragsstaat mit dessen Zustimmung entsandt worden sind.

(5) Absatz 1 gilt entsprechend für Vergütungen, die von dem oder für das Goethe-Institut der Bundesrepublik Deutschland oder anderen vergleichbaren Einrichtungen der Vertragsstaaten gezahlt werden, soweit dies durch die zuständigen Behörden in gegenseitigem Einvernehmen vereinbart wurde. Werden diese Vergütungen im Gründungsstaat der Einrichtung jedoch nicht besteuert, so gilt Artikel 14.

 

Artikel 19

Gastprofessoren, Lehrer und Studenten

(1) Eine natürliche Person, die sich auf Einladung eines Vertragsstaats oder einer Universität, Hochschule, Schule, eines Museums oder einer anderen kulturellen Einrichtung dieses Vertragsstaats oder im Rahmen eines amtlichen Kulturaustausches in diesem Vertragsstaat insgesamt nicht länger als zwei Jahre vom Tag der Ankunft in diesem Staat lediglich zur Ausübung einer Lehrtätigkeit, zum Halten von Vorlesungen oder zur Ausübung einer Forschungstätigkeit bei dieser Einrichtung aufhält und die im anderen Vertragsstaat ansässig ist oder dort unmittelbar vor der Einreise in den erstgenannten Staat ansässig war, ist in dem erstgenannten Staat mit ihren für diese Tätigkeit bezogenen Vergütungen von der Steuer befreit, vorausgesetzt, dass diese Vergütungen von außerhalb dieses Staates bezogen werden.

(2) Ein Student, Praktikant oder Lehrling, der sich in einem Vertragsstaat lediglich zum Studium oder zur Ausbildung aufhält und der im anderen Vertragsstaat ansässig ist oder dort unmittelbar vor der Einreise ansässig war, ist mit den Zahlungen, die er für seinen Unterhalt, sein Studium oder seine Ausbildung von außerhalb des erstgenannten Staates erhält, in dem erstgenannten Staat von der Steuer befreit.

 

Artikel 20

Andere Einkünfte

(1) Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den vorstehenden Artikeln nicht behandelt wurden, können ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nur in diesem Staat besteuert werden.

(2) Absatz 1 ist auf andere Einkünfte als solche aus unbeweglichem Vermögen nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Empfänger im anderen Vertragsstaat eine Geschäftstätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für die die Einkünfte gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehören. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

 

Artikel 21

Vermögen

(1) Unbewegliches Vermögen, das einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person gehört und im anderen Vertragsstaat liegt, kann im anderen Staat besteuert werden.

(2) Bewegliches Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte ist, die ein Unternehmen eines Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat hat, kann im anderen Staat besteuert werden.

(3) Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die von einem Unternehmen im internationalen Verkehr betrieben werden, sowie bewegliches Vermögen, das dem Betrieb dieser Schiffe und Luftfahrzeuge dient, können nur in diesem Staat besteuert werden.

(4) Alle anderen Vermögensteile einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person können nur in diesem Staat besteuert werden.

 

Artikel 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

(1) Bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

 

  1. Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus Südafrika sowie die in Südafrika gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen in Südafrika besteuert werden können und nicht unter Buchstabe b fallen. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die so ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte bei der Festsetzung des Steuersatzes für andere Einkünfte und Vermögenswerte zu berück-sichtigen. Für Einkünfte aus Dividenden gelten die vorstehenden Bestimmun-gen nur dann, wenn diese Dividenden an eine in der Bundesrepublik Deutsch-land ansässige Gesellschaft (jedoch nicht an eine Personengesellschaft) von einer in Südafrika ansässigen Gesellschaft gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 10 vom Hundert unmittelbar der deutschen Gesellschaft gehört, und bei der Ermittlung der Gewinne der ausschüttenden Gesellschaft nicht ab-gezogen worden sind.

     

    Für die Zwecke der Steuern vom Vermögen werden von der Bemessungs-grundlage der deutschen Steuer ebenfalls Beteiligungen ausgenommen, deren Ausschüttungen, falls solche gezahlt würden, nach den vorhergehenden Bestimmungen von der Steuerbemessungsgrundlage auszunehmen wären.

 

b) Auf die deutsche Steuer vom Einkommen für die folgenden Einkünfte wird unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die südafrikanische Steuer angerechnet, die nach südafrikanischem Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen für diese Einkünfte gezahlt worden ist:

i. Dividenden, die nicht unter Buchstabe a fallen;

ii. Einkünfte, die nach Artikel 13 Absatz 2 in Südafrika besteuert werden können;

iii. Einkünfte, die nach Artikel 14 Absatz 3 in Südafrika besteuert werden können;

iv. Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen;

v. Einkünfte von Künstlern und Sportlern;

vi. Einkünfte, die nach Artikel 17 Absatz 1 in Südafrika besteuert werden können.

 

c) Statt der Bestimmungen des Buchstabens a sind die Bestimmungen des Buch-stabens b anzuwenden auf Einkünfte im Sinne der Artikel 7 und 10 und die diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögenswerte, wenn die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person nicht nachweist, dass die Betrieb-stätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie den Gewinn erzielt hat, oder die in Südafrika ansässige Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, für das sie die Aus-schüttung vorgenommen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast aus-schließlich aus unter § 8 Absatz 1 Nr. 1 bis 6 des deutschen Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten bezieht. Gleiches gilt für unbewegliches Vermögen, das einer Betriebstätte dient (Artikel 6 Absatz 4) sowie für die Gewinne aus der Veräußerung dieses unbeweglichen Vermögens (Artikel 13 Absatz 1) und des beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen der Betriebstätte darstellt (Artikel 13 Absatz 3).

