Die Frage, ob eine Beleidigung eines Kollegen oder Vorgesetzten die Kündigung des Arbeitsvertrages rechtfertigen kann, ist nicht einfach zu beurteilen. Insoweit ist grundsätzlich zwischen einer außerordentlichen Kündigung (fristlos) und einer ordentlichen Kündigung zu unterscheiden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die “Anforderungen” an die erfolgte Beleidigung für eine außerordentliche Kündigung wesentlich höher sind, als für den Ausspruch einer (nur) ordentlichen Kündigung.
Das Arbeitsgericht Hamburg hatte nunmehr folgenden Fall zu entscheiden und bei den konkret vorliegenden Umständen des Einzelfalles sogar eine außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt angesehen:
Ende 2015 fand eine Betriebsversammlung in einem Unternehmen statt. Hierbei kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem türkischstämmigen Arbeitnehmer und dem Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten. Kurze Zeit später traf der Kläger auf den Betriebsratsvorsitzenden und hob seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß. Gleichzeitig sagte er: “Du bist ein heil, du Nazi!” Nachdem der Betriebsrat der Kündigung der Arbeitgeberin zugestimmt hatte, kündigte diese das Arbeitsverhältnis außerordentlich.
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts beendete die außerordentliche Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Der Hitlergruß durch Erheben des ausgestreckten Armes stellt aus Sicht des Arbeitsgerichts einen wichtigen Kündigungsgrund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar. Diese Geste stellt ein nationalsozialistisches Kennzeichen dar, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. Dies gelte umso mehr, wenn man noch die Aussage hinzuziehe “Du bist ein heil, du Nazi”. Hierdurch werde der Adressat grob beleidigt. Soweit der Gekündigte einwandte, dass eine solche Handlung für ihn “nur” als beleidigend und nicht rechtsradikal zu werten sei, da er türkischer Abstimmung ist, und deshalb kein deutsch-nationalsozialistisches Gedankengut aufweisen könne, vermochte die Kammer dieser Ansicht nicht zu folgen. Die Frage der Abstammung beinhalte keine Antwort auf die Frage der inneren Haltung.
Auch wenn die Entscheidung sehr zu begrüßen ist – in Deutschland gehört wohl die unzutreffende Bezeichnung als Nazi zu den denkbar schlimmsten Beleidigung überhaupt – gibt es durchaus Arbeitsgerichte, die bei erfolgten Beleidigung wesentlich großzügiger sind und die erfolgten Kündigungen für unwirksam erklärten, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Bemerkung gegenüber Vorgesetzten: “Jawohl, mein Führer” (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.01.2011, Az. 11 Sa 353/10)
Bezeichnung eines Kundenvertreters als “Arschloch” (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.04.2010, Az. 4 Sa 474/09)
Benennung des Vorgesetzten als “Wichser” (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.08.2011, Az. 2 Sa 232/11)
Äußerung gegenüber Vorgesetzte: “Klei mi ann Mors” (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 12.05.2009, Az. 21 Ca 490/08)
Beleidigung mit den Worten “Drecksau”, “Schwein” und “Nazischwein”(Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 10. Juli 2006 – 17 Sa 201/06)
Beleidigung mit den Worten “dumme Sau” oder “blöde Sau”(Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 28. Februar 2007 – 3 Sa 1944/06)
Beleidigung eines Vorgesetzten als “Rassistenarschloch” und Wiederholung dieser Beleidigung auf Rückfrage (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 24. Juli 2008 – 8 Sa 632/08)
Letztendlich kommt es in diesen Fällen aber immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an.
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Dr. Ronald Hofmann, LL.M. (UCT), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Regensburg – Nürnberg – Schmidmühlen
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