 

d) Ungeachtet der Bestimmungen des Buchstabens a wird die Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung nach Buchstabe b vermieden,

i. wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte oder Vermögen unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden (außer nach Artikel 9) und dieser Konflikt sich nicht durch ein Verfahren nach Artikel 24 Absatz 3 regeln lässt und wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte oder Vermögenswerte unbesteuert blieben oder die Steuer auf diese Einkünfte oder Vermögen niedriger wäre als die Steuer, die ohne diese unterschiedliche Zuordnung oder Zurechnung angefallen wäre, oder

ii. wenn ein Vertragsstaat nach gehöriger Konsultation und vorbehaltlich der Beschränkungen seines innerstaatlichen Rechts dem anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg andere Einkünfte notifiziert, auf die er diesen Absatz anzuwenden beabsichtigt. Die Notifikation wird erst am ersten Tag des Kalenderjahres wirksam, das auf das Jahr folgt, in dem die Notifikation übermittelt wurde und alle rechtlichen Vorausset-zungen nach dem innerstaatlichen Recht des notifizierenden Staates für das Wirksamwerden der Notifikation erfüllt sind.

(2) Vorbehaltlich der Rechtsvorschriften Südafrikas über den Abzug der außerhalb Südafrikas zu entrichtenden Steuer von der südafrikanischen Steuer (ohne dass dadurch der allgemeine Grundsatz dieses Artikels berührt wird) werden bei einer in Südafrika ansässigen Person die deutschen Steuern, die nach diesem Abkommen von in Südafrika ansässigen Personen auf in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuernde Einkünfte gezahlt werden, von den nach südafrikanischem Steuerrecht geschuldeten Steuern abgezogen. Dieser Abzug darf jedoch nicht den Betrag überschreiten, der zu dem Gesamtbetrag der südafrikanischen Steuer in dem-selben Verhältnis steht wie die betreffenden Einkünfte zu den Gesamteinkünften.

(3) Im Sinne dieses Artikels gelten Gewinne und Einkünfte einer in einem Vertragsstaat an-sässigen Person (mit Ausnahme der in Artikel 10 Absatz 2 und Artikel 17 Absätze 2 und 3 erwähnten Einkünfte) als Einkünfte aus Quellen in dem anderen Vertragsstaat, wenn sie in diesem anderen Staat entsprechend diesem Abkommen besteuert werden.

 

Artikel 23

Gleichbehandlung

(1) Staatsangehörige eines Vertragsstaats dürfen im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen Staatsangehörige des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit unterworfen sind oder unterworfen werden können. Diese Bestimmung gilt ungeachtet des Artikels 1 auch für Personen, die in keinem Vertragsstaat ansässig sind.

(2) Die Besteuerung einer Betriebstätte, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat hat, darf in dem anderen Staat nicht ungünstiger sein als die Besteuerung von Unternehmen des anderen Staates, die die gleiche Tätigkeit ausüben. Diese Bestimmung ist nicht so auszulegen, als verpflichte sie einen Vertragsstaat, den im anderen Vertragsstaat an-sässigen Personen Steuerfreibeträge, -vergünstigungen und -ermäßigungen zu gewähren, die er nur seinen ansässigen Personen gewährt.

(3) Sofern nicht Artikel 9 Absatz 1, Artikel 11 Absatz 5 oder Artikel 12 Absatz 5 anzuwenden ist, sind Zinsen, Lizenzgebühren und andere Entgelte, die ein Unternehmen eines Vertrags-staats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuer-pflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen. Dementsprechend sind Schulden, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats gegenüber einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person hat, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Schulden gegenüber einer im erstgenannten Staat ansässigen Person zum Abzug zuzulassen.

(4) Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, dürfen im erstgenannten Staat keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen des erstgenannten Staates unterworfen sind oder unterworfen werden können.

(5) Dieser Artikel berührt nicht das Recht Südafrikas, die einer in Südafrika gelegenen Betriebstätte eines in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Unternehmens zuzurechnen-den Gewinne zu einem Satz zu besteuern, der den Satz der Normalsteuer (normal tax) auf Unternehmensgewinne um höchstens fünf Prozentpunkte übersteigt.

(6) Dieser Artikel gilt ungeachtet des Artikels 2 für Steuern jeder Art und Bezeichnung.

 

Artikel 24

Verständigungsverfahren

(1) Ist eine Person der Auffassung, dass Maßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann diese Person unbeschadet der nach dem innerstaatlichen Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde des Vertragsstaats, in dem sie ansässig ist, oder, sofern ihr Fall von Artikel 23 Absatz 1 erfasst wird, der zuständigen Behörde des Vertragsstaats unterbreiten, dessen Staatsangehöriger sie ist. Der Fall muss innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme unterbreitet werden, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt.

(2) Hält die zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats so zu regeln, dass eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird. Die Verständigungs-regelung ist ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten durchzuführen.

(3) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegen-seitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden kann, die im Abkommen nicht behandelt sind.

(4) Erfolgt die Besteuerung des Einkommens in einem Vertragsstaat im Abzugswege und ist die Besteuerung durch die Bestimmungen dieses Abkommens begrenzt, wird die Ermäßigung der Steuern vom Einkommen oder die Befreiung von diesen Steuern in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Staates und den von den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten für diesen Zweck vereinbarten Verfahren angewendet.

(5) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren.

 

Artikel 25

Informationsaustausch

(1) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder des innerstaatlichen Rechts betreffend die Steuern

jeder Art und Bezeichnung, die im Auftrag der Vertragsstaaten oder eines Landes oder einer Gebietskörperschaft erhoben werden, erforderlich sind, soweit die diesem Recht entsprechen-de Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch die Artikel 1 und 2 nicht beschränkt. Alle Informationen, die ein Vertragsstaat erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten wie die auf Grund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Informationen und dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Ge-richte und der Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der in Satz 1 genannten Steuern befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen le-gen. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung des die Daten übermittelnden Staates erfolgen.

 

(2) Absatz 1 ist nicht so auszulegen, als verpflichte er einen Vertragsstaat,

 

a) Verwaltungsmaßnahmen für die Erteilung von Auskünften durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen;

b) Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragsstaats nicht beschafft werden können;

c) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufs-geheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung der öffentlichen Ordnung widerspräche.

 

Artikel 26

Schranken für die Abkommensvergünstigungen

(1) Dieses Abkommen ist nicht so auszulegen, als hindere es

a) einen Vertragsstaat, seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung anzuwenden;

b) die Bundesrepublik Deutschland, die Beträge zu besteuern, die nach dem Vierten Teil des deutschen Außensteuergesetzes in die Einkünfte einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person einzubeziehen sind.

(2) Führen die vorstehenden Bestimmungen zu einer Doppelbesteuerung, konsultieren die zuständigen Behörden einander nach Artikel 24 Absatz 3, um die Doppelbesteuerung zu vermeiden.

 

Artikel 27

Mitglieder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen

Dieses Abkommen berührt nicht die steuerlichen Vorrechte, die den Mitgliedern diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder aufgrund besonderer Übereinkünfte zustehen.

 

Artikel 28

Protokoll

Das angefügte Protokoll ist Teil dieses Abkommens.

 

Artikel 29

Inkrafttreten

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Pretoria ausgetauscht.

(2) Dieses Abkommen tritt am Tag des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist in beiden Vertragsstaaten anzuwenden

a) bei den im Abzugsweg erhobenen Steuern auf die Beträge, die am oder nach dem 1. Januar des Kalenderjahrs gezahlt oder gutgeschrieben werden, das auf das Jahr folgt, in dem das Abkommen in Kraft getreten ist;

b) bei den übrigen Steuern auf die Steuern, die für Zeiträume ab dem 1. Januar des Kalenderjahrs erhoben werden, das dem Jahr folgt, in dem das Abkommen in Kraft getreten ist.

(3) Mit Inkrafttreten dieses Abkommens ist das am 25. Januar 1973 unterzeichnete Ab-kommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen für den Zeitraum, für den die Bestimmungen dieses Abkommens wirksam sind, nicht mehr anzuwenden.

 

Artikel 30

Kündigung

Dieses Abkommen bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft, jedoch kann jeder der Vertragsstaaten am oder vor dem 30. Juni eines jeden Kalenderjahrs nach Ablauf von fünf Jahren, vom Tag des Inkrafttretens an gerechnet, das Abkommen gegenüber dem anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg schriftlich kündigen; in diesem Fall ist dieses Abkommen nicht mehr anzuwenden:

a) bei den im Abzugsweg erhobenen Steuern auf die Beträge, die am oder nach dem 1. Januar des Kalenderjahrs gezahlt oder gutgeschrieben werden, das auf das Kündigungsjahr folgt;

b) bei den übrigen Steuern auf die Steuern, die für Zeiträume ab dem 1. Januar des Kalenderjahrs erhoben werden, das auf das Kündigungsjahr folgt.

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Strafrecht Regensburg – Beim Vorwurf des Sozialleistungsbetruges muss das Gericht selbst nachrechnen

Es entspricht mittlerweile der gängigen Praxis vieler Jobcenter und Sozialleistungsträger im Falle des Erlasses eines Rückforderungsbescheides Strafanzeigen wegen Sozialleistungsbetruges bei den Strafverfolgungsbehörden zu stellen. Abgesehen davon, dass man den Leistungsempfängern allein aufgrund der Tatsache, dass Mitteilungen von Veränderungen in der Verhältnisses verspätet oder unvollständig erfolgen (obwohl die Hilfeempfänger zu Beginn des Leistungsbezuges entsprechende Belehrungen unterschrieben hätten, die allerdings sehr umfangreich und teilweise unverständlich sind), automatisch eine Absicht zum Leistungsbetrug unterstellt ist schon an sich fragwürdig. Darüber hinaus enthalten die Rückforderungsbescheide selbst oft erhebliche Fehler, welche im Rahmen von Strafverfahren oft unzureichend oder gar nicht berücksichtigt wurden. Da aber ein (nachgewiesener) Schaden zwingende Voraussetzung einer möglichen  Strafbarkeit ist bzw. die Höhe eines Schadens für die konkrete Strafhöhe entscheidend ist, muss das Gericht diese Punkte konkret bestimmen.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 22. März 2016 (3 StR 517/15) unter Bezugnahme auf  die Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte (OLG Hamm, Beschlüsse vom 17. August 2015 – 5 RVs 65/15, vom 16. Februar 2012 – OLG Nürnberg, Urteil vom 14. September 2011 – 2 St OLG Ss 192/11 nochmals klargestellt, dass sich der Tatrichter dabei nicht auf die Berechnungen und Ausführungen im entsprechenden Rückforderungsbescheid verlassen kann und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

„Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen des Landgerichts nicht. Dabei kann der Senat offen lassen, ob seitens des erkennenden Gerichts stets eine eigene – gegebenenfalls auch ins Einzelne gehende – Berechnung der dem Angeklagten zustehenden öffentlichen Leistungen notwendig ist (vgl. insoweit OLG Hamm, Beschluss vom 17. August 2015 – 5 RVs 65/15, aaO mwN). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die – nach den Feststellungen wohl im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II einmaligen (vgl. Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., § 11 Rn. 65) – Einnahmen eines Beziehers von Sozialleistungen stark differieren (nach den „Schätzungen“ der Strafkammer erlangten die Angeklagten jeweils aus den Taten im Mai 2010 über 1.200 €, aus denen im Juni 2010 hingegen nur 675 € bzw. 562,50 €, aus denen im Juli 2010 nur 165 €, aus denen im August 2010 hingegen fast 1.750 € und aus denen im September 2010 wiederum nur etwa 85 €) hätte es insbesondere mit Blick auf die Regelungen zur Berücksichtigung und gegebenenfalls Aufteilung von Zuflüssen in § 11Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II konkreter Darlegungen bedurft, wie sich das zu berücksichtigende Einkommen in den jeweiligen Monaten darstellte. Betreffend den Angeklagten S. B. kommt hinzu, dass die Einkünfte, die er aus weiteren, über die abgeurteilten Taten hinausgehenden Teppichverkäufen erzielte, mangels entsprechender Angaben des Landgerichts zeitlich nicht zugeordnet werden können, so dass auch insoweit unklar bleibt, in welchen Monaten und in welchem Umfang diese zu berücksichtigen waren. Betreffend den Angeklagten Ro. B. errechnet sich selbst nach der von der Strafkammer angewandten Methode ein durchschnittliches Monatseinkommen von nur 761,44 €.

Angesichts dessen entbehrt die Schätzung der Strafkammer, die Angeklagten hätten monatlich „im Durchschnitt“ jedenfalls 1.100 € bzw. 850 € eingenommen, einer tragfähigen Grundlage. Dies entzieht den Schadensberechnungen der Sachbearbeiter der ARGE den Boden, ohne dass es noch darauf ankommt, dass der Senat diese nicht mitgeteilten Berechnungen ohnehin nicht überprüfen kann.

c) Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass auch die Annahme des Landgerichts in seiner rechtlichen Würdigung, die Angeklagten hätten durch aktives Tun und nicht nur durch Unterlassen im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB getäuscht, nicht rechtsbedenkenfrei erscheint. Die Strafkammer hat dies damit begründet, dass S. und Ro. B. ihre Einkünfte aus Teppichverkäufen schon bei der Antragstellung verschwiegen und dadurch konkludent falsche Angaben zu bewilligungsrelevanten Umständen gemacht, es hingegen nicht bloß pflichtwidrig (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, siehe dazu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 57) unterlassen hätten, solche später eingetretenen Umstände dem Leistungsträger mitzuteilen. Dies ist mit Blick auf die mitgeteilten Daten der Antragstellung, die Monate vor den hier in Rede stehenden Einkünften liegen, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.

3. Die von allen Beschwerdeführern erhobene Sachrüge führt ebenfalls zur Aufhebung des Ausspruchs über das Absehen von der Verfallsanordnung nach § 111i Abs. 2 StPO. Denn das Landgericht hat nicht bedacht, dass die Angeklagten in jeweils unterschiedlicher Höhe nur als Gesamtschuldner haften können. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zutreffend ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass ein Vermögensvorteil im Sinne von § 73 Abs. 1, § 73a Satz 1 StGB „erlangt“ ist, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 16). Dementsprechend hat sie – insoweit rechtsbedenkenfrei – nur dem jeweils „vor Ort“ tätigen Angeklagten den vollen Kaufpreis als Erlangtes zugerechnet, den anderen Angeklagten hingegen nur einen später ausgezahlten – je nach Anzahl der Tatbeteiligten prozentual unterschiedlich hohen – Beuteanteil. Dies hat indes zur Folge, dass hinsichtlich des jeweils aus einer Tat erzielten Erlöses mehrere Angeklagte haften und die Summe der gegen sie festgesetzten Beträge höher ist, als der dem jeweiligen Verletzten zustehende Anspruch. Um einerseits die Abschöpfung des aus der Tat Erlangten zu ermöglichen, zugleich aber zu verhindern, dass dies mehrfach geschieht, ist in solchen Fällen von einer Gesamtschuld der Mittäter auszugehen, deren Bestehen und Umfang sich aus den Urteilsgründen ergeben muss (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 111i Rn. 94 mwN). Daran fehlt es hier.

Der Senat kann die insbesondere zum Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung erforderlichen Feststellungen nicht mit der für eine eigene Sachentscheidung gebotenen Sicherheit den Urteilsgründen entnehmen, weil die vom Landgericht errechneten Beträge dessen, was die Angeklagten aus den Taten erlangten, auf der Grundlage der allein mitgeteilten Berechnungsmethode jedenfalls nicht durchweg nachvollziehbar sind. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, hat er deshalb auch die insoweit zugehörigen Feststellungen aufgehoben.“

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt- und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg, Nürnberg, Schmidmühlen, Kapstadt

www.kanzlei-hhs.de

 

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Arbeitsrecht Regensburg – BAG zur Schriftform bei vorzeitigen Ausscheiden aufgrund Abwicklungsvertrags

Ein Abwicklungsvertrag kann für den Arbeitnehmer die Möglichkeit vorsehen, sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu erklären. Eine solche Erklärung bedarf jedoch gemäß § 623 BGB zwingend der Schriftform (BAG, Urteil vom 17. 12. 2015 – 6 AZR 709/14).
Gemäß § 623 BGB ist bei Kündigungen oder Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen zwingend die Schriftform einzuhalten. Geschieht dies nicht, ist die jeweilige Rechtshandlung zwingen formunwirksam. In diesem Zusammenhang ist dabei  aber  Beteiligten gelegentlich unklar, dass ein Telefax für diese gesetzliche Anforderung nicht ausreicht. Eine per Telefax ausgesprochene Kündigung löst daher das Arbeitsverhältnis nicht auf.
Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr in seiner Entscheidung zu klären, ob ein bereits durch formwirksamen Abwicklungsvertrag zu einem bestimmten Datum beendetes Arbeitsverhältnis, welches dem Arbeitnehmer aber zusätzlich die Möglichkeit eines noch früheren Ausscheidens ermöglichte, zu einer solchen früheren Beendigung führt, wenn der Arbeitnehmer eine solche Erklärung per Telefax abgibt. Dies hat das Gericht verneint und dies im Wesentlichen mit dem bedeutenden Ziel der Rechtssicherheit und der Beweiserleichterung im Rechtsstreit begründet, welcher im vorliegenden Fall von gleicher Bedeutung sei, wie bei einer Kündigung. Auch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift nach § 126 BGB mit der damit verbundenen Identitäts, Echtheits- und Verifikationsfunktion ist  von gleicher Relevanz. Es kann letztlich auch nichts anderes gelten, als bei der Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses.
Dr. Ronald Hofmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Regensburg – Nürnberg – Schmidtmühlen – Kapstadt
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Jobcenter Regensburg – Anerkennung von Mietverhältnissen unter Verwandten

Immer wieder treten Probleme auf, wenn SGB-II-Leistungsempfänger ihre Wohnung von Verwandten anmieten. Gerade wenn es sich bei den Verwandten um die Eltern des Leistungsempfängers handelt, verweigern die zuständigen Jobcenter eine Anerkennung der vereinbarten Kosten und begründen dies pauschal damit, dass das Mietverhältnis nur zum Schein geschlossen wurde und so tatsächlich nicht umgesetzt wird.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen  (Urteil v. 16.02.2016 – L 2 AS 242/12) hat in einer aktuellen Entscheidung wieder einmal dem zuständigen Jobcenter Recht gegeben und entschieden, dass Unterkunftskosten aufgrund eines Mietvertrags unter Verwandten nicht zu berücksichtigen sind, wenn durchgreifende Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung und dem tatsächlichen Vollzug des behaupteten Mietverhältnisses bestehen. Das Gericht stellt dabei auf eine Vielzahl von Indizien ab, welche die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Mietvertragsvereinbarung ermöglichen sollen. Die wichtigsten sind dabei wohl:

 

1.      Wirksamer (schriftlicher) Mietvertrag

2.      Tatsächliche Umsetzung insbesondere die tatsächliche, regelmäßige und nachweisbare (Überweisung) Mietzahlungen

3.      Ein Beginn des Mietverhältnisses im Zeitpunkt des Eintritts der Hilfebedürftigkeit kann auf die fehlende Ernsthaftigkeit hindeuten, insbesondere wenn die Wohnung zuvor schon unentgeltlich genutzt wurde

4.      Andere Punkte, welche für ein normales Mietverhältnis untypisch sind (z.B. vollständige und pauschale Übernahme aller Nebenkosten durch den Vermieter) können gegen die Anerkennung des Mietverhältnisses sprechen

 

Insgesamt lässt sich daraus schlussfolgern, dass die Wahrscheinlichkeit der Anerkennung umso größer ist, je mehr der Mietvertrag und dessen tatsächliche Durchführung der Umsetzung einem Mietverhältnisses unter nichtverwandten Dritten entspricht.

Ein besonders wichtiger Punkt sollte abschließend aber noch erwähnt werden: Auch die Vermietung unter Verwandten führt im Einkommenssteuerrecht zu Einkommen aus Vermietung und Verpachtung für den Vermieter. Dieses Einkommen muss entsprechend gegenüber dem Finanzamt erklärt und versteuert werden. Geschieht dies nicht, mach sich der Vermieter u.U. einer Steuerstraftat schuldig und die Sozialgerichte können diesen Punkt natürlich auch als Umstand, welcher gegen eine ernsthafte Durchführung des Mietverhältnisses spricht, werten.   

Dr. Ronald Hofmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg, Nürnberg, Schmidmühlen, Kapstadt

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Arbeitsrecht Regensburg – „Frauen an die Macht!“

Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass eine Stellenanzeige mit der Überschrift „Frauen an die Macht!!“ im konkreten Fall keinen Entschädigungsanspruch eines abgelehnten männlichen Bewerbers begründet.

Der Arbeitgeber, ein Autohaus mit ausschließlich männlichen Verkäufern, hatte eine Stellenanzeige mit der Überschrift „Frauen an die Macht!! Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“ veröffentlicht. Auf diese Anzeige hin wurde eine Verkäuferin eingestellt. Der Kläger fühlte sich deswegen als Mann benachteiligt und machte eine Entschädigung geltend.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Stellenanzeige zwar einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot enthalte, da sie sich nur an Verkäuferinnen richte. Diese unterschiedliche Behandlung sei aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber das Ziel verfolge, seinen Kunden Verkaufsberater beider Geschlechter zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber hatte angeführt, der Frauenanteil unter den Kunden liege bei 25-30%, bestimmte Einstiegsmodelle seien bei Frauen besonders gefragt und es seien auch schon ausdrückliche Kundennachfragen nach einer Verkäuferin erfolgt.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Urteil vom 10.02.2016 – Aktenzeichen 9 Ca 4843/15

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Arbeitsrecht Regensburg – BAG zur Diskriminierung Schwerbehinderter

Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich einen interessanten Fall (Urteil vom 21.04.2016, 8 AZR 402/14) zum Schwerbehindertenrecht entschieden, in welchem der schwerbehinderte Kläger seine Position im Wesentlichen auf Europäisches Recht bzw. internationale Abkommen und der daraus resultierenden Pflicht der Bundesrepublik zur innerstaatlichen Umsetzung stützen wollte. Obwohl das deutsche Recht die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses nicht vorsieht, argumentierte der Kläger, dass sich eine solche Verpflichtung aus Art. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG ergäbe. Das Präventionsverfahren sei eine besondere Schutzmaßnahme zur Vermeidung von Nachteilen für Schwerbehinderte sowie eine „angemessene Vorkehrung“ iSv. Art. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG. Werde eine solche Vorkehrung nicht getroffen, sei dies als Diskriminierung zu werten.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Argumentation zurückgewiesen und im Rahmen einer Pressemitteilung ausgeführt:

„Die mit einem Grad von 50 schwerbehinderte Klägerin war seit dem 1. Oktober 2012 beim beklagten Land als Leiterin der Organisationseinheit Qualitätsmanagement/Controlling des Landeskriminalamts (LKA) beschäftigt. Die Parteien hatten im Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. In einem Personalgespräch am 11. Februar 2013 teilte der Präsident des LKA der Klägerin mit, dass er beabsichtige, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit zu beenden. Mit Schreiben vom 8. März 2013 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2013. Die Klägerin hat diese Kündigung nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Im vorliegenden Verfahren macht sie einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Sie meint, das beklagte Land habe sie dadurch, dass es das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX* nicht durchgeführt habe, wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert. Das Präventionsverfahren sei eine besondere Schutzmaßnahme zur Vermeidung von Nachteilen für Schwerbehinderte sowie eine „angemessene Vorkehrung“ iSv. Art. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG. Werde eine solche Vorkehrung nicht getroffen, sei dies als Diskriminierung zu werten. Dadurch, dass das beklagte Land das Präventionsverfahren nicht durchgeführt habe, sei ihr die Möglichkeit genommen worden, etwaige behinderungsbedingte Fehlleistungen zu beheben.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX selbst ist keine „angemessene Vorkehrung“ iSv. Art. 2 UN-BRK und des Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG. Zudem ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG) ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchzuführen.“

Obwohl der Kläger hier (bisher) mit seiner Argumentation nicht erfolgreich war, zeigt der Fall doch recht deutlich, dass aufgrund der zunehmenden Globalisierung und einer Vielzahl von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik, internationales Recht mehr und mehr Einfluss auf das innerstattliche deutsche Recht gelangt und selbst in augenscheinlich aussichtlosen Fällen einen entsprechenden Ansatzpunkt bieten kann. Aufgrund der konkreten Fallgestaltung ist wohl ebenfalls nicht zu erwarten, dass dies eine abschließende Entscheidung in diesem Fall sein wird. Vielmehr dürfte der Kläger wohl noch weitere zur Verfügung stehende (europäische oder internationale) Möglichkeiten ausschöpfen, welche die entschiedene Frage u.U. ganz anders beurteilen könnten.

Die Kanzlei Dr. Hofmann, Huesmann und Sodan mit Büros in Regensburg, Nürnberg, Schmidtmühlen und Kapstadt berät Sie in allen arbeitsrechtlichen Fragen.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Regensburg

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Sozialrecht Regensburg – Festellung der AU im Entlassungsbericht der Reha-Klinik für Krankengeldanspruch ausreichend

Im Bereich des Krankengeldbezuges kommt es immer wieder zu Problemen in Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, welche neben dem tatsächlichen Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zwingende Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld ist. Die konkreten Anforderungen an eine solche Feststellung und die vielen „Fallstricke“ die es in diesem Zusammenhang für einen Versicherten zu beachten gibt, führen in der Praxis immer wieder zu ungerechten und nicht nachvollziehbaren Ergebnissen.

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 02.03.2016 – L 6 KR 192/15 B) hat nunmehr dazu entschieden, dass auch der Entlassungsbericht einer Reha-Klinik, in welchem eine Entlassung des Patienten als arbeitsunfähig festgehalten wird, eine ausreichende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit darstellt.

Das Gericht hat dazu ausgeführt:

„Ein Anspruch auf Krankengeld für den 27. März 2010 „entsteht“ gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V jedoch erst an dem Tag, der auf den Tag der „ärztlichen Feststellung“ der Arbeitsunfähigkeit (nicht der Bescheinigung) folgt. Hier könnte die Einschätzung als arbeitsunfähig am 26. März 2014 durch die behandelnden Klinikärzte der Klinik W. genügen, zumal diese zeitlich nicht befristet ist (vgl. Entlassungsmitteilung dieser Klinik Bl. 17 der Verwaltungsakte sowie Bl. 1 des Entlassungsberichtes dieser Klinik vom 1. April 2014). Eventuell muss der Inhalt und die Tragweite dieser ärztlichen Bescheinigung näher ermittelt werden. Es ist aber möglich, dass dies eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V darstellt.

Denn die notwendige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit muss durch einen Arzt, nicht aber notwendigerweise durch einen Vertragsarzt erfolgen. Diese muss auch nicht auf den hierfür nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie vorgesehenen Vordruck erfolgen (a.A. ohne Begründung LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2015, L 5 KR 5084/14, Rn. 27, juris); dies sieht das Gesetz nicht vor. Es ist fraglich, ob der Gemeinsame Bundesausschuss hier eine weitere Regelungsbefugnis nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V hat. Zumindest wird in der Literatur schlüssig vertreten, es genüge jede ärztliche Feststellung ohne Rücksicht auf den Zweck, aus der sich die Merkmale der Arbeitsunfähigkeit ergeben (so Just in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Auflage, § 46 Rn. 8). Inhaltlich genügt es dann, dass der Arzt feststellt, dass der Patient krank ist und seiner letzten Beschäftigung nicht mehr nachgehen kann. Die Verwendung des Begriffs Arbeitsunfähigkeit ist im Allgemeinen ausreichend, da unterstellt werden kann, dass der überkommene Rechtsbegriff den Ärzten bekannt ist und von ihm im Allgemeinen zutreffend angewandt wird (Just, a.a.O.). Diese Feststellung ist hier auch das Ergebnis einer eigenen Untersuchung des Versicherten durch den Arzt.“

Diese Entscheidung ist zu begrüßen, da es somit für den Versicherten, welcher weiterhin Krankengeld beziehen möchte, nicht notwendig ist, quasi noch am Tag der Entlassung aus einer Reha-Maßnahme einen „normalen“ Arzt aufzusuchen und sich weiter krankschreiben zu lassen.

 

 

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

www.kanzlei-hhs.de

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Ausschlussfristen bzw. Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen – Unwirksamkeit aufgrund der Einführung des Mindestlohnes?

Ausschlussfristen bzw. sogenannte Verfallsklauseln gehören zu den wichtigsten Regelungen eines Arbeitsvertrages. Grundsätzlich gelten auch im Arbeitsrecht die allgemeinen Verjährungsregeln, d.h. mögliche Ansprüche können gegenüber den anderen Vertragspartner unter Umständen noch Jahre nach deren Entstehung geltend gemacht werden. In der Praxis besteht häufig das Problem, dass Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses oft mögliche Ansprüche (z.B. Überstundenansprüche, Zuschläge) nicht geltend machen. Kommt es später zum Zerwürfnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien und endet das Arbeitsverhältnis fordern Arbeitnehmer sehr oft derartige Ansprüche rückwirkend ein, was aufgrund der Länge des dann betroffenen Zeitraums erhebliche Beträge aufsummieren kann.

 In diesem Fall hilft dann nur noch eine vertragliche Verfallsklausel, welche die rückwirkende Geltendmachung von Ansprüchen üblicherweise auf drei Monate beschränkt. Im Zusammenhang mit der Schuldrechtsreform des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Tatsache, dass seit diesem Zeitpunkt arbeitsvertragliche Klauseln einer AGB-Kontrolle unterliegen, traten in der Vergangenheit verschiedene Streitpunkte zutage, die aber zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte weitestgehend geklärt wurden. Für die Arbeitsvertragsparteien war es somit möglich, weitestgehend einzuschätzen, ob die beabsichtigte Verfallsklausel im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung Bestand haben wird oder ob sie sich als problematisch erweisen könnte.

In diesem Zusammenhang könnte sich aber nunmehr durch die Einführung eines Mindestlohns durch das Mindestlohngesetz im Jahr 2015 eine weitergehende Unsicherheit für die Arbeitsvertragsparteien ergeben haben. Gemäß § 3 des MindLG kann auf die durch dieses Gesetz gewährten Ansprüche grundsätzlich nur in sehr engen Ausnahmefällen verzichtet werden. Diese (nunmehrige) Gesetzesänderung muss dann natürlich auch im Rahmen der Formulierung einer Verfallsklausel berücksichtigt werden. Insoweit könnte man jetzt eine solche Ausschlussklausel wie folgt formulieren:

 „Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch den Vertragspartner innerhalb von weiteren drei Monaten eingeklagt werden. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Die Ausschlussfrist gilt nicht für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn. Über den Mindestlohn hinausgehende Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers unterliegen hingegen der vereinbarten Ausschlussfrist.

Unterlässt man eine solche ausdrückliche Einschränkung, dürfte dies wohl zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führen, da im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen normalerweise das sog. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt. Danach ist eine solche Klausel insgesamt unwirksam und nicht auf das noch zulässige Maß zu reduzieren.

In allen neueren Verträgen, d.h. in allen Arbeitsverträgen ab dem Jahr 2015, dürfte die Klausel zwingend mit dieser entsprechenden Einschränkung zu formulieren sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang weiterhin die Frage, wie es sich mit sogenannten Altverträgen verhält, d.h. solchen Verträgen die bereits vor Geltung des Mindestlohngesetzes geschlossen wurden. Diesbezüglich gehen die Ansichten auseinander. Überwiegend wird insoweit vertreten, dass bei wirksamen Klauseln in Altverträgen, diese Klausel nicht durch die Einführung des Mindestlohns insgesamt unwirksam geworden sind, sondern dass insoweit vielmehr eine geltungserhaltende Reduktion vorzunehmen sei. Da es insoweit aber bisher an einer entsprechenden höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt, erscheint es auch bei Altverträgen angebracht (zumindest dann, wenn sich die Gelegenheit ergibt) eine einvernehmliche Anpassung der Verfallsklausel anzustreben.

Da in Zusammenhang mit der Erstellung von Arbeitsverträgen und insbesondere auch durch die besonderen Anforderungen des dabei grundsätzlich zu beachten Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Vielzahl von weiteren Problemen auftreten können, empfiehlt es sich entweder insgesamt und vollständig auf aktuelle Muster von Arbeitsverträgen zurückzugreifen (diese werden oft in aktueller Form von den jeweiligen Unternehmensverbänden oder Handwerkskammern zur Verfügung gestellt) oder für den Fall, dass Änderungen an solchen Mustern erforderlich sein sollten, qualifizierten anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

 

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT) – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg – www.kanzlei-hhs.de

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Vorwurf des Abrechnungsbetrugs bei Pflegediensten – Wie verhalte ich mich richtig?

Kürzlich verbreitete sich bekanntlich wie ein Lauffeuer die Meldung durch die deutsche Presse, wonach Pflegedienste (insbesondere Firmen mit russischen Inhabern und russischen Patienten) die deutschen Pflegeversicherungen im großen Stil angeblich um Milliardenbeträge betrogen hätten und weiterhin betrügen würden. Nach den Recherchen der beteiligten Journalisten soll der Betrug dergestalt funktionieren, dass sich Pflegedienste gezielt an Menschen aus dem eigenen Kulturkreis wenden, die eigentlich gar keiner Pflege bedürfen. Diese sollen dann entsprechend instruiert worden sein, wie man sich verhalten muss, um eine Pflegestufe durch den Gutachter der Pflegeversicherung bewilligt zu bekommen. Wurde eine solche Pflegestufe dann bewilligt, beauftragten die „pflegebedürftigen“ Personen dann das entsprechende Pflegeunternehmen. Da aber ja gerade keine Pflegebedürftigkeit bestand, wurden Pflegeleistungen aber nicht erbracht, dennoch aber gegenüber den Pflegeversicherungen vollumfänglich abgerechnet. Der Gewinn wurde dann angeblich zwischen dem Pflegedienst und der „pflegebedürftigen“ Personen aufgeteilt.

Die Berichterstattung zu diesem Thema hat sich mittlerweile wieder etwas beruhigt. Dies mag vor allem auch daran liegen, dass die entsprechenden Fakten teilweise schlecht recherchiert waren, sich im Wesentlichen auf bloße Vermutungen stützen und einen Generalsverdacht vor allem auf russischstämmige Pflegedienste und Patienten lenkte. Als Folge wurden bereits Programmbeschwerden gegen öffentlich-rechtliche Sender eingereicht.

Dennoch ist für sämtliche Personen oder Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind eine besondere Vorsicht angebracht. Insoweit ist es bereits zu mehreren zielgerichteten Aktionen der deutschen Polizei gekommen. Auch ist damit zu rechnen, dass entsprechende Sozialversicherungsträger (Pflegekassen) bereits bei einem Verdachtsfall Rückforderungsbescheide in enormer Höhe gegen Betroffene Pflegeunternehmen erlassen.

In diesen Fällen ist es wichtig, dass man seine Rechte kennt und nicht übereilt handelt.

 

1.      Im Falle von polizeilichen Anhörungen, Durchsuchungen und sonstigen Maßnahmen ist es extrem wichtig, keinerlei Angaben ohne Einholung eines anwaltlichen Rates zu machen. Grundsätzlich steht jedem potentiellen Beschuldigten (dies können hier der Inhaber des Pflegedienstes, die Mitarbeiter des Pflegedienstes und selbst die Patienten sein) ein Recht zur Aussageverweigerung zu. Angaben in einer solchen (außergewöhnlichen) Situation bringen üblicherweise keinerlei Vorteile mit sich, sondern können vielmehr später in einem Strafverfahren gegen den Beschuldigten/Angeklagten verwendet werden.

 

2.      Im Falle von eventuellen Anhörungen eines Pflegeunternehmens durch eine Pflegekasse ist ebenfalls höchste Vorsicht geboten. Das Problem im Sozialversicherungsrecht besteht dabei vor allem darin, dass der Sozialversicherungsträger einen Rückforderungsbescheid in enormer Höhe erlassen kann, welcher nach den gesetzlichen Regelungen des Sozialversicherungsrechts sofort zur Zahlung fällig und vollstreckbar ist. Dies bedeutet, dass die Berechtigung der gegen den Pflegedienst erhobenen Vorwürfe und die Berechtigung der Rückforderung nicht erst in einem normalen gerichtlichen Verfahren geprüft werden, sondern dass der Sozialversicherungsträger die in den Bescheid genannte Forderung umgehend fordern und vollstrecken kann. Aufgrund der Höhe der Beträge wird dies üblicherweise durch das Pflegeunternehmen nicht zu stemmen sein und quasi den wirtschaftlichen Ruin der Firma nach sich ziehen.  Die einzige in einem solchen Fall mögliche Vorgehensweise, die Beantragung einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht, ist sehr schwierig und oft wenig erfolgsversprechend.

 

Sollten Sie daher von irgendwelchen Maßnahmen in diesem Zusammenhang (Anhörungen durch Polizei oder Pflegekasse, Durchsuchungsmaßnahmen, Ladung als Zeuge, ect.) betroffen sein, empfiehlt es sich unbedingt anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen und vor allem vorher keinerlei Angaben zu machen.

 

Herr RA Sodan und Herr RA Dr. Hofmann können Sie diesbezüglich in strafrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen kompetent beraten – auch unmittelbar und telefonisch auf Russisch.    

 

 Dr. Ronald Hofmann, L.LM. (UCT) – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

www.kanzlei-hhs.de

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Arbeitsrecht Regensburg: Jobcenter obsiegt vor dem Landesarbeitsgericht

Im Frühjahr diesen Jahres hatten wir hier auf die erheblichen (zusätzlichen) Gefahren hingewiesen, die für Arbeitgeber drohen, wenn sie Arbeitnehmer / Praktikanten zu einem sehr geringen Stundenlohn beschäftigen und diese dann auf Aufstockungsleistungen des Jobcenters angewiesen sind. Seinerzeit hatte das Arbeitsgericht Cottbus die Klagen des Jobcenters gegen den Arbeitgeber noch abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteile vom 07.11.2014 – 6 Sa 1148/14 und 6 Sa 1149/14) hat diese Auffassung nicht geteilt und den Klagen des Jobcenters im wesentlichen stattgegeben. In einer Pressemitteilung führt es dazu aus:

„Die Vereinbarung eines Stundenlohnes von weniger als zwei Euro ist regelmäßig sittenwidrig und damit rechtsunwirksam (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), wenn die Vergütung mehr als 50 v.H. hinter der üblichen Vergütung zurückbleibt. Es liegt dann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers vor, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers erlaubt. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Der Arbeitgeber, ein Rechtsanwalt, beschäftigte zwei Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bürohilfstätigkeiten gegen ein Entgelt von 100,00 EUR im Monat, was bei der abverlangten Arbeitsleistung einen Stundenlohn von weniger als zwei Euro ergab. Das Jobcenter machte aus übergegangenem Recht weitere Lohnansprüche geltend; es liege eine sittenwidrige Lohnvereinbarung vor, die den Arbeitgeber zur Zahlung der üblichen Vergütung verpflichte.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage des Jobcenters im Wesentlichen entsprochen. Die Lohnvereinbarungen führten zu einem besonders groben Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers; die für einen Lohnwucher erforderliche verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers werde bei dieser Sachlage unterstellt. Die Arbeitsleistungen seien für den Arbeitgeber von wirtschaftlichem Wert gewesen; sie hätten ansonsten von ihm selbst oder seinen festangestellten Mitarbeitern ausgeführt werden müssen. Auch entlaste es den Arbeitgeber nicht, dass er den Leistungsempfängern eine Hinzuverdienstmöglichkeit habe einräumen wollen; denn dies berechtige ihn nicht, Arbeitsleistungen in einem Umfang abzufordern, der zu dem geringen Stundenlohn führte.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.“

Es ist nunmehr zu vermuten, dass die Jobcenter derartige Konstellation genau prüfen und dann u.U. vermehrt möglicherweise gegen Arbeitgeber bestehende Ansprüche aus übergeleiteten Recht geltend machen werden.

Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT) Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Regensburg

www.kanzlei-hhs.de

